Hitzige Debatte ums Wiesseer Badehaus

Es war eine Veranstaltung, die zeigte, wie notwendig eigentlich eine Bürgerversammlung zu diesem „heißen Eisen Badehaus“ wäre. Die CSU machte es möglich, der Zuspruch war entsprechend – ebenso die Fragen der Wiesseer: ist die Investition ins neue Badehaus Harakiri? Wird aus Wiessee Bad Größenwahn?

Florian Sareiter, Vorsitzender der Wiesseer CSU, warb beim CSU-Ortsgespräch für die Interimslösung im Badepark.

Dicht gedrängt saßen etwa 100 Zuhörer im kleinen Saal vom Gasthaus Post. Die CSU hatte zu einem Ortsgespräch über das von Architekt Matteo Thun geplante Badehaus geladen, dessen Gesamtkosten mit gut 8,7 Millionen Euro beziffert werden. Diese Summe und der japanische Stil des neuen Jodbades sorgen seit Monaten in der Gemeinde für Gesprächsbedarf.

Das Ventil war dafür nun am Montagabend das Ortsgespräch der CSU. Doch auch Vertreter der anderen Parteien nutzten diese Möglichkeit, in der Öffentlichkeit ihre Standpunkte zu vertreten: Bernd Kuntze-Fechner (SPD), Rainer Kathan (FWG) und Rolf Neresheimer (ranBW). So wurde aus der CSU-Veranstaltung ein parteiübergreifender Diskurs, den der Ortsvorsitzende Florian Sareiter leitete. Zunächst präsentierte er die tiefroten Bilanzen des Jodbades.

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Schulden zu Lasten des Steuerzahlers

„In der freien Wirtschaft hätte man mit einem jährlichen Minus von über einer halben Million Euro schon längst Insolvenz anmelden müssen“, so Sareiter. Diese Infrastruktur sei aber für Bürger und Gäste da, deshalb dürfe man dies nicht so sehen. „Wenn wir uns für das neue Badehaus so weiter verschulden“, sollte sich das Bild stark wandeln.

Denn sonst könne man die neuerlichen Schulden aus eigener Kraft nie mehr zurückführen. Sareiter warb für die Interimslösung im Badepark, die am 1. Februar mit einem Kostenaufwand von etwa 200.000 Euro eröffnet wurde. Sie sei so ansprechend hell gestaltet, dass sich die CSU auf längere Zeit damit anfreunden könnte.

Sareiter sprach von bis zu fünf Jahren. Damit würde man sich auch vom „Zeitdruck“ für das neue Badehaus lösen, da die neu verlegten Leitungen bis zu 20 Jahre halten würden. Daher würde es sich nach Meinung der CSU anbieten, das Jodbad in den Badepark zu integrieren, denn auf dessen Dach gebe es noch die Möglichkeit der Erweiterung für beide Einrichtungen.

Sind Gemeinderäte auf dem letzten Kostenstand?

Als Fragestellung für den Abend gab er vor: Welche Wertigkeit hat das Jodbad noch? Ist es überhaupt noch zwingend erforderlich, diese Badeeinrichtung zu betreiben? Wie wird die finanzielle Belastung gesehen, wie kommt das japanisch angehauchte Design von Matteo Thun an? „Sehr gut gesprochen Florian. Hut ab“, erwiderte Gemeinderat Rainer Kathan (FWG) als erster Fragensteller.

Was bleibt uns übrig, wenn wir das Projekt jetzt einstampfen?

Die Antwort hatte Kathan gleich parat: „Dann treten wir die ganzen Planungskosten von Matteo Thun und Co. in die Tonne“. Kathan sprach von 2,5 Millionen Euro, die dann im Feuer stünden. „Ihr wisst es besser, ich frage ja nur“, so Gemeinderat Kathan zu seinem Kollegen Florian Sareiter. Der betonte, dass die Quellensanierung für 2 Millionen Euro unumgänglich sei, um „das Wasser am Laufen“ zu halten.

Für die CSU seien aber die 6,7 Millionen Euro für das neue Badehaus der „entscheidende Faktor“. Die darin enthaltenen 340.000 Euro an Planungskosten, so Kathan, seien schon verbraucht. Gegenseitig fragten sich Kathan und Sareiter: „Weißt du mehr?“ Hier gibt es offenbar noch relativ großen Aufklärungsbedarf im Gemeinderat.

Statt Badepark Monte Mare in Schliersee

„Ich werde narrisch, wenn ich euch zuhöre“, fasste der Wiesseer Erwin Tonsch zusammen. „Erst sollte man über den Standort reden, den ich für verkehrt halte“. Das Jodschwefelbad- Gelände hätte viel Platz für ein schöneres Badehaus, statt es dort beim Badepark in „die Ecke zu quetschen“. Alexandra Lüftnegger vom Gästehaus Heimgarten könne an einer Hand die Badegäste im Haus abzählen. Man sollte sich grundsätzlich überlegen, was will der Gast von heute oder morgen.

Ich glaube, der geringste Teil ist am Jodbad interessiert.

Und dafür gebe man einen solchen „Batzn“ an Steuergeldern aus. Das sei für sie „sehr fragwürdig“. Sie könnte mit der Interimslösung im Badepark leben, um das Jodbad nicht ganz aufzugeben. Dies setze aber voraus, dass auch der Badepark saniert werde, der nicht mehr den Ansprüchen des „modernen“ Gastes entspreche. „Wir schicken schon aus lauter Verzweiflung unsere Gäste ins Monte Mare nach Schliersee“. Denn die Gäste würden über den Badepark die Nase rümpfen, weil dieser noch den Charme aus den 70er oder 80er Jahren habe.

Mangelnde Werbung für Jodbad

Johann Stoib, Vermieter, „Bad Wiessee ist mit den Jodschwefelquellen groß geworden“. Eine Sanierung der Quellen sei nur sinnvoll, wenn darauf auch etwas Vernünftiges folge. Deshalb brauche der Ort ein vorzeigbares Badehaus. Nur damit könne man damit auch Werbung betreiben, nicht aber mit einer Interimslösung.

Ein solches Provisorium passe auch nicht zum Anspruch, eine Premium-Region zu werden. „Ein No-Go“, so Stoib. Da sich der Ort in eine „völlig andere Richtung“ verändere, weil immer mehr Eigentumswohnungen gebaut würden, sei eine Investition in einen Badebetrieb „doppelt wichtig“.

Etwa 100 Zuhörer fanden sich zum CSU-Ortsgespräch im Gasthaus Post ein.

Toni Beil vom Hotel Rex: „Wir haben keine Badegäste, weil das Bad nicht mehr beworben wurde. Es kann nicht sein, dass man hinter Schaftlach unser Jodschwefelwasser nicht mehr kennt“. Hans Sparrer warb für die Interimslösung im Badepark. Er finde es einen Harakiri, bis zu 10 Millionen in ein Badehaus zu investieren, da Wannenbäder nicht mehr zeitgemäß seien. Dies zeige auch der starke Rückgang bei den offenen Badekuren. Die erhoffte Zahl von 28.000 Anwendungen im Neubau seien für ihn „alternative Fakten“.

Kein Architektenwettbewerb

„Wurden denn keine alternativen Planungen und Angebote für das Badehaus eingeholt“, fragte Beil und kritisierte, dass man sich so von Matteo Thun abhängig mache und keinen Architektenwettbewerb ausgeschrieben habe, was bei einem solchen Projekt üblich sei. Er habe ihm damit aus der „Seele gesprochen“, erwiderte Georg Erlacher (CSU), nicht weil er gegen das Jodbad sei, sondern gegen ein japanisches Badehaus in Oberbayern. Deshalb sei er für einen Status quo und für die Einbindung eines Architekten aus der Region.

Die sind auch nicht auf der Brennsuppn daher geschwommen.

Die CSU würde dem Badehaus zustimmen, wenn dieses als Zweckbau im oberbayerischen Stil erfolge, ergänzte Fraktionssprecher Kurt Sareiter. So etwas sei auch für vier Millionen Euro möglich. Nachdem aber diese Schallmauer am 16. Juli überschritten worden sei, habe man sich gegen das Thun-Projekt ausgesprochen.

Jetzt sei man inzwischen bei 8,7 Millionen Euro angelangt, deshalb sei es dann im Januar zu dem knappen Ergebnis von 8:7 Stimmen für das Badehaus gekommen. Thomas Scheingraber plädierte für einen Abbruch der Planungen, da es für ihn unverantwortlich sei, jedes Jahr für Defizite und Finanzierung des Badehauses eine Millionen Euro draufzuzahlen.

„Bad Größenwahn“

Wollen wir in Zukunft „Bad Größenwahn“ heißen, fragte eine Vermieterin. Bernd Kuntze-Fechner (SPD): „Wir müssen das Jodbad gemeinsam mit Matteo Thun nach vorne bringen. Jetzt sei man mit der Beantragung der Zuschüsse in einer entscheidenden Phase, deshalb könne man jetzt nicht alles in Frage stellen. Rolf Neresheimer (ranBW):

Dieses Hofieren des Herrn Thun, diese Beratungsresistenz der Gemeinde, geht mir mächtig gegen den Strich. Ich glaube nicht, dass es eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung ist.

Rainer Kathan: „In unser aller Interesse bitte ich euch, den Schulterschluss zu forcieren. Irgendwann muss entschieden werden, denn Thuns-Konzept lasse sich am besten vermarkten“. Florian Sareiter: „Der Bürgermeister hat offenbar ein ungutes Gefühl, diese knappe Entscheidung mit 8:7 Stimmen weiter voranzutreiben, deshalb wird nun von Höß ein Arbeitskreis ins Leben gerufen“.

Zum Abschluss gab Sareiter zu bedenken, ob es nicht auch eine talweite Trägerschaft für das Badehaus geben könnte. Eine gewünschte Abstimmung pro und contra Badehaus wollte Sareiter nicht zulassen. Dafür seien die gewählten Gemeindevertreter zuständig. Er habe von der guten zweieinhalbstündigen Veranstaltung mitgenommen, dass die Interimslösung im Badepark nicht dauerhaft gewünscht werde und in die Planungen des Badehauses auch andere Architekten noch mit einbezogen werden. Dann könnte es vielleicht auf „breiten Schultern“ in der Gemeinde mitgetragen werden.

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