“Irgendwie geht´s immer” – Anton Grafwallner aus Gmund mit Goldener Ehrennadel ausgezeichnet

Fachgespräch mit dem Behindertenbeauftragten der Bundesregierung Hubert Hüppe (li.) zum Thema UN Behindertenrechtskonversion

„Ich war ganz schön überrascht darüber, dass ich die Nadel bekommen soll“, erzählt Anton Grafwallner aus Gmund. Während eines Galaabends in Berlin erhielt er die Auszeichnung aus der Hand des Ehrenpräsidenten der deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) Gottfried Milde. Eine Goldene wurde es, die der 62-Jährige als Anerkennung um sein langjähriges Engagement für ein selbstbestimmtes Leben MS-Kranker überreicht bekam.

„Seit über 20 Jahren ist mein Leben geprägt von dieser Aufgabe“, erzählt Grafwallner über seine ehrenamtliche Tätigkeit. Seit 1992 ist er als MS-Kranker selbst auf den Rollstuhl angewiesen. 13 Jahre schon widmet er sich dem von ihm gegründeten Stammtisch für MS-Erkrankte. Aus dem Berufsleben zurückgezogen hatte er sich vor rund zwölf Jahren.

“Beeindruckt haben mich Menschen in Südamerika und Nordkorea”

Seine Karriere war geprägt von der Technik. Diese begann bei der Tegernsee Bahn als Lehrling zum Maschinenschlosser. Es folgte ein Studium als Maschinenbauingenieur, dann eine 25 Jahre lange Tätigkeit als Verkehrsingenieur für Siemens, während der er sich für die Optimierung des Verkehrs auf den Straßen einsetzte. „Ich war auf der ganzen Welt unterwegs“, erinnert sich Grafwallner stolz. Besonders beeindruckt hätten ihn dabei die Menschen in Südamerika und Nordkorea.

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Die Menschen sind es auch, die ihm am Herzen liegen. Dafür setzt er sich ein. Grafwallners Engagement ist dabei vielseitig. „Irgendwie geht’s immer.“ Das ist der Leitspruch des Optimisten. 20 Jahre lang waren es die Mitglieder des Gmunder Gartenbauvereins, deren Vorstand er war und die von seinem vielseitigen Wissen um ökologischen Pflanzenschutz profitierten. Der Deutsche Wetterdienst spannte ihn als phänologischer Pflanzenentwickler ein. Seit 1990 sitzt er für die Freie Wählergemeinschaft im Gmunder Gemeinderat.

Kämpft für die Gleichstellung gehandicapter Menschen: Anton Grafwallner, der dank Elektrorollstuhl mobil bleibt

Multiple Sklerose – Die Krankheit mit den tausend Gesichtern

Anton Grafwallner lebt mit seiner Familie in Gmund. „Meine Familie ist mein großer Rückhalt“, betont der Familienmensch. Zwei Freunde springen als Fahrer ein, damit er mobil bleibt. Seie Frau, Tochter und Sohn sind seine Hilfe im Alltag. Die linke Hand und die Beine seien nicht mehr beweglich. „Mit der rechten kann ich telefonieren und am PC arbeiten,“ erläutert er. An besonderen Tagen wie Geburtstag oder Weihnachten merke er, was ihm im Jahr davor noch gelang und was er jetzt nicht mehr könne. Bei ihm verlaufe sie schleichend, die Krankheit, die man die „Krankheit mit den tausend Gesichtern“ nennt.

„Meistens habe ich gar keine Zeit zum Nachdenken“, fährt er fort. Seine Aufgabe als Behindertenbeauftragter für den Landkreis Miesbach fülle ihn ganz aus. „Ich wollte das nie werden“ erinnert er sich. Er sei quasi hineingerutscht in diesen „Job“. Im Jahr 1996 gründete er gemeinsam mit einem Mitstreiter eine MS-Selbsthilfegruppe im Tegernseer Tal. Die Sache sei in Schwung gekommen, als er Alt-Landrat Norbert Kerkel erklärt hatte, dass der Landkreis „ein weißer Fleck in der Behindertenlandkarte sei“.

Dieser reagierte prompt und zeigte sich offen für die Probleme gehandicapter Menschen. „Mittlerweile ist es deutlich besser geworden“, freut sich Grafwallner. Über 30 Behindertentoiletten und 80 bis 90 Behindertenparkplätze gäbe es im Landkreis heute. Auch der ÖPNV (Öffentliche Personen-Nahverkehr) funktioniere inzwischen weitgehend barrierefrei.

Stolz auf seine Auszeichnung: Anton Grafwallner mit Frau Anette, Gmunds Bürgermeister Georg von Preysing (rechts) und Thomas Schuhmacher vom Deutschen Wetterdienst

Sein größtes Anliegen ist ihm, dass die UN-Behindertenkonvention Fuß greift. „Alle Menschen sind gleich“, zitiert er das Grundrecht. Wichtig ist ihm auch die Teilhabe gehandicapter Kinder an einem inklusiven Leben. Dafür lohnt es sich, zu kämpfen, „weil ich was bewegen kann“. Skandinavien gilt als Vorbild in schulischer Hinsicht. Behinderte und nichtbehinderte Kinder lernen dort selbstverständlich gemeinsam. Förderschulen oder ähnliches gibt es dort mittlerweile nicht mehr.

Unzählige Projekte, Maßnahmen und Veranstaltungen gehen auf die Initiative des umtriebigen Gmunders zurück. Immer nutzte er sein Fachwissen, um mehr Mobilität für benachteiligte Menschen zu ermöglichen. Unterstützt wird er von der Oemisch-Stiftung und der Auguste-Steinfelder-Stiftung in Rottach-Egern.

Barrierefreier Tourismus, inklusive Architektur und die Teilhabe gehandicapter Menschen an einem inklusiven Leben, dafür kämpft er. Sein Behindertenkompass wird geschätzt, sein Rat gesucht. Zu helfen, wo es nottut, das ist für ihn Anton Grafwallner eine Selbstverständlichkeit.

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