“Ich will den Papst interviewen”

Der Diplom Journalist Stefan Scheider ist seit fast 23 Jahren eine feste Größe im Bayerischen Fernsehen. Vielen ist er als Moderator der BR Rundschau oder des ARD Mittagsmagazin ein Begriff. Bereits seit einigen Jahren lebt der Fernsehprofi in Gmund.

Nun hatten wir Gelegenheit, uns mit ihm auf ein Interview zu treffen. Besonders pikant: Was Zuschauer einem Moderator übel nehmen.

Stefan Scheider ist seit über 20 Jahren im Fernsehjournalismus tätig

Stefan Scheider wurde 1962 in Regensburg geboren. Nach dem Studium der Journalistik an der Ludwig-Maximilians-Universität in München startete er erste Gehversuche als Moderator und Filmemacher bei SAT 1. Im September 1990 wechselte er schließlich zum Bayerischen Fernsehen wo er bis heute tätig ist. Dort moderiert er unter anderem zwei mal täglich die BR Rundschau.

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Daneben war und ist er aber noch in zahlreichen weiteren Sendungen aus den Bereichen Politik, Wirtschaft und Kultur zu sehen. Auch fürs ARD Mittagsmagazin ist er regelmäßig im Einsatz. Neben seinem Job vor und hinter der Kamera ist Scheider zudem als Mediencoach aktiv und engagiert sich für den Tierschutz.

Tegernseer Stimme: Wie sind Sie an den Tegernsee gekommen?

Stefan Scheider: Meine Frau ist gebürtige Tegernseerin. Nachdem ich sie vor 24 Jahren beim BR kennengelernt habe, sind wir relativ bald nach Gmund gezogen und leben seitdem im Tegernseer Tal.

Tegernseer Stimme: Sind Sie ein aktiver Beobachter der Lokalpolitik im Tal?

Stefan Scheider: Natürlich interessiert mich auch das politische Geschehen hier vor Ort, ich verfolge dies aber eher nebenbei. Da ich rund 200 Livesendungen im Jahr mache und mich daher ständig mit Nachrichten aus Bayern, Deutschland und der Welt beschäftige, bin ich auch mal froh wenn ich zu Hause bin und entspannen kann.

Erste Gehversuche

Tegernseer Stimme: Was hat Sie dazu bewogen eine journalistische Laufbahn einzuschlagen?

Stefan Scheider: Ich wollte schon immer etwas kreatives machen, Zeichnen, das Filmemachen und auch das Schreiben waren bereits zu Schulzeiten Leidenschaften von mir. Eines dieser Dinge wollte ich später auf jeden Fall beruflich machen.

Meine Wahl ist schließlich auf den Fernsehjournalismus gefallen, da hier alle drei Bereiche enthalten sind. Mein Berufswunsch als solcher kam dann relativ plötzlich, die grobe Orientierung war aber immer da.

Tegernseer Stimme: Erste Gehversuche im Fernsehen haben Sie dann bei SAT 1 unternommen, wie war diese Zeit?

Stefan Scheider: Das war eine tolle Zeit. Auch das Privatfernsehen steckte damals noch in den Kinderschuhen. Somit wurde viel ausprobiert. Das Kamerateam kam zu mir nach Hause und wir haben die Sendung in meiner Wohnung gedreht. Der Name war “Durchblick mit Stefan”. Dort habe ich Tipps und Tricks im Umgang mit dem Computer gezeigt.

Immer erreichbar

Tegernseer Stimme: Gibt es einen typischen Arbeitstag im Leben von Stefan Scheider und wie sieht dieser aus?

Stefan Scheider: Im Prinzip gibt es diesen schon. Als aktueller Fernsehjournalist muss man aber immer bereit sein und bei Bedarf sieben Tage die Woche 24 Stunden zur Verfügung stehen. Passiert etwas Besonderes, muss man sofort in den Sender.

Ich musste zum Beispiel vor kurzem meinen Urlaub abbrechen, weil es Krieg im Gazastreifen gab. Dann hieß es zurück ins Studio und Bereitschaft halten.

Tegernseer Stimme: Wie bereiten Sie sich im Allgemeinen auf Sendungen wie die BR Rundschau oder das ARD Mitagsmagazin vor?

Stefan Scheider: Hier sind es tatsächlich geregelte Tagesabläufe. Ich moderiere eine Rundschau am Nachmittag und die Hauptsendung um 18.30 Uhr. Daher bin ich meist so gegen 15 Uhr im Sender, habe aber davor schon einen Blick in die wichtigen Tageszeitungen und auf die Online Nachrichtenportale geworfen.

Parallel arbeiten im Sender schon eine Vielzahl von Mitarbeitern an der späteren Live-Sendung. Als Moderator bin ich hier auch nur ein Rädchen von Vielen. Es ist immer Teamarbeit.

Tegernseer Stimme: Welche Sendung macht Ihnen im Moment am meisten Spaß?

Stefan Scheider: Bis heute mache ich unsere BR-Rundschau und das ARD Mittagsmagazin am liebsten. So rund sechs bis acht Wochen im Jahr bin ich für das Mittagsmagazin im Einsatz. Dieses Nachrichtenmagazin macht mir besonders viel Spaß, da man durch das 60 minütige Format einfach Themen intensiver und über den eigentlichen Nachrichtenwert hinaus beleuchten kann.

Am spannendsten waren immer die Gesprächspartner, von denen man es im Vorfeld nicht erwartet hätte

Tegernseer Stimme: Wer war bisher Ihr interessantester Gesprächspartner?

Stefan Scheider: Ich dürfte bislang viele Politiker und Führungskräfte aus der Wirtschaft interviewen. Die spannendsten Gesprächspartner waren immer die, von denen man es in Vorfeld nicht erwartet hätte.

Tegernseer Stimme: Wie meinen Sie das?

Stefan Scheider: Das waren zum Teil auch einfache Leute die sich für eine bestimmte Sache engagieren, oder etwas aufgebaut haben. Viele dieser Menschen waren zwar nicht berühmt, hatten aber eine tolle Geschichte zu erzählen. Politiker geben gerade während eines drei minütigen Interviews oft sehr geschliffene Antworten, interessanter wird es wenn man mit einer solchen Figur 45 Minuten Zeit hat ein intensives Gespräch zu führen.

Politiker die auch mal gerne “einen raus lassen” sind natürlich angenehmer zu interviewen, als solche die immer die selben Antworten geben.

Tegernseer Stimme: Gab es Interviews die Ihnen besonders negativ in Erinnerung geblieben sind?

Stefan Scheider: Da gab es zum Glück noch nicht so viele. Natürlich habe ich mit so manchem Politiker schlechte Erfahrungen gemacht.

Tegernseer Stimme: Inwiefern?

Stefan Scheider: Zu Beginn meiner Laufbahn beim BR musste ich erleben, wie ein Kollege relativ unvorbereitet ein Streitgespräch zwischen zwei Politikern moderierte. Als die beiden merkten, dass er sich in der Thematik nicht besonders gut auskannte brachten die Politiker den Moderator ins Stocken und nutzen seine mangelnde Vorbereitung aus. Das war für mich ein mahnendes Beispiel niemals unvorbereitet in eine Sendung zu gehen.

Scheider hat selbst schon viele Interviews geführt, dieses Mal durfte auf der anderen Seite und durfte Rede und Anwort stehen

Tegernseer Stimme: Wen würden Sie gerne mal interviewen?

Stefan Scheider: Ich würde mich sehr gerne mal mit dem Papst unterhalten. Ich glaube die Welt ist nach wie vor auf der Suche von Werten und die Menschen sehnen sich nach Kontinuität und Verlässlichkeit.

Ich denke gerade vor diesem Hintergrund wäre ein Interview mit dem Papst sehr interessant. Daraus würde sich einiger geistiger Input ergeben, der für viele Menschen sehr wertvoll sein könnte.

Tegernseer Stimme: Auf ihrer Homepage nennen Sie zehn goldene Regen die jeder Moderator beachten sollte. Hier führen Sie unter anderem die Maximen “Sei Fit & Wach!”, “Äußerlich hui!” an und geben klare Reglen bezüglich Gestik und Mimik vor. Wie oft haben Sie selber schon gegen einen dieser zehn Punkte verstoßen?

Stefan Scheider: Natürlich verstößt man hin und wieder gegen diese Anhaltspunkte für einen Auftritt vor Publikum oder der Kamera, wir sind alle Menschen und keine Maschinen. Jeder hat gute und schlechte Tage.

Aber nach 20 Jahren habe ich mir einen Erfahrungsschatz angeeignet und kann genau abschätzen was geht und was eben nicht. Leider gibt es auch heute noch viele Politiker oder CEO´s die vor der Kamera oder vor Publikum einen schlechten Eindruck hinterlassen und sich nicht angemessen präsentieren können.

“Es gibt Dinge die einem die Zuschauer übel nehmen”

Tegernseer Stimme: Ist das für Sie eine besondere Drucksituation wenn Sie sich vor Augen führen das bei vieler ihrer Sendungen ein Millionenpublikum zuschaut?

Stefan Scheider: Ich denke bei einer Sendung wie “Wetten Dass” würde ich im Vorfeld schon schlucken wenn einem bewusst wird, dass gleich rund zwölf Millionen Menschen zusehen werden wie man seine Arbeit macht.

Auf der anderen Seite ist das in dem Moment in dem man auf Sendung geht kein Thema mehr. Das steht die Professionalität an oberster Stelle. Ansonsten läuft man Gefahr eine Sendung in den Sand zu setzen.

Tegernseer Stimme: Ist Ihnen so etwas schon mal passiert?

Stefan Scheider:
Ja auch ich habe eine solche Erfahrung schon mal gemacht. An besagten Tag war ich körperlich und mental nicht gut drauf, hatte nur wenig geschlafen. Das war eine Live Sendung mit rund sechs Millionen Zuschauern.

Bereits in den ersten Sekunden habe ich gemerkt, dass mein Kreislauf nicht mitspielt. Ich habe die Sendung dann mehr schlecht als recht zu Ende gebracht. Aber ich wusste: “Jetzt hast du eine Grenze überschritten, und dir zu viel zugemutet.”

Tegernseer Stimme: Welche Verhaltensweisen nehmen die Zuschauer einem Moderator übel?

Stefan Scheider: Wenn man seine Interviewpartner permanent unterbricht empfinden das viele Zuseher erfahrungsgemäß zu Recht als unhöflich. Viele rufen dann in der Redaktion an und beschweren sich. In der Praxis ist das häufig ein schmaler Grad, denn einige Politiker reden wirklich ohne Punkt und Komma – da muss man dann dazwischengehen!

Tegernseer Stimme: Was wäre aus Ihrer Sicht ein Fauxpas der nicht passieren darf?

Stefan Scheider: Vor der Kamera ist man natürlich in einer exponierten Position. Eine Hustenattacke oder ein Lachanfall ist bis zu einem gewissen Grad menschlich, in manchen Situationen ist gerade Letzteres aber sehr problematisch.

Tegernseer Stimme: Was meinen Sie damit konkret?

Stefan Scheider: So einen Lachreiz hat jeder manchmal. Passiert so etwas aber gerade dann, wenn man über etwas besonders Schreckliches oder eine sehr ernstes Thema berichtet ist das eine Horrorsituation für jeden Moderator. In so einem Fall würde ich lieber die Sendung verlassen, als einem Zuschauer einen Lachanfall bei einem sehr ernsten Thema zuzumuten.

Tegernseer Stimme: Welche Sendung würden Sie in Zukunft mal gerne moderieren?

Stefan Scheider: Das Heute Journal oder die Tagesthemen zu moderieren wäre schon super.

Wachsende Bedeutung sozialer Netzwerke

Tegernseer Stimme: Wie wichtig sind für Sie soziale Netzwerke als Nachrichtenkanäle?

Stefan Scheider: Ich weis noch nicht ob zum Beispiel Facebook das Ende der Fahnenstange ist, aber ich nutze es natürlich auch selbst gerne. Es ist einfach ein hoch interessantes Medium, das alleine in Deutschland 40 Millionen Menschen erreicht. Generell müssen auch wir Journalisten die sozialen Medien noch mit mehr Herzblut und Konsequenz nutzen und die Leser und Follower noch besser einbinden.

Tegernseer Stimme: Haben Sie in der BR Redaktion Fachleute die sich nur mit sozialen Netzwerken befassen?

Stefan Scheider: Ja seit einiger Zeit haben wir auch Mitarbeiter die explizit mit diesem Bereich betraut sind. Das ist auch in den Dienstplänen dementsprechend ausgewiesen.

Eine Live-Berichterstattung aus den Gemeinderatsitzugen wäre ein echter Service für die Bürger

Tegernseer Stimme: Wie stehen Sie zum Thema digitale Bürgerbeteiligung und Live Übertragung von Gemeinderatssitzungen?

Stefan Scheider: Ich würde es mir schon gelegentlich ansehen. Alle die sagen das lassen wir nicht zu, kann ich nur darauf hinweisen, dass sich die Zeiten ändern, Transparenz und Offenheit werden immer wichtiger.

Viele Bürger wollen den Entscheidungsprozess in Gemeinderäten von zuhause aus verfolgen und sich ein Bild machen. Da die Sitzung ja ohnehin öffentlich ist, ist eine digitale Übertragung nur eine logische Antwort auf die heutige Informationsgesellschaft. Eine solche Übertragung wäre ein wirklicher Service für den Bürger.

In einen rund 60 minütigen Gespräch erzählte uns Scheider seine Erfahrungen.

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