Ist der Ruf erst ruiniert

Zeit, dass sich etwas dreht, dass die Seilschaften des Systems Miesbach, die kleinen und großen Schmutzeleien, endgültig aufgedeckt, analysiert und die maroden Strukturen reformiert werden. Wer allerdings dachte, dass dieser Impuls aus der CSU kommen kann, muss spätestens nun – wenige Tage vor der Wahl – einsehen, dass er sich geirrt hat. In der Partei gewinnen nach und nach die Stimmen die Oberhand, die bei der Kommunalwahl offen für die Wiederwahl von Jakob Kreidl eintreten.

Nicht nur in Hinterzimmern wird derzeit in der Kreis-CSU die Wahl Kreidls als legitime Taktik für die Landratswahl diskutiert.
Nicht nur in Hinterzimmern wird derzeit in der Kreis-CSU die Wahl Kreidls als legitime Taktik für die Landratswahl diskutiert.

Martin Calsow, Autor aus Bad Wiessee, kommentiert das politische Geschehen:

Politik wird von Menschen gemacht. Erwachsenen Menschen, muss man hinzufügen. Denn das aktuelle Gebaren mancher CSU-Mitglieder lässt eher auf infantile Mentalstrukturen schließen. Die Herrschaften wollen sich mit dem notwendigen Wechsel nicht abfinden, hoffen auf Neuwahlen, wollen einen neuen Kandidaten ins Spiel bringen. Noch immer ist ihr Politikverständnis mehr von Taktik und Schachern als von Vernunft und Ethos gesteuert.

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Mancher Gemeinderat und Bürgermeister im Landkreis, aber auch hier im Tal, wünscht sich klammheimlich und manchmal auch ganz offen den Sieg des offiziell ungeliebten Kreidl. Denn würde der dann nicht antreten, zaubert man bei der Neuwahl einen Neuen aus dem Hut. Plötzlich werden aus Hinterzimmern mögliche Kandidatennamen durchgespült: Der fehlervermeidende, zu allem Schmutz schweigende Kreuther, der agile Landadel aus Holzkirchen, der schon seinen Werbespot in Mutti Aigners Ministerium produziert. Frei nach einem Bank-Motto: Unterm Strich bleib ich. Ist es nur Gier nach Macht, plump und ohne jeden Skrupel? Oder ist die Angst vor weiteren Aufdeckungen so groß? Liegen etwa noch mehr Leichen in den Kellern der Sparkasse, der Rathäuser und des Landratsamtes?

Wie Muscheln am Rumpf

Dabei hat die Offenlegung des Systems Miesbach eine gute Seite. Die Schmutzeleien und das zähe Eingeständnis sind ein Lehrstück über die Folgen unkontrollierter Macht. Jeder kann erkennen, wozu Jahre der Alleinherrschaft einer Partei führen. Jeder sieht, wie wichtig eine starke Opposition ist. Nicht eine, deren Vertreter einfach den Mund halten und froh sind, dabei zu sein. Filz ist beileibe kein Alleinstellungsmerkmal der CSU. In NRW gab es lange Zeit unter SPD-Regierung exakt die gleichen Auffälligkeiten. Es ist das Wesen von fehlender Kontrolle. Wie ein großer Tanker nach Jahren Muscheln am Rumpf ansetzt, wächst auch in der Demokratie in den Jahren der Filz. Nur gewöhnen sollten wir uns nicht daran.

Unzweifelhaft hat die außerordentlich angenehme Lebensqualität hier im Landkreis auch mit der Arbeit der Herrschenden zu tun. Aber sie bedingen nicht einander. Dieses Bayern ist ein Geschenk. Nur wohnt der Absender dieses Geschenks nicht automatisch in der bayerischen Staatskanzlei. Am Sonntagabend ist Kehraus, so es nicht in eine Stichwahl geht. Wer immer den Landkreis dann führen wird, tut gut daran, jeden Winkel des Amtes auszufegen, jeden Fehler auf den Tisch zu legen und neue Strukturen festzulegen. Es wird schwer für ihn. Denn ein Landrat, der nicht den Christsozialen angehört, wird sich der Unterstützung aus München nicht sicher sein können. Aber da gibt es ja noch die Öffentlichkeit, die immer an Fälschungen, Festen und Filz interessiert ist…

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