Völlig überfüllt war der Ratssaal am gestrigen Abend, manche Bürger mussten vor der Tür ausharren, um die Entscheidung in Sachen Asylbewerber mitzubekommen. Auch Bürgermeister Christian Köck (CSU) war sich der Tragweite der Entscheidung bewusst: „Das ist sicherlich die wichtigste Entscheidung, die dieses Gremium in den vergangenen Jahren fällen musste.“
Konkret ging es um die Genehmigung des Standortes Birkenmoos für eine Flüchtlingsunterkunft. Das Landratsamt wünschte sich einen möglichst offenen Beschluss, sodass man später freie Hand habe. Doch gerade das wollte Rottach nicht. „Bei dieser Entscheidung tun wir ihnen diesen Gefallen nicht“, stellte Köck klar.
Menschenwürdige Unterbringung
Die Räte waren sich schnell einig. Man wünscht sich ein Traglufthalle, um eine möglichst menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge zu gewährleisten. „Das ist nach festen Bauten noch das Beste“, weiß Georg Höß (FWG), der bereits beruflich damit zu tun hatte. Dem stimmte auch Köck zu. Dort könne man sich auch einmal zurückziehen. Wichtig für das Zusammenleben der Flüchtlinge, findet der Bürgermeister:
Da warte ich auch lieber ein paar Monate länger, als dass es in Containern dann schon nach einer Woche zu Konflikten kommt.
Im Gespräch waren zwischenzeitlich nämlich auch Container aus der Türkei oder Dacias aus Russland. Doch die lehnt Rottach ab. Dennoch ist nicht klar, wann die Traglufthalle schlussendlich aufgebaut sein wird. Denn aufgrund der Größe von 36 mal 36 Metern sei diese eine Sonderanfertigung, die frühestens im März stehen könnte, berichtet Köck.
Manche Gäste wollen nicht mehr kommen
Dabei es gab auch viele kritische Stimmen. So hatten bereits im Vorfeld viele Grundstücksbesitzer am Birkenmoos bei Bürgermeister Köck vorgesprochen und ihre Bedenken zum Ausdruck gebracht. Doch Köck stellte klar, dass man nicht auf das St.-Florians-Prinzip setzen könne. Mit dem Standort sichere man sich Einfluss auf das Gelände, fand auch Josef Lang (CSU).
Größer hingegen waren die Bedenken in Sachen Tourismus und Überfremdung. Das Tal sei klein strukturiert, bereits jetzt merke man die Asylbewerber aus Tegernsee im Ort. Gerade im Nachtleben sei es da schon zu Schwierigkeiten gekommen, meint Köck. „Wir müssen da schon drauf schauen. Das Zusammenleben soll für die Asylbewerber, aber auch für Einheimische und Touristen erträglich gestaltet werden“, so Köck.
Dabei stellte er klar, dass auch eine Verantwortung habe gegenüber den Gästen sowie denjenigen, die sich hier niedergelassen hätten und viel Geld in der Gemeinde lassen. So habe Köck beispielsweise schon viele Zuschriften von Urlaubern bekommen, die ankündigten: „Wenn ihr Asylbewerber aufnehmt, kommen wir nicht mehr.“
Am Ende obsiegte dennoch die Solidarität mit den übrigen Gemeinden sowie den Asylbewerbern. Gabriele Schultes Jaskolla (FWG) warf ein: „Ich denke wir schaffen das. Wenn Rottach-Egern es nicht schafft, wer denn dann?“
“Kein Gast im eigenen Land sein”
Mit 16 zu 2 war die Entscheidung am Ende deutlich für die Aufnahme von Asylbewerbern, wenn auch unter klar formulierten Voraussetzungen. So soll die Traglufthalle für einen Übergangszeitraum von drei Jahren als Notlösung dienen und zunächst 120 Asylbewerbern Platz bieten. Diese müssten auch auf die Quote der Gemeinde angerechnet werden. Zudem wollte man nicht versprechen, die Asylbewerber nach dieser Zeit auch weiterhin aufzunehmen.
Einzig Anton Maier und Josef Kaiser (CSU) stellten sich gegen den Antrag. So betonte Maier, er sei sauer auf die Bundespolitik. Die Kulturen seien zu unterschiedlich, die Anzahl der Asylbewerber zu viele. Er wolle seinen Kindern nicht zumuten, später “Gast im eigenen Land” zu sein.
Um die Bürger einzubinden hat Bürgermeister Köck eine außerordentliche Bürgerversammlung angekündigt. Dort will er über das Thema informieren. Zudem forderte er die Bürger auf, sich in einer Art Helferkreis zu organisieren.
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