Ist die Tegernseer Tal Tourismus ein Auslaufmodell?

Georg Overs, Geschäftsführer der Tegernseer Tal Tourismus GmbH - kurz TTT

Die Situation für TTT-Geschäftsführer Georg Overs und seine Mitstreiter im Tegernseer Haus des Gastes wird nicht einfacher. Immer wieder muss der Tourismuschef die Querschüsse aus den verschiedenden Gemeinderatssitzungen und anderen Ausschüssen parieren.

Erst im letzten Jahr gab es im Rahmen der Masterplan-Tourismus-Debatte vermehrt Stimmen von seiten der Gemeinderäte, die sich gegenüber der TTT sehr kritisch äußerten. Teilweise hatten die Diskussionen das Ausmaß einer Generalabrechnung mit der Arbeit der Verantwortlichen angenommen. Zweifel an Kompetenz und Führungsfähigkeit eingeschlossen.

Und die größten Bedenken gegen die Organisation sind immer wieder die gleichen:

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– Die TTT ist zu sehr mit sich und der Integration beschäftigt und vergisst darüber die Kundenakquise / Marketing
– Es werden mit deutlich mehr Budget deutlich weniger Gäste an den Tegernsee gelockt
– Die Personaldecke in der TTT ist viel zu hoch (Stichwort: Wasserkopf)
– Das Geld versickert, aber niemand weiß wohin es fließt und was wirklich erreicht wird
– Ein zielführendes Controlling wird nicht aufgebaut, weil niemand weiß was genau gemessen werden soll

Einige offene Fragen hatte Georg Overs uns im Rahmen von zwei ausführlichen Gesprächen im letzten Jahr beantwortet (Erstes Interview Anfang Dezember / Zweites Interview Ende Dezember). Aber die Diskussionen über Sinn oder Unsinn einer talweiten Tourismusorganisation gingen trotzdem weiter. Und das mit unverminderter Heftigkeit, wie man letzte Woche auf der Wiesseer Kurausschuss-Sitzung gesehen hat.

“Das Tegernseer Tal sollte die bekannteste Ferien-Destination Deutschland werden”

Der Anlass für die erneute Kritik war die Präsentation von Julian Siebach, Vermarkter der Wiesseer Wandelhalle, der auf der Sitzung sein visionäres Konzept für eine professionelle Positionierung der Gemeinde Bad Wiessee vorgestellt hatte. Dabei ging Siebach in seiner Vision nicht nur auf das Tegernseer Tal (“Sollte die bekannteste Ferien-Destination Deutschlands werden”) ein, sondern vor allem auf die Vorteile, Möglichkeiten und notwendigen Schritte zur Veränderung von Wiessee.

Das ist der Ort mit dem größten Potential im Tegernseer Tal – mit Abstand. Der einzige Ort, der eine Autobahnabfahrt hat und auch noch ein Jodbad. Das sind alles Vorzüge, die wir rausstellen müssen. Wir alle müssen begreifen dass Bad Wiessee auf dem aufsteigenden Ast ist und nicht andersherum.

Siebach machte in seiner sehr ausführlichen Präsentation klar, dass man sich auch orientieren müsse an Vorbildern, die es richtig machen. Dabei nahm er Sölden als leuchtendes Beispiel einer gelungenen Vermarktungsstrategie. Wiessee müsse sich verändern, so Siebach weiter. Das Ortsbild solle einheitlich gestaltet werden, genau wie die Beschilderung. Eine Marke, wie es bei der Wandelhalle oder der Montgolfiade gelungen sei, müsse für den Ort her. Der Gast solle ein ganzheitliches Jahreserlebnis mitbekommen und dazu gehöre auch ein lebendiger Ortskern mit gesunder Infrastruktur. Gerade im gewerblichen Bereich sei zu wenig Bewegung. Und deswegen die Gemeinde auch derzeit zu abhängig vom Tourismus.

Der Sinn einer TTT – zumindest zum Teil in Frage gestellt

Dass der Unternehmer mit diesen Vorschlägen die Mitglieder des Ausschusses aber nicht nur “überrannte” wie es Bürgermeister Höß ausdrückte, sondern auch auf weiterführende Gedanken brachte, wurde im Anschluß klar, als Kurt Sareiter von der CSU zu der ersten Frage ansetzte:

Wir haben uns ja jetzt viele Jahre zusammengerauft mit der TTT, die ja eigentlich für das Marketing im Tegernseer Tal zuständig sein soll.

Aber wie ist das dann gedacht, wenn wir uns auf dieses Konzept einigen. Wird dann Wiessee auch in der Vermarktung neue Wege gehen. Und wenn ja mit oder ohne TTT?

Bürgermeister Höß erwiederte darauf, dass es nicht das Ziel des Konzeptes sei, sich von der TTT abzuspalten. Dabei wies er darauf hin, dass es auch nur im Sinne der Tourismusverantwortlichen sein kann, wenn hier in der Form angeschoben werde. “Am Ende profitieren alle, wenn einer als gutes Beispiel vorrangeht und die anderen Gemeinden mitzieht.”

Und Julian Siebach ergänzte aus seiner Sicht:

Der Job von Hr. Overs und seinen Mitarbeitern ist sehr schwierig. Ich glaube die brauchen Unterstützung und Hilfe.

Und zu dem Konzept: Ich denke nicht, dass der Plan gegen oder ohne die TTT umsetzbar sein wird. Ganz im Gegenteil durch so ein Leuchtturmprojekt wird eher ein positiver Leistungsdruck bei der TTT in Gang gesetzt.

Ingrid Versen, seit 21 Jahren im Gemeinderat und im Kurausschuss, hatte da eine ganz andere Meinung, die vor allem auf die Diskrepanz der früheren und heutigen Finanzausstattung der Tourismusorganisation hinwies:

Früher hatten wir die Tegernseer Tal Gemeinschaft und mussten mit 600.000 DM auskommen. Heute schwebt da eine riesen Organisation über allem mit einem großen Wasserkopf und verschlingt ein vielfaches von dem was wir zur Verfügung hatten. Der Unterschied ist jetzt nur: Auf einmal heißt es wir müssen die TTT hier und dort unterstützen und etwas selber machen. Kann das der Sinn der TTT sein?

Und Hartwig Bayerschmidt schloß, sozusagen als letzter, an:

Bei allem Respekt auch gegenüber den Aktivitäten der TTT müssen wir schon schauen, dass die da drüben nicht das ganze Geld verplanen und verramschen.

So richtig einig über die zukünftige Rolle der talweiten Tourismusorganisation wurde man sich im Kurausschuss jedoch nicht.

Was blieb war einerseits die einstimmige Entscheidung, dass Siebach ein Logo und eine passende Marke für den Ort entwerfen soll. Und andererseits das Gefühl, dass der frische Wind und die wirtschaftliche Hingabe eines Unternehmers, derzeit scheinbar mehr Wert sind als Planbarkeit und Kontinuität einer “Behörde”. Ob das als Zeichen für die Zukunft der Tegernseer Tal Tourismus GmbH gewertet werden kann, sei dahingestellt. Leichter wird das den Job von TTT-Chef Georg Overs jedoch nicht machen.

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