Es wird teurer, und teurer und teurer und teurer

Immer wieder wurden in der Vergangenheit die Zahlen für das neue Jodbad von Architekt Matteo Thun nach oben korrigiert. Anfangs hieß es, die Gesamtkosten würden bei 6,7 Millionen Euro liegen. Mittlerweile braucht die Gemeinde mindestens 10,3 Millionen. Eine Zahl, die Bürgermeister Höß vor drei Monaten noch vehement dementieren ließ.

Erst 6,7, dann 8,7 und nun 10,3 Millionen Euro – die Gesamtkosten für das Badehaus sind in der Vergangenheit gestiegen.

Der Fehler sei gewesen, dass man anfangs „nicht gleich eine belastbare Zahl nennen konnte, in der alles enthalten ist“. Diese Einschätzung von Eberhard von Angerer stammt nicht etwa aus einer der letzten nicht-öffentlichen Gemeinderatssitzungen. Der Ortsplaner sah das Dilemma der Gemeinde bereits vor über einem Jahr voraus.

Schon damals tobte ein heftiger Streit über die Kosten für den Neubau des Badehauses. Die Gemeinde hatte die Architekten Hirner & Riehl mit der Realisierung des „kleinen, aber feinen Badehauses im japanischen Stil“ von Architekt Matteo Thun beauftragt. Doch das Münchner Planungsbüro lieferte lange Zeit offenbar nur Kostenschätzungen über die einzelnen Gewerke, aber keine belastbaren Zahlen.

Anzeige

Immerhin: 3,2 Millionen Euro vom Staat

So kam es dann, dass Bürgermeister Peter Höß bereits vor über einem Jahr einräumen musste, eine neue Kalkulation ergebe inzwischen Gesamtkosten einschließlich Quellensanierung von 8,7 Millionen Euro. Zusätzliche 800.000 Euro würden als „gewisses Polster“ für die Positionen „Unvorhergesehenes und Anlaufkosten bereitgehalten werden“. Diese Gesamtkosten von 9,5 Millionen Euro seien „zur Förderung am 30.12.2016 eingereicht worden“.

Kurzzeitig erhellten sich alle Mienen im Gemeinderat, als ihnen Wirtschaftsministerin Ilse Aigner im Mai 2017 die Förderung aus dem staatlichen Topf zusagen konnte. Die Gemeinde erhält bereits in diesem Jahr eine Finanzspritze von 1,8 Millionen Euro. Weitere 1,3 Millionen sollen noch in den Folgejahren fließen. Unter dem Strich werden die Quellensanierung und der Neubau des Badehauses somit mit knapp 3,2 Millionen Euro gefördert. Dies entspreche exakt 50 Prozent der zuwendungsfähigen Baukosten.

Höß dementiert – nur was?

Doch seit dieser Einschätzung steigen die veranschlagten Baukosten immer weiter. Mitte Dezember 2017 waren dem Gemeinderat bereits „sich überschlagende“ Baukostensteigerungen von mehr als 30 Prozent durch Hirner & Riehl offeriert worden. Im Februar kam es dann noch dicker. Wie die Tegernseer Stimme am 8. März berichtete, seien Gesamtkosten von über 10 Millionen Euro nicht mehr auszuschließen. Manche sprechen sogar von möglicherweise knapp 11 Millionen Euro, wenn sich die „Kostenspirale“ bei einzelnen Gewerken so weiterdrehe.

Ein Grund für die Kostenexplosion könnte sein, dass die Bauwirtschaft inzwischen auch bei ihren Angeboten kräftig zulangt, weil sie erkennt, dass Bad Wiessee die Hände gebunden sind. Denn das Projekt Badehaus hat mittlerweile einen Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gibt. Darüber habe es dann in einer nicht-öffentlichen Sitzung Ende Februar „hitzige“ Diskussionen gegeben, da die Kostenüberziehungen bei Einzelgewerken die Gemeinde „kalt erwischt“ hätten.

Fakten, die Bürgermeister Peter Höß Anfang März auf Anfrage durch seinen Geschäftsleiter Hilmar Danzinger noch vehement dementieren ließ. Die Informationen, die die Tegernseer Stimme erhalten habe, so Danzinger, seien „allumfassend unrichtig“. Doch spätestens nach der letzten Gemeinderatssitzung muss man sich fragen, was Höß genau dementiert hat. Denn gestern Abend erklärte er öffentlich:

Nach Stand der Dinge dürften die Kosten beim Badehaus bei 7,6 Millionen Euro liegen. Die Quellensanierung kostet weitere 2,6 Millionen. Insgesamt haben wir somit Gesamtkosten von 10,3 Millionen Euro.

Damit bestätigt Höß, was er vor drei Monaten noch als unwahr abgestritten hatte. Und der Wiesseer Rathauschef ging sogar noch weiter. Im Hinblick auf mögliche weitere Kostensteigerungen betonte er: “Wenn widererwarten größere Ausschläge kommen, werden wir darüber hier informieren.” Gleichzeitig bestätigte er, dass es für die Gemeinde eigentlich keinen Weg zurück gibt, egal wieviel das Badehaus am Ende kostet.

Wenn das Projekt zum stoppen kommt, dann wird alles viel viel teurer.

Mit dieser Sicht war allerdings nicht alleine. Auch ein Teil der Gemeinderäte flüchtete sich bei der Diskussion, ob die Verwaltung große Aufträge für das Badehaus in Eigenregie vergeben kann, in Fatalismus. So erklärte Rolf Neresheimer (ranBW): “Wir können jetzt nichts mehr infrage stellen. Was über die jetzigen Kosten hinausgeht, werden wir dann hier erfahren.” Und Rainer Kathan (Wiesseer Block) fasste es mit den Worten zusammen: “Wir haben eh keinen Einfluss”.

CSU will keinen Freibrief ausstellen

Kurt Sareiter (CSU) wollte das nicht so einfach hinnehmen. Im Hinblick auf die offensichtlich in der Vergangenheit in geheimen Sitzungen diskutierten massiven Kostensteigerungen erklärte er: “Einen Freibrief dafür wird auch jetzt von den CSU-Gemeinderäten nicht geben. Kontrolle muss schon sein.” Die Entscheidung für das Badehaus sei seinerzeit nur hauchdünn gefallen. Und der Beschluss basierte auf ganz anderen Kostenschätzungen.

Weiteren Widerspruch gab es allerdings nicht. Und so beschloss der Gemeinderat mit 12 zu 4 Stimmen, dass die Verwaltung – vor allem in der anstehenden Sommerpause – selbständig die einzelnen Aufträge vergeben kann, solange die Gesamtkosten in Höhe von 10,3 Millionen Euro nicht überschritten werden.

SOCIAL MEDIA SEITEN

Anzeige
Aktuelles Allgemein

Diskutieren Sie mit uns
Melden Sie sich an und teilen Sie
Ihre Meinung.
Wählen Sie dazu unten den Button
„Kommentare anzeigen“ aus

banner