Hat Bierschneider korrekt gehandelt?

Mit heißer Nadel gestrickt oder rechtlich sauber gehandelt? Im Alleingang hatte der Kreuther Bürgermeister am Mittwoch eine sogenannte Vorkaufssatzung für die ehemalige May-Klinik erlassen. Erst einen Tag später legte Bierschneider das dann dem Gemeinderat vor. Doch was sagt die Kommunalaufsicht dazu?

Josef Bierschneder – Jurist und Bürgermeister von Kreuth.

Bereits während der gestrigen Gemeinderatssitzung stellten sich Beobacher die Frage, ob der Kreuther Bürgermeister Josef Bierschneider eine Vorkaufssatzung für die ehemalige May-Klinik überhaupt im Alleingang beschließen durfte. Zwar hatte Bierschneider die Entscheidung am gestrigen Abend dem Gemeinderat vorgelegt. Doch die Eile bei einer so weitreichenden Sache wie einem Vorkaufsrecht, wirkte zumindest erratisch und wenig vorbereitet.

Damit dürften die Kritiker Bierschneiders aber unrecht haben. Als gelernter Jurist und mittlerweile – zumindest nach Dienstjahren – erfahrenster Bürgermeister im Landkreis hat sich der Kreuther Rathauschef offensichtlich genau so weit aus dem Fenster gelehnt, wie es noch rechtlich zulässig ist. So erklärt das Landratsamt auf Nachfrage:

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Nach Rücksprache mit der Gemeinde Kreuth war der Erlass einer Vorkaufssatzung durch den Ersten Bürgermeister aus deren Sicht eilbedürftig, weil sie ansonsten nach dem 31.05.2017 (Datum der Unterzeichnung eines Kaufvertrags durch einen potenziellen Käufer) zu spät erlassen worden wäre und damit die Interessen der Gemeinde nicht mehr zu sichern gewesen wären.

Die Organkompetenz des ersten Bürgermeisters ergibt sich in diesem Fall aus Art. 37 Abs. 3 Satz 1 GO. Danach ist der erste Bürgermeister befugt, an Stelle des nach Art. 29 GO zuständigen Gemeinderats dringliche Anordnungen zu treffen und unaufschiebbare Geschäfte zu besorgen.

Eine Angelegenheit ist dringlich, wenn eine spätere Entscheidung des zuständigen Gemeinderats nicht abgewartet werden kann, weil dieser nicht rechtzeitig entscheiden könnte und der Gemeinde hierdurch Nachteile entstehen. Bei seiner Entscheidung muss der Bürgermeister daher den zeitlichen und sachlichen Aspekt miteinander abwägen.

In zeitlicher Hinsicht liegt Dringlichkeit vor, wenn die Befassung des Gemeinderats zu spät käme. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob ggf. eine Sondersitzung noch möglich ist. In sachlicher Hinsicht müssen die Folgen einer verspäteten Entscheidung, die grundsätzliche Bedeutung und der Umfang der Verpflichtung berücksichtigt werden.

Liegen die Voraussetzungen vor, ersetzt die Entscheidung des Bürgermeisters einen Beschluss des Gemeinderats. Wie auch seine eigenen Beschlüsse kann der Gemeinderat aber auch die Entscheidung des Bürgermeisters unter denselben Voraussetzungen später wieder aufheben.

Nach Einschätzung der Behörde war die Maßnahme Bierschneiders eine “die künftige Wahrnehmung der Planungshoheit sichernde Handlung” und sei damit von erheblicher Bedeutung gewesen. Der Satzungserlass hatte jedoch für die Gemeinde keine unmittelbaren Rechtsfolgen, denn die tatsächliche Entscheidung lag auch in dem Fall beim Gemeinderat. Und so schließt das Landratsamt:

Unter Berücksichtigung der zeitlichen und sachlichen Komponente halten wir die Entscheidung des Ersten Bürgermeisters hier für rechtlich vertretbar.

Weiterführende Artikel:
Alles zum Vorkaufsrecht und der Entscheidung des Kreuther Gemeinderates – hier klicken
Ein exklusiver Bericht zum potentiellen Käufer der May-Klinik – hier klicken

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