Islam, Pegida und Kalaschnikows gegen Karikaturen

Wohl noch nie wurde im Barocksaal des Tegernseer Gymnasiums über Terrorismus diskutiert. Doch am Freitagabend war es soweit. Im Mittelpunkt der Podiumsdiskussion standen Attentate im Namen des Islamischen Staates und deren Auswirkungen. Mit dabei auch der Holzkirchner Pfarrer Wolfgang Dörrich und sein katholischer Kollege Gottfried Doll.

Bei der Podiumsdiskussion am Freitag Abend im Barocksaal des Tegernseer Gymnasiums.
Bei der Podiumsdiskussion am Freitag Abend im Barocksaal des Tegernseer Gymnasiums.

Namhaft war die Runde, die sich am Freitag Abend den Fragen der Gymnasiasten stellte. Vorgegeben hatten das Thema die Schüler der Seminargruppe „Politik und Religion“. Kontrovers waren die Äußerungen zwar nicht, dafür sorgten schon die Attentate in Paris.

Gesellschaft und Politik suchen seitdem den Schulterschluss, so auch im Barocksaal. Nur in Nuancen unterschieden sich Alexander Radwan (CSU), Claudia Stamm (Bündnis 90/die Grünen) und Florian Streibl (Freie Wähler) sowie für die evangelische Kirche Wolfgang Dörrich und sein katholischer Kollege Gottfried Doll.

Anzeige

Ist ein militärischer Einsatz religiös vertretbar?

Streibl sieht in dem IS eine Bedrohung unserer Kultur, der man sich auch militärisch entgegen stellen sollte. Doch das Engagement der Bundesregierung sei ihm zu halbherzig. „Da würde ich mir einen massiveren Einsatz wünschen“, erklärte Streibl in die Runde.

Die Geistlichen wurden von den Gymnasiasten mit der Frage konfrontiert, ob ein militärischer Einsatz gegen den Islamischen Staat religiös vertretbar sei. Für Pfarrer Dörrich sei Krieg immer die Ultima Ratio, die Letzte aller denkbaren Möglichkeiten.

Ich bin der Überzeugung, dass Gewalt Gegengewalt erzeugt und nicht wirklich zum Ziel führt, wie man in Afghanistan und im Gaza-Streifen sieht.

Dörrichs Traum sei eine Entmilitarisierung aller Staaten und dafür eine Weltpolizei. Doch eine Realisierung dieses Traumes sei derzeit nicht absehbar.

Wie legitim sind Waffenlieferungen an die Kurden?

Als Vertreter der Regierungsparteien wurde Alexander Radwan mit der Legitimation der deutschen Waffenlieferungen an die kurdischen Peschmerga konfrontiert. „Selbst der Papst hat sich in diesem Konflikt zu Wort gemeldet“, erwiderte der CSU-Politiker, „wenn wir sehen, wie Menschen abgeschlachtet, Jesiden verfolgt, Mädchen als Ware verkauft und Menschrechten mit Füßen getreten werden, dann sind Waffenlieferungen an die Kurden für mich ein Zweckbündnis“.

Von links: Alexander Radwan, Stamm, Florian Streibl
Von links: Alexander Radwan, Claudia Stamm und Florian Streibl

Für ihn stelle sich die Frage, wie man die Dimensionen der Gewaltexplosionen reduzieren kann. „Wie schaffen wir es, dass es eine friedliche Koexistenz und Perspektiven gibt, dass Schiiten und Sunniten miteinander auskommen“, so Radwan. Ein Blick zurück in unsere Vergangenheit zeige, dass unsere Religionen miteinander auch nicht anders umgegangen seien.

Bei uns hat sich dies im Laufe der Jahrhunderte verändert. Bei den Schiiten und Sunniten ist dies noch nicht geschehen. Die islamischen Religionsrichtungen haben noch einen langen Weg vor sich.

Ihm pflichtete auch Pfarrer Dörrich bei: „Auch unsere christliche Religion hatte eine brutale Geschichte. Karl der Große hat es auch nicht anders gemacht: entweder ihr lasst euch taufen oder wir töten euch“. Doch diese menschenverachtende Ausrichtung der Kirche sei durch Aufklärung und Bildung gewandelt worden.

Deshalb müsse man dem Extremismus Bildung entgegensetzen. „Je mehr Menschen lesen und sich informieren können“, so Dörrich, „desto weniger sind sie Hasspredigern und Extremisten ausgeliefert“.

Wann sind Karikaturen mit Kirchenführern Blasphemie?

„Wir Christen haben da auch einen ziemlichen langen Lernprozess hinter uns“, räumte Pfarrer Dörrich ein. „Eine Überspitzung, und das ist eine Karikatur, muss man in unserer Gesellschaft akzeptieren“. Nicht akzeptabel sei es, wenn jemand nur beleidigt werden soll. Die Grenze zwischen Beleidigung und freier Meinungsäußerung sei fließend und werde im Zweifelsfall durch ein Gericht geklärt.

Zustimmung kam hier auch von der katholischen Seite. Doll: „Es gibt keine Rechtfertigung, dies selbst mit einem mörderischen Anschlag in die Hand zu nehmen. Lieber werden wir mal beleidigt, als dass unser Staat draufgeht“. Man könne Mahnwachen vor den betreffenden Verlagshäusern abhalten aber nicht mit der Kalaschnikow reingehen.

Ist die Politik für den Zulauf bei Pegida verantwortlich?

Pegida versuche Ängste vor einer Islamisierung zu schüren, hieß es auf dem Podium, von der wir in Europa noch weit entfernt seien. Bei diesen Ängsten habe vielleicht auch die Politik versagt. Hier sollte man noch besser kommunizieren und aufklären, war die Meinung. Radwan:

Die überwiegende Mehrheit marschiert bei Pegida aus Frustration über ihre persönlichen Lebensumstände mit. Sie fühlen sich von der Politik alleingelassen. Wir müssen die Menschen ernst nehmen und dafür sorgen, dass sie nicht weiter bei Pegida mitlaufen.

Für Stamm sei das Gefährliche an Pegida, „dass es eine rechte soziale Bewegung ist, die mit den Ängsten der Menschen spielt und diese nutzt. Da sollten wir ganz achtsam sein und diese Protestmärsche keinesfalls größer werden lassen. Wir müssen aufpassen, dass es nicht wieder in brennenden Asylbewerberheimen endet, was wir schon einmal hatten.“

Führt die Asylpolitik zu Überfremdung?

Die Angst vor dem Fremden sei instinktiv. Wichtig sei, dass man sich kennenlernt. Das geschehe bereits durch das sehr große ehrenamtliche Engagement der Bürger, hieß es unisono auf dem Podium. Ressentiments, wie es sie früher gegeben habe, seien seltener geworden.

Das Allerwichtigste sei, da waren sich alle auf dem Podium einig, das Erlernen der deutschen Sprache. Nur so könne Integration gelingen.

SOCIAL MEDIA SEITEN

Anzeige
Aktuelles Allgemein

Diskutieren Sie mit uns
Melden Sie sich an und teilen Sie
Ihre Meinung.
Wählen Sie dazu unten den Button
„Kommentare anzeigen“ aus

banner