Ergänzung vom 19. November / 11:13 Uhr
Stellen Sie sich vor, ihnen gehört ein Grundstück, durch das ein Bach fließt. Nun soll dieser Bach im Zuge des Hochwasserschutzes entweder verbreitert werden oder komplett ins Erdreich verlegt werden. Gegen ihren Willen.
Vor dieser Situation stehen derzeit Anlieger des Moosbachs in Gmund, die sich gegen den Eingriff in die Natur und somit ihr Eigentum wehren wollen und daher eine Interessensgemeinschaft ins Leben gerufen haben. Sogar ein Gutachten haben die Anrainer in Auftrag gegeben, welches alternative Planungen vorschlägt.
Der Bach gehört den vier Anliegern jeweils bis zur Mitte. Nun soll der Moosbach im Sinne des Hochwasserschutzes in naher Zukunft auf eine Breite von 15 Metern vergrößert werden. Bisher ist der Bach an dieser Stelle deutlich schmaler. Alternativ besteht von Seiten der zuständigen Behörden noch die Möglichkeit den Moosbach ins Erdreich zu verlegen – ihn also zum unterirdischen Kanal zu machen.
Beide Varianten schmecken den Anlieger nicht, wie es Josef Stöckl in einem heute erschienenen Artikel gegenüber dem Merkur auf den Punkt bringt: „Warum ist ein derartiger Eingriff in die Natur des Moosbachs nötig, obwohl für teueres Geld ein mächtiger Damm errichtet wurde?”
Abgesehen davon wirft die Interessensgemeinschaft der Gemeinde wie auch dem Landratsamt schwere Planungsfehler vor. Beispielsweise sei für den Eingriff in deren Privatbesitz nicht zuletzt eine 2008 errichtete Brücke über den Moosbach verantwortlich, die ohne Hochwasserschutzauflagen erbaut wurde. Und dass, obwohl bereits Jahre zuvor von Seiten des Wasserwirtschaftsamtes angekündigt wurde, in diesem Fall jedes Vorhaben prüfen zu wollen. Dies sei bei anderen Bauvorhaben rund um den Moosbach durchaus der Fall gewesen und auch berücksichtigt worden. Im konkreten Fall der Brücke allerdings nicht. Stöckl fragt sich daher: „Wird hier mit zweierlei Maß gemessen?“
Über die Köpfe der Bürger hinweg
Wie es in der Sache nun weitergehen wird, ist bis dato noch nicht ganz klar. In jedem Fall will die Interessensgemeinschaft in naher Zukunft die in Auftrag gegebenen Alternativplanungen vorstellen.
Von Seiten der Gemeinde will sich Bürgermeister Georg von Preysing übrigens keine Fehler in der Planung vorwerfen lassen und sieht den Grund für das Aufbegehren der Anlieger in „Nachbarschaftsstreitigkeiten“. Sollten sich die betroffenen Bürger mit der Gemeinde und den anderen zuständigen Behörden nicht einigen können, besteht laut Andreas Holderer vom Wasserwirtschaftsamt final die Möglichkeit eines sogenannten Planfeststellungsverfahrens. In dem Fall müssten alle beteiligten Bürger umfassend in den Prozess eingebunden werden. Eine Entscheidung über die Köpfe der Bürger hinweg, ist nicht vorgesehen.
Ein solches Verfahren wäre aber der letzte Ausweg, um die Unstimmigkeiten rund um den Hochwasserschutz in Gmund aus dem Weg zu schaffen.
Ursprünglicher Artikel vom 21. Oktober 2010 mit der Überschrift: Hochwasserschutz in Moosrain: Verhärtete Fronten zwischen Bauern und Gemeinde
“Die oberen Bauern können leben, die unteren lässt man absaufen”.
Mit dieser Aussage von Johann Stückler lässt sich die Stimmung im Gmunder Gemeinderat am Dienstag Abend zusammenfassen.
Obwohl von Start weg eigentlich nichts auf eine mögliche Eskalation hindeutet: Das Thema “Hochwasserschutz für Moosrain” läuft gemächlich an. Der verantwortliche Planer Jörg Huber stellt in einer ausführlichen Präsentation die Situation und konkrete Maßnahmen vor, um Moosrain auch zukünftig bei Hochwasser ausreichend zu schützen. In der folgenden Diskussion stellt sich jedoch schnell eine “Schärfe” ein, mit der niemand rechnet. Vor allem als sich die beiden Gemeinderäte Johann Huber und Johann Stückler für die betroffenen Landwirte stark machen, wird es zunehmend lauter.
Doch der Reihe nach. Zum besseren Verständnis hier zuerst einige Folien der Präsentation zum Hochwasserschutz am Moosbach:
Ausgangssituation – die Zeit vor dem Bau des Hochwasserdamms
Status Quo – Neuer Hochwasserdamm besteht erste Prüfung
Die immer wieder auftretenden Überflutungen des Moosbachs will man – so wurde vor einigen Jahren entschieden – in einem 3-stufigen Verfahren in den Griff bekommen. Der 1,7 Millionen Euro teure und letztes Jahr eingeweihte Damm ist dabei der erste Teil des Hochwasserschutz-Projektes.
Neue Schutzmaßnahmen für Moosrain – Der vorgestellte Abschnitt B
Die zweite Etappe des Hochwasserschutzprojektes – oder Bauabschnitt B genannt – wollte man auf der Gemeinderatssitzung konkret diskutieren und die Maßnahmen verabschieden. Dabei geht es um diverse Hochwasserschutzmaßnahmen, die ab dem Damm abwärts bis kurz nach Moosrain entlang des Moosbachs durchgeführt werden sollen.
Diese werden nun notwendig, da die ab dem Damm gesteuerte Durchlassmenge des Moosbachs nach einer Übergangszeit von 2 Jahren um das dreifache auf maximal 7,5 m³/sekunde erhöht werden muss. Diese Vorgabe ist bindend, da die Gemeinde ansonsten das Wasserrecht sowie die Zuschüsse des Landes in Höhe von 40% verliert. Warum das so ist, gehört in die komplexen Wirrungen der Bürokratie. Genau wie die Vorgaben für den Hochwasserschutz, die von einem sogenannten 100-jährigen Hochwasserereignis zuzüglich 15% Klimaerwärmungszuschlag ausgehen.
Wichtig ist jedoch: Die Maßnahmen sind nötig, da ansonsten Moosrain beim nächsten großen Hochwasser “absäuft”. Und das alles wird nicht billig.
Der Streitpunkt – Was machen wir beim Abschnitt C
Wie man im oberen Plan sieht, gibt es für den sogenannten Bauabschnitt C, keine eingezeichneten Maßnahmen. Der Grund liegt darin, dass diese vom Wasserwirtschaftsamt nicht vorgesehen sind. Schützenswert sind laut Aussage nur Gebäude, keine Felder. Eine Verbreiterung des Moosbachs kommt laut Naturschutzbehörde ebenfalls nicht in Betracht. Somit bleibt nur eine Muldenlösung, in die das Hochwasser abfließen kann.
Für die Bauern in den betroffenen Gebieten stellt das aber keine Lösung dar. Schon gar nicht, nachdem die jährlich auftretenden Hochwasserereignisse eher zunehmen als abnehmen. “14 Mal wurden meine Felder heuer überflutet”, so Peter Moser, einer der betroffenen Landwirte, auf Nachfrage aus dem Gremium. “Das ist schlimmer als früher ohne Damm.”
Und Gemeinderat Johann Huber ergänzt:
“Soviel Grund für die Mulden abzugeben ist doch keine Lösung. Wir können uns nicht alles von den Behörden gefallen lassen. Wenn das so durchgeht, dann wird die Zusammenarbeit zwischen Bauern und Gemeinde aufgekündigt.”
Sein Kollege Johann Stückler springt ihm zur Seite:
“Der Damm bringt den Bauern mehr Schaden als Nutzen. Die haben dadurch mehr Wasser auf den Feldern. Trotzdem investiert man immer nur im oberen Verlauf. Die oberen Bauern können leben, die unteren lässt man absaufen”
Das lässt wiederum Bürgermeister Georg von Preysing nicht auf sich sitzen:
“Wir lassen uns nicht vorwerfen, dass wir nichts für die Bauern tun. Aber die Naturschutzbehörde stellt sich hart auf. So oder so, ohne den Damm wäre es dieses Jahr öfter übergegangen.”
Die eigentliche Entscheidung des Gremiums zum Bauabschnitt B wird nach weiteren Diskussionen vertagt. Entschieden wird nur, dass es eine Veranstaltung geben soll, auf der Gemeinderäte, Betroffene und Behörden gemeinsam Ihre Argumente austauschen sollen.
Ob so eine Veranstaltung die aufgebrochenen Gräben wieder schließen wird, ist allerdings offen.
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