„Ich wollte die Sachen unbedingt haben“

Fast ein Jahr lang bestellt eine 38-jährige Tegernseerin über das Internet bei verschiedenen Firmen Küchenutensilien. Wissentlich, diese nicht zahlen zu können. Heute stand sie wegen schweren Betrugs vor dem Miesbacher Amtsgericht. Und kam mit einer milden Strafe davon.

Ein Klick - und der Onlinekauf ist getätigt.
Für eine Tegernseerin wurde der schnelle Klick beim Onlinekauf zum Verhängnis / Quelle: Pixabay

„Sie haben offenbar ein Problem mit Ihrem Konsumverhalten“, stellt Staatsanwältin Schneider in ihrem Schlussplädoyer fest. Unter Angabe unterschiedlicher Namen, aber immer mit der gleichen Lieferadresse, hatte eine 38-jährige Tegernseerin, von Beruf Köchin, über ein Jahr lang per Internet eingekauft.

Auf ihrer Bestellliste befanden sich vorwiegend Küchenutensilien wie Messer, Spring- und Pizzaformen, Gewürzdosen, Schneidebretter, Grillpfannen und Kochtöpfe. Obwohl die Frau wusste, dass sie ihre Bestellungen nicht bezahlen konnte, fuhr sie selbst dann mit ihrer Masche fort, als eine Firma ihre betrügerische Absicht erkannte und die Ware nicht auslieferte.

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Sie kaufte ohne nachzudenken

Insgesamt elf Betrugsfälle trug die Staatsanwaltschaft vor. Vier davon wogen schwer. In den anderen sieben Fällen, bei denen es nicht zu der Auslieferung der bestellten Ware kam, lautete die Anklage auf „versuchten Betrug“.

Der Rechtsanwalt der 38-Jährigen, Frank Zahnert aus Tegernsee räumte bei seiner Verteidigung ein, die Angeklagte sei geständig. Sie habe in den vier vorgeworfenen Fällen die Rechnung bei der entsprechenden Firma bereits beglichen. Zum Beweis legte Zahnert Rechnungen und Kontoauszüge seiner Mandantin vor.

Außerdem habe sie, so Zahnert weiter, seit ihrer Brustkrebsdiagnose im April 2014 keine Einkäufe mehr über das Internet getätigt und sei seither krankgeschrieben. „Was wollten Sie mit dem Zeug?“ fragte Richter Walter Leitner die Angeklagte. Ihre Antwort: „Ich wollte es haben. Für mich.“

“Ich wollte es haben”

„An einem Tag haben sie sechsmal etwas bestellt“, entgegnete Leitner, „Warum? Was hat Ihnen daran so gefallen?“ Die Angeklagte zögerte kurz, bevor sie mit leiser Stimme sagt: „Ich hab`s halt gegoogelt…”- „.. und den Drang verspürt, es haben zu wollen?“ vollendete Leitner den Satz. „Ja“, antwortete die Angeklagte.

Der Fall sei ein Musterbeispiel für Gewerbsmäßigkeit, fand Staatsanwältin Schneider. „Elf Taten, die zur Ausstattung der Küche dienten. Das übersteigt die PI-mal-Daumen-Regel von drei Taten erheblich.“ Zwei Einträge im Bundeszentralregister, die in gleicher Art und Weise, begangen wurden, legte Schneider dem Richter noch vor und forderte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten.

Zahnert bat dagegen in seinem Schlussplädoyer um eine mildere Bewertung auf die, wie er sagt, „stümperhaft ausgeführte Tat“.

Als normal denkender Mensch hätte man doch wissen müssen, dass man Ware ohne Geld nicht bekommt.

Außerdem wollte er die schwere Erkrankung und absehbare Lebenszeit seiner Mandantin berücksichtigt sehen. Dass man um eine Freiheitsstrafe aufgrund der Menge an Taten nicht herumkommt, war aber auch ihm bewusst. Seine Forderung: Neun Monate auf Bewährung.

Milde Strafe für Tegernseerin

Eine halbe Stunde zog sich Richter Leitner nach den Plädoyers mit seinen beiden Schöffen zur Beratung zurück. Wegen Vorspiegelung falscher Tatsachen in ingesamt elf Fällen, verurteilte Leitner die Angeklagte zu zehn Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung.

In seiner Urteilsbegründung fiel nicht nur der Vorwurf der Gewerbsmäßigkeit weg. Aus Sicht des Gerichtes habe die Angeklagte auch nicht vorsätzlich gehandelt.

Sie ist Köchin und wollte schöne Dinge haben. Nennen wir es Sammelleidenschaft oder Hamsterei.

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