Nicht alle Bürger im Tegernseer Tal haben das Glück, vermögend oder im Besitz einer eigenen Immobilie zu sein. Sehr viele kommen trotz Berufstätigkeit Monat für Monat finanziell gerade so über die Runden.
Einigen reicht das monatliche Einkommen aber nicht einmal, um die laufenden Kosten, wie etwa für die Wohnungsmiete oder geschweige denn Geld um ihre Grundbedürfnisse zu decken. Eine Hoffnung für die finanziell Schwächsten sind Sozialwohnungen. Doch die Chance, am Tegernsee eine solche Wohnung zu bekommen, ist derzeit schwindend gering.
Sozialwohnungen sind in der Regel im Besitz von Gemeinden und über staatliche Zuschüsse finanziert. Doch um Anspruch auf eine solche Wohnung zu haben, benötigen Interessierte einen Wohnungsberechtigungsschein. Diesen bekommt man vom Landratsamt Miesbach ausgestellt.
Einkommensgrenzen eng bemessen
Grundvoraussetzung für einen Wohnungsberechtigungsschein ist das Ausfüllen eines solchen Antrags. Angegeben werden muss unter anderem, warum man sich selbst als sozial bedürftig einstuft. Aber auch finanziell ist man gezwungen, sich in die Karten schauen lassen. Dabei darf das Einkommen eines Alleinverdieners im Landkreis Miesbach jährlich nicht mehr als 14.000 Euro Brutto betragen. Bei einem Zweipersonen-Haushalt ist die Einkommensgrenze 22.000 Euro. Jede weitere Person im Haushalt darf jährlich nicht mehr als 4.000 Euro zur Haushaltskasse beisteuern.
Wenn man vom Landratsamt Miesbach also anhand der Angaben als „sozial bedürftig“ eingestuft wird und daher eigentlich einen Anspruch auf eine Sozialwohnung hat, heißt das allerdings noch lange nicht, dass auch eine solche kostengünstige Wohnung zur Verfügung steht.
Rund um den Tegernsee gibt es derzeit nur in zwei Orten Sozialwohnungen. In Tegernsee sind es laut Geschäftsleiter Hans Staudacher in der Seestraße acht, und in Bad Wiessee spricht Petra Bollen in der Sölbachtalstraße von 23 solcher Objekte. Kreuth, Rottach und Gmund haben laut ihren Verwaltungen keine.
Die wenigen vorhandenen Wohnungen sind derzeit aber alle belegt. Darüber hinaus gibt es in den Gemeindeverwaltungen Wartelisten, die neben den sozialen Gesichtspunkten der Berechtigungsscheine auch nach Eingangsdatum der Anträge bearbeitet werden. So gibt es beispielsweise in Bad Wiessee laut der Verwaltungsmitarbeiterin Bollen derzeit noch 17 offene Anträge, die nicht bedient werden können.
Neben dem Problem, dass Sozialwohnungen nur begrenzt vorhanden sind, gibt es ein weiteres Hindernis für Wartenden. Einmal eingezogen, ziehen viele sozial Bedürftige nicht so schnell wieder aus den Wohnungen aus. Es sei denn, die Berechtigung für eine bezuschusste Wohnung fällt aufgrund überschrittener Einkommensgrenzen weg.
Teilweise sind laut der Wiesseer Verwaltung Bewohner trotz Mehreinkommen dennoch nicht dazu angehalten worden, sich eine neue Unterkunft zu suchen. Stattdessen mussten die Mieter eine höhere monatliche Miete zahlen. Die Mietvergünstigung wird also gekürzt.
Der Bedarf für Wohnungen für sozial Benachteiligte ist indes in jedem Fall vorhanden. Das belegen nicht nur die Wartelisten, sondern auch Aussagen wie “Ich würde dem Bürgermeister auch den Rasen mähen, um eine solche Wohnung zu bekommen”, wie sie die Wiesseer Verwaltungsmitarbeiterin Bollen teilweise schon von Bewerbern zu hören bekam.
Alternative: Gemeindewohnung
Neben Sozialwohnungen gibt es am Tegernsee auch zahlreiche Gemeindewohnungen. Dabei ist es interessant zu wissen, dass, sobald die Gemeinden den Kredit für den Bau der sozialen Gebäude abbezahlt haben, die Häuser und die darin befindlichen sozialen Wohnungen zu Gemeindewohnungen werden. “Dann fällt die sogenannte Sozialbindung für die Gemeinden weg”, erklärt Tegernsees Geschäftsleiter Hans Staudacher. Die Laufzeit für die Kredite läuft in der Regel 20 bis 25 Jahre. Ferner geht im Anschluss an den getilgten Kredit die Entscheidung, welcher Antragsteller zukünftig eine Wohnung bekommt, auf die Gemeinde über.
Die Voraussetzungen, um eine Gemeindewohnung zu bekommen, sind dabei nicht gar so “streng”. Für diese muss man beispielsweise nur eine beinahe formlose Selbstauskunft ausfüllen.
In Wiessee gibt es rund 200 Gemeindewohnungen, die laut Geschäftsleiter Michael Herrmann aber auch alle komplett belegt sind. Eine Warteliste gibt es auch hier. “Auf der stehen derzeit über 100 Personen. Wenn einmal eine Wohnung frei wird, erfolgt die Vergabe nach dem Eingang der Anmeldung und unter Berücksichtigung sozialer Belange.”
Auch in Rottach-Egern ist laut Geschäftleiter Josef Brummer derzeit keine der 140 gemeindlichen Wohnungen frei, und 42 Bewerber müssen vorerst noch auf Antwort warten.
Für Kreuths Geschäftsleiter Hans Patzlsperger haben die langen Wartelisten jedoch auch einen zuweilen profanen Grund: “Die Vorstellungen in Sachen Ausstattung und Komfort mancher Bewerber sind einfach zu hoch.”
Die Wohnungen sollten nach Ansicht der Wohnungssuchenden idealerweise eine Garage und darüber hinaus noch eine Zentralheizung haben. Zugleich am besten nichts kosten.
Bayernweit immer weniger Sozialwohnungen
Der Verband bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW) hat in jüngsten Erhebungen festgestellt, dass vor allem der Rückgang im Bestand der Sozialwohnungen “bedenkliche Ausmaße” angenommen hat. Bis 2014 wird bayernweit die Zahl der noch existierenden 195.000 um rund 65.000 Sozialwohnungen reduziert, weil die Sozialbindung wegfällt.
Dazu kommt laut dem VdW eine immer weiter wachsende soziale Schere zwischen Arm und Reich, welche die Notwendigkeit nach bezahlbarem Wohnraum noch verstärke. Ein Entwicklung, die auch nicht vor dem Tegernseer Tal Halt macht.
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