Für Gewerkschaftler ist der Mindestlohn ein Meilenstein. Doch für viele Arbeitgeber war das Thema ein gefürchteter Albtraum. Seit Januar 2015 müssen auch Gastronomiebetreiber ihren Arbeitnehmern ein Mindestgehalt von 8,50 Euro pro Arbeitsstunde zahlen.
Manchen Gastronomen macht dieser Albtraum zu schaffen. Die Einführung des Mindestlohns fiel auch dem Gasthof Schandl in Tegernsee zur Last. Wöchentlich müsse er rund vier Stunden mehr an bürokratischem Aufwand rechnen, erklärt Pächter Stefan Brandmeier.
„Seitdem der Mindestlohn gilt, bin ich eigentlich nur noch Büroarbeiter. Und dafür sind wir nicht geschaffen“, so der Gastronom weiter. Das überwiegende Fazit der Gastronomie- und Hotelbetreiber im Tal lautet jedoch: Die Auswirkungen des Mindestlohns sind zwar mühsam, aber machbar.
Drei-Monats-Bilanz
Nach einem Vierteljahr hat sich die Einführung des neuen Gesetzes auch im organisatorischen Alltag der Betriebe eingependelt. Gewerkschaftler sehen in den neuen Lohnbestimmungen einen Meilenstein für Arbeitnehmer. Für Timo Günther, Pressesprecher des Deutschen Gewerkschaftsbundes Bayern (DGB), ist die Sache klar:
Der Mindestlohn hilft sehr vielen Arbeitnehmern. Unsere Statistiken ergeben, dass ein Drittel aller Minijobler in Bayern davon profitiert.
Genau diese Minijobler werden im Gastgewerbe gerne angestellt. Das Rottacher McDonald’s beispielsweise musste zum Jahreswechsel seine Gehälter bei einigen Mitarbeitern erhöhen. Restaurantleiter Ezerskis Ramunas erklärt: „Einige unserer 25 Mitarbeiter wurden mit der gesetzlichen Einführung des Mindestlohns tariflich neu eingestuft. Deshalb müssen wir eben mehr bezahlen, aber entlassen mussten wir keine Leute.“
„Nervig, aber machbar“
Viele Betreiber können keine nennenswerten Veränderungen beklagen. So berichtet Christian Nocker vom Gasthof zum Hagn, er habe schon immer mehr als den Mindestlohn gezahlt. „Für neun oder zehn Euro die Stunde arbeitet heute doch keiner mehr.“ Auch Kurt Geiß vom Gasthof zur Post in Bad Wiessee sieht im Mindestlohn kein großes Problem. Da der Lebensunterhalt hier im Tal besonders teuer ist, sei eine angemessene Entlohnung selbstverständlich.
Dennoch bringt die Einführung des Mindestlohns einen erheblichen bürokratischen Mehraufwand. Das neue Gesetz verlangt vom Arbeitgeber, die Arbeitszeiten genau nachweisen zu können. Für Betriebe, die bisher keine Zeiterfassung hatten, eine große Umstellung.
Dies erfolgt über ein elektronisches Zeiterfassungssystem oder über einen Stundenzettel. „Das ist zwar nervig, aber muss sein“, erklärt Geiß. Die Egerner Höfe in Rottach arbeiten beispielsweise mit einer manuellen schriftlichen Zeiterfassung, die in den Abteilungen erstellt und im Personalbüro erfasst und ausgewertet werden muss.
Maximale Arbeitszeit: Zehn Stunden
Seit Anfang des Jahres darf ein Arbeitnehmer die maximale Arbeitszeit von zehn Stunden nicht mehr überschreiten. Gastgewerbe stoßen vor allem bei Großveranstaltungen wie Hochzeiten dadurch auf eine Hürde.
Daniela Böhm, Personalleiterin beim Hotel Egerner Höfe, erklärt die Problematik: „Der Gast wird kein Verständnis dafür haben, dass der Service oder gar eine Feierlichkeit, die aufgrund von besonderen Stimmungen oder Wünschen von Gästen eine geplante Zeit überschreitet, eingestellt oder abgebrochen werden muss. Dazu mussten die Personal- und Zeitplanungen angepasst werden.“
Für Arbeitnehmer, die ungerecht entlohnt werden, hat der DGB eine Hilfe-Hotline eingerichtet. Hier können sich Betroffene anonym melden und Tipps, Ratschläge und Kontaktdaten erfragen. Hoteliers und Gastronomen müssen zudem dafür einstehen, wenn ein Auftragnehmer seinen Arbeitnehmern den Mindestlohn nicht oder nicht vollständig zahlt. Zollbeamte von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) führen unangekündigte Kontrollen durch. Bei Verstößen müssen Betreiber mit hohen Geldstrafen rechnen.
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