Am Anfang stand die PR. Bürgermeister Olaf von Löwis nutzte die Verlesung seines Rechenschaftsberichtes zur beinahe feierlichen Präsentation der neuen Website des Marktes. Diese ist seit vorgestern online und überrascht – neben dem neuen Design – vor allem mit einem Imagefilm über Holzkirchen, der auf der Startseite abrufbar ist und zu Beginn der Versammlung „uraufgeführt“ wurde.
Die Botschaft: Alles gut in Holzkirchen. Der Ort scheint dem Film nach hauptsächlich aus Grünflächen, Sportlern, Geselligkeit, fleißigen Handwerkern und einer starken Wirtschaft zu bestehen. Sogar ein echter Biergarten taucht im Film auf – auch wenn der in Wirklichkeit erst ein paar Kilometer weiter zu finden ist. Aber gut, ein bisschen Eigendarstellung muss auch an einem solchen Abend sein. Für den kritischen Teil sind schließlich die Bürger da.
Transparenzoffensive auf der neuen Website
Dass die Website allerdings mehr kann, als nur mit visuellen Effekten zu punkten, offenbarte sich dann vor allem bei der Verlesung des Rechenschaftsberichts. Diese sonst eher nüchterne Angelegenheit glich einer kleinen Transparenzoffensive. Zu jedem Tagesordnungspunkt, egal ob Asyl, Frischeküche oder Verkehrskonzept, konnte Bürgermeister von Löwis eine eigene Infoseite mit ausführlichen Informationen präsentieren.
Arbeitsmarktzahlen, Informationen zu Wohnungsbau, Kinderbetreuung oder Geothermie: Alles war an diesem Abend online abrufbar. Große Unmutsbekundungen blieben angesichts dieser Informationsflut während des Rechenschaftsberichtes eher aus. Für solche Anlässe gibt es schließlich die weiteren Tagesordnungspunkte: Die Behandlung der Bürgeranträge, sowie die Beantwortung der Anfragen.
Die folgenden Bürgeranträge lieferten vielsagende Einblicke in die Seele der Holzkirchner. Von der Ausweitung der Ganztagesbetreuung an der Baumgartenstraße (mehrheitlich abgelehnt), über eine verschärfte Kontrolle des ruhenden Verkehrs sowie einer Thematisierung der Behindertenparkplatzsituation im Gemeinderat (in der Abstimmung angenommen) bewegten sich die Anfragen vor allem entlang punktueller Verbesserungen der öffentlichen Infrastruktur. In den Anträgen steckte kaum Zündstoff, mit einer Ausnahme: dem Thema Asyl.
Der letzte Antrag einer Bürgerin war im Grunde – mangels Zuständigkeit der Kommune – keiner, sondern vielmehr Ausdruck einer persönlichen Sorge, sich als Frau nach den Vorfällen in der Kölner Silvesternacht kaum noch frei und sicher im Ort bewegen zu können. Die Formulierung des Antrags, der letztlich die Forderung aufstellte, nur noch „Frauen und Kinder im Ort aufzunehmen“, wirkte dabei in seiner Tonalität überzogen und ließ Zuhörer und Zuhörerinnen kurzzeitig an eine Rhetorik denken, die sonst nur in den Kommentarspalten bekannter sozialer Netzwerke zu finden ist. Beim Antrag ging das erste Mal ein deutliches Raunen durch das Publikum, von ablehnenden bis amüsierten Reaktionen war dabei alles vertreten.
Trotz mangelnder Zuständigkeit und unerfüllbarer Forderungen widmete sich Bürgermeister von Löwis dem Antrag mit aller Ernsthaftigkeit. Er verlas Auszüge aus einer entsprechenden Antwort des Landratsamtes, dem der Antrag, sowie die Anfrage einer weiteren Bürgerin weitergeleitet wurden. Die Botschaft: Holzkirchen ist nicht Köln, die Vorfälle in der Großstadt könnten daher auch nicht generalisiert werden. Im kommunalen Bereich sei laut Landrat eine viel größere Nähe zu den Asylsuchenden gegeben, man könne offensiver kommunizieren und auf diese Weise schon Straftaten vorbeugen. Außerdem wachse die Kriminalitätsrate im Landkreis mit der erhöhten Zuwanderung „unterproportional“, sprich:
Asylbewerber sind nicht krimineller als Deutsche.
Es habe vor Ort bisher noch keine Übergriffe gegeben, von Helfern und offizieller Seite werde zudem sehr viel getan, damit das auch so bleibe. Jüngstes Beispiel für die Holzkirchner Präventionsstrategie: Die Traglufthalle, in der man bewusst auf ein Catering verzichtet, und den Bewohnern stattdessen zur Konfliktvermeidung Kochgelegenheiten einräumt. Mit der umfassenden Antwort des Landratsamtes war das Thema Asyl für diesen Abend zumindest offiziell erledigt.
Anfragen mit Unterhaltungswert
Es folgte mit der Beantwortung der Anfragen der erfahrungsgemäß amüsanteste Teil der Bürgerversammlung. Ein Bürger stellte den Sinn und Zweck von Wegesperren für Radfahrer infrage („man bleibt als Radler mit seinen Einkaufstüten darin hängen“), eine weitere Bürgerin wünschte sich – wohl mit Blick auf eigene Erfahrungen – eine Verlängerung der freien Parkzeit in der Tiefgarage um zwanzig Minuten. Neben diesen eher kuriosen Anfragen ging es aber auch um allerlei Ernsthaftes, vom Verkehrsberuhigungskonzept (Verweis auf das Bürgergutachten) über Frischeküche, Gemeindewerke und Mobilfunk wurde ein breites Informationsspektrum abgedeckt.
Die diesjährige Bürgerversammlung war damit insgesamt ein weitgehend harmonisches Ereignis mit wenig Streit, wenig Kontroverse und sogar vereinzeltem Lob seitens der Bürger („tolle Blumen am Marktplatz“). Den heiteren Schlusspunkt markierte eine Fragestellerin, die mit ihrer Frage, ab wann sie als Zugezogene denn nun zur Einheimischen werden könne. Olaf von Löwis antwortete darauf scherzhaft, dass man ja mal das Aufstellen einer Satzung zu diesem Thema prüfen könne. In diesem Zug nannte er sich selbst als gelungenes Beispiel für erfolgreiche Integration: „Ich bin jetzt seit dreißig Jahren hier und habe es immerhin zum Bürgermeister gebracht“. In Kürze wird eine Zusammenfassung der Versammlung, als Powerpoint-Präsentation auf www.holzkirchen.de abrufbar sein.
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