„In Jägerkreisen brodelt es“

Der Abschuss von drei Rotwild-Muttertieren bei einer Drückjagd im November sorgt immer noch für Gesprächsstoff. So auch bei der Hegeschau am Wochenende in Miesbach. Offiziell aber war es kein Thema in der Oberlandhalle. Im Mittelpunkt stand die Gams. Beklagt wurde, dass die Gamsbejagung nicht in Ordnung sei. Geschossen würden zu viele Jungböcke.

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Die Trophäenschau war ein Spiegelbild des Waidmanns Heils im Landkreis Miesbach. Die gewollten Abschusszahlen beim Rotwild wurden im vergangenen Jahr nicht erreicht: Das Soll waren 810 Abschüsse, tatsächlich waren es nur 552 erlegte Tiere, rechnete Kreisjagdberater Tobias Hupfauer aus Gmund vor.

Damit ist eine Abschusserfüllung von 67 Prozent erreicht.

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Besser sei die Quote beim Gamswild. Dort liege sie bei 92 Prozent, was 567 Tieren entspreche. „Gämsen werden im Landkreis sehr intensiv bejagt“, so Hupfauer. Auftrag der Jäger sei es, im Rahmen der Waldverjüngung dafür zu sorgen, dass der Wald vor dem Wild geschützt wird. Alle drei Jahre setzt das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Abschusspläne für die Reviere fest.

Wer diese Vorgaben nicht einhält, dem drohen Bußgelder. Doch die Erfüllung des Plansolls ist für die Waldbesitzer, Forstbetriebsleiter und Jäger schwer und aufwändig.

„Wildbiologischer Offenbarungseid“

So waren schon im Vorfeld der Hegeschau, die auch etwas über den körperlichen Zustand des Wildes aussagt, kritische Stimmen zu hören. Martin Weinzierl beklagte, dass es bei der Gamsbejagung keine stabilen Verhältnisse mehr gebe. Für den Vorsitzenden der Kreisgruppe Miesbach des Bayerischen Jagdverbandes (BJV) gebe es unter den Gämsen viel zu wenig erstklassige Böcke. Dies sei ein wildbiologischer Offenbarungseid.

Geschossen würden überwiegend nur Jungwild und ein paar alte Geißen. Abzulesen war dies auch an den zahlreichen Gamsgeweihen in der Oberlandhalle. Viele der erlegten einjährigen Böcke brachten nur etwas über zehn Kilogramm auf die Waage. Da werde zu stark in die „Jugendklasse“ eingegriffen, erläutert Hupfauer auf Nachfrage.

Einige sprechen schon von Miesbacher Filz

Geladen zur Hegeschau waren auch Landrat Wolfgang Rzehak und der CSU-Kreisvorsitzende Alexander Radwan. Beide erfuhren viel über die „ökologische Aufwertung der Reviere und den Erhalt der Artenvielfalt“. Doch nichts über das Thema, das die Jäger im Landkreis umtreibt: den Abschuss der drei Muttertiere am 14. November vergangenen Jahres und die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München II in diesem Fall.

Von links: Georg von Preysing, Alexander Radwan und Wolfgang Rzehak.
Von links: Georg von Preysing, Alexander Radwan und Wolfgang Rzehak.

Ein Funktionär sagte gegenüber der Tegernseer Stimme: „In Jägerkreisen brodelt es.“ Eine Meinung, die vor allem durch die Verbindungen zwischen der ermittelnden Polizeiinspektion Miesbach und den Jägerkreisen gespeist wird. Ein hoher kommunaler Würdenträger sprach dabei von „Miesbacher Filz“. Er sei neugierig, ob die Ermittlungen wieder im Sande verlaufen würden, wie so oft.

„Da solche Bewegungsjagden in vielen Forstbetrieben vorkommen, ist es schon auffällig, dass man so gut wie nie von Fehlabschüssen und entsprechenden strafrechtlichen Anzeigen hört oder liest“, schreibt Leser Ludwig Fegg aus Bischofswiesen der Tegernseer Stimme.

Bis zu fünf Jahre Haft

Als Initiator der Aktion „Wald, Wild und Mensch“ steht Fegg als erfahrener Jäger den Drückjagden sehr kritisch gegenüber. „Zwar sehen die Bayerischen Staatsforsten die Bewegungsjagden als jagdliches Allheilmittel“, doch stünden die Anzahl der gefallenen Schüsse und die erzielten Streckenergebnisse oft in krassem Gegensatz, sodass damit „zu rechnen ist, dass schwer verletztes, angeschossenes Wild qualvoll verendet“.

Fegg verweist dabei auf das Bundesjagdgesetz, das für das Bejagen von Elterntieren eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vorsieht oder eine entsprechende Geldstrafe. Es könnte also eng werden für die beiden Jäger, gegen die die Staatsanwaltschaft München wegen des Verstoßes gegen das Bundesjagdgesetz ermittelt. Pikant an diesem Fall ist, dass es sich bei den Beschuldigten nach Informationen der Tegernseer Stimme um höhere Beamte handeln soll.

Dass es auch anders geht, wenn versehentlich Muttertiere, sogenannte führende Stücke, erlegt werden, erzählt ein Revierleiter, der anonym bleiben möchte. Wenn bei ihm so etwas passiere, rate er den betroffenen Jägern zur Selbstanzeige bei der Staatsanwaltschaft. Diese stelle dann nach Verhängung einer Geldbuße meist das Verfahren ein. Diese Einsicht fehlte offenbar den beiden Jägern, gegen die ermittelt wird. Ein Dritter soll bereits gestanden haben.

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