Seit fast drei Wochen sind 20 Asylbewerber unterhalb der Waakirchner Turnhalle untergebracht. Die Flüchtlinge aus Somalia, Nigeria, Syrien und Eritrea seien vom Großteil der Bürger positiv aufgenommen worden, heißt es aus dem Rathaus und vom Helferkreis Asyl.
Doch offenbar nicht von allen. Das an die Asylbewerberunterkunft angrenzende Kegelstüberl wird gemieden. Bürgermeister Sepp Hartl sieht sich Drohbriefen ausgesetzt. Im Rahmen einer Bürgerversammlung versuchte Hartl nun, offene Fragen zu beantworten und den Waakirchnern die Angst vor den Flüchtlingen zu nehmen.
Hartl verteidigt Unterbringung unter der Turnhalle
Die Fahrzeughalle im Schaftlacher Feuerwehrhaus wurde kurzerhand zum Veranstaltungsort umfunktioniert. Rund 300 Menschen strömten hinein, vorne an einem provisorisch errichteten Rednerpult stand Bürgermeister Sepp Hartl. Bevor die Fragerunde eröffnet wurde, nannte er zunächst einige Fakten.
Die Verteilung der Asylbewerber auf die Kommunen im Landkreis Miesbach und im übrigen Bundesgebiet wird durch den sogenannten Königsteiner Schlüssel bestimmt.
Ausschlaggebend seien die Einwohnerzahl und das Pro-Kopf-Einkommen. Demnach entfielen auf den Landkreis bis Ende 2015 rund 1.000 Flüchtlinge. Waakirchen müsse 56 von ihnen aufnehmen. 20 seien bereits vor Ort, weitere 36 würden also folgen. „Die Gemeinden sind verpflichtet, den Landkreis bei der Unterbringung zu unterstützen“, so Hartl weiter. Man habe lange nach anderen Unterkünften gesucht, nun aber handeln müssen, so der Bürgermeister weiter. Mangels kurzfristiger Alternativen sei die Wahl auf die Räume unter der Turnhalle gefallen.
Die Art und Weise, wie die Gemeinde diese Entscheidung kommuniziert habe, monierte vor allem Stefan Heufelder, der Wirt des Kegelstüberls:
Die Hauptschuld an der derzeitigen Situation trägt die Gemeinde. Sie hat sich dem Thema Asylbewerber viel zu spät angenommen und gehofft, wenn man die Füße still hält, werden auch keine Flüchtlinge in Waakirchen landen.
Zudem ergänzte Heufelder, dass er erst kurz vor der Ankunft der Asylbewerber von deren Kommen erfahren habe. Bürgermeister Sepp Hartl wollte das allerdings nicht unkommentiert stehen lassen und widersprach deutlich. Was der Rathauschef entgegnete, wird im folgenden Video deutlich.
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Darüber hinaus musste sich Hartl von mehreren Seiten die Frage gefallen lassen, warum nach derzeitigem Stand alle 56 bis Ende des Jahres zu erwartenden Asylbewerber im Ortsteil Schaftlach untergebracht werden sollen. Während die Unterkunft unterhalb der Turnhalle nur vorübergehend sei, sei dagegen auf dem Posthofgelände ein langfristiges Containerdorf geplant.
Innerhalb der nächsten fünf Monate sollen die Container geliefert und auf einer Fläche von 400 Quadratmetern aufgestellt werden. Für die nächsten drei bis fünf Jahre werden die Container Flüchtlingen eine Heimat bieten. Vor allem die Nähe zum Bahnhof spricht dabei für Schaftlach.
Laut Bürgermeister ist das jedoch nicht der einzige Grund: „Das Landratsamt will Kosten sparen. Mehrere Standorte mit Containern sind teuer. Wir sind aber natürlich bemüht, die Flüchtlinge gleichmäßig auf die Ortsteile zu verteilen“, versichert Hartl. Doch dafür braucht es geeignete Unterkünfte. Hartl appellierte daher an die Bürger, Wohnraum zur Verfügung zu stellen, den der Landkreis dann für die Unterbringung der Flüchtlinge anmieten könnte.
Neue Unterkünfte in Sicht
Ein Lichtblick scheint dabei bereits in Sicht. Zwei Drei-Zimmer-Wohnungen und ein Haus mit 130 Quadratmetern sind im Gespräch. Der Landkreis, so Hartl weiter, müsse nun prüfen, ob sich das mit den Brand- und Emissionsschutzauflagen vereinbaren lasse. Als weitere Standorte für die Unterbringung der Flüchtlinge sind Waakirchen-Straußenhof und Buchkogel im Gespräch.
Dabei sorgt in der Bevölkerung auch die Tatsache für Unmut, dass fast nur Männer unter den Flüchtlingen sind. „Warum bemüht sich die Gemeinde nicht vor allem um Familien, anstatt der einzelnen männlichen Flüchtlinge?“, erkundigte sich eine Waakirchnerin. Darauf Hartl:
Wir würden gerne verstärkt Familien aufnehmen. Das Landratsamt kann hier jedoch keine Zusagen machen. Die Flüchtlinge werden so kurzfristig zugewiesen, dass oft erst wenige Tage vorher feststeht, ob es Männer, Frauen oder Kinder mit Eltern sind.
Trotzdem wollen die Waakirchner nun eine Unterschriftenaktion starten, um im Landratsamt darum zu bitten, vor allem Familien zugewiesen zu bekommen.
Oft musste der Bürgermeister am gestrigen Abend auf das Landratsamt und die Regierung von Oberbayern verweisen. Dabei blieben auch einige der Fragen unbeantwortet. So wollte beispielsweise ein Schaftlacher wissen, wer für den Wertverlust seines Hauses aufkomme, sollte neben seinem Grundstück ein Containerdorf für Flüchtlinge entstehen. „Wir wissen hierzu nichts Genaueres. Das Landratsamt und die Regierung von Oberbayern geben dazu keine Informationen“, so Hartls wenig zufriedenstellende Antwort.
Derweil dämpfte Gemeinderat und Kreistagsmitglied Norbert Kerkel junior die Erwartungen der Grundstücks- und Hausbesitzer. Nach derzeitigem Stand werde es von der Regierung wohl keine Entschädigungen geben, so Kerkel.
Positive Stimmen
Unabhängig von der Diskussion über die Art und Weise sowie die Örtlichkeiten für die Unterbringung der Asylbewerber gab es am gestrigen Abend aber auch viele positive Stimmen. Pfarrer Karl Hofherr schlug beispielsweise ein Willkommensfest für alle Asylbewerber vor, um diese von Anfang an in der Gemeinde zu integrieren. Sepp Hartl wiederum lobte das unermüdliche Engagement der Vereine und des Helferkreises Asyl für die bereits in Waakirchen angekommenen Flüchtlinge.
Auch Anwohner der Turnhalle berichteten von einem bisher harmonischen Miteinander mit den Neuankömmlingen. Und so betonte der Bürgermeister mit Blick auf die gestern bekannt gewordenen Drohbriefe:
Waakirchen ist nicht hinterwäldlerisch. Neben wenigen unschönen Äußerungen haben wir im Rathaus auch sehr viele positive Anmerkungen erhalten.
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