Auch der „Stargast“ des Abends, die Bezirksvorsitzende der CSU, Ilse Aigner, erwähnte Kreidl erstmal mit keiner Silbe. Doch auf Nachfrage wurde Aigner deutlicher. Und auch andere Parteifreunde äußerten sich zur Belastung durch die Affären des Landrats.
Etliche Anwesende im Festsaal des Bräuwirt hatten eigentlich erwartet, dass sich Aigner zur Causa Kreidl und dem Landratskandidaten der CSU äußert. Stattdessen sprach sie in ihrem Wahlkreis lieber von der Energiewende zu den Rathaus- und Landkreiskandidaten der Christsozialen. Erst auf Nachfrage der Tegernseer Stimme sind Ilse Aigner ein paar Sätze über den Vielgescholtenen zu entlocken:
Die Affäre ist natürlich für uns im Wahlkampf eine Schwierigkeit, das ist keine Frage. Deswegen werden wir dies jetzt durchstehen. Einfach ist es nicht. Ich werde nun in den nächsten Tagen mit denen telefonieren, mit denen ich in dieser Sache sprechen muss.
Im gleichen Atemzug würdigt Aigner aber auch die Verdienste vom „Jakl“, wie Kreidl unter seinen Parteifreunden gerne genannt wird: „Unbestritten ist, dass er den Landkreis gut geführt hat und der gut dasteht. Es sind auch Fehler passiert, das hat er selbst eingeräumt“. Zu mehr lässt sich Aigner an diesem Abend nicht hinreißen.
Klare Ansagen
Wesentlich deutlicher in ihrer Kritik am amtierenden Landrat wird Ingrid Pongratz (CSU), die Bürgermeisterin Miesbachs. Welchen Schaden die CSU nehme, könne sie jetzt noch nicht sagen, aber über die Schwierigkeiten für die Partei sei sie sich sehr bewusst. „Ich hadere sehr mit der Entscheidung, dass Jakob Kreidl weiter kandidieren soll. Rein moralisch kann ich es nicht vertreten“, räumt Pongratz unumwunden ein. Aber jeder Wähler müsse das mit sich ausmachen, wie er dazu stehe.
„Ich halte es für nicht ausgeschlossen, dass auch wir hier in der Stadt Miesbach einen Makel haben werden, der sich dann bei der Kommunalwahl auswirken wird“, glaubt die Bürgermeisterin. „Horst Seehofer ist sehr verärgert, das weiß ich. Und wir wissen ja, wie Horst Seehofer reagiert, wenn er verärgert ist.“ Die Meinung, die Ilse Aigner zur Situation von Jakob Kreidl habe, sei „ihre eigene Meinung und die muss sie auch mit sich ausmachen.“ Doch auch Ingrid Pongratz lässt nicht unerwähnt, dass Kreidl im Landkreis gute Arbeit geleistet habe.
Hört man sich im Saal unter langjährigen Parteimitgliedern um, so erfährt man, dass die Stimmung im Keller ist. Klartext redet ein Insider, der für die CSU im Landkreis kandidiert und deshalb anonym bleiben möchte. Kreidls Parole sei jetzt zusammenzuhalten, dann klappe es schon noch. „Er nimmt die Realität nicht mehr wahr“, sagt ein anderer Vertrauter des Landrats. Für Kreidl sei alles nur eine reine Medienkampagne. Er sei sich sicher, dass er es nochmals packt.
Wir sind seit seiner Geburtstagsaffäre gestresst, weil wir ja auch Wahlkampf machen und merken, wie schwierig es geworden ist. Die Leute sprechen einen an und schimpfen, der Kreidl ist ja furchtbar, der versaut euch ja alles.
Manche haben aber auch wieder Mitleid mit ihm. Die Reaktionen in der Vorstandschaft reichen von Ablehnung Kreidls bis hin zum nochmaligen Zusammenreißen. Und das macht es schon sehr schwer. Inzwischen ist der Kreisverband in Miesbach gespalten. Ein Trend, der auch im Bräuwirt auf Nachfrage zu hören ist.
„Da sind Fehler passiert und es sind Dinge auch aus dem Ruder gelaufen. Aber das hat nicht der Landrat allein zu verantworten. Er ist jetzt der Sündenbock, er muss es jetzt aushalten“, entschuldigt ein Stadtratskandidat Kreidls langes Sündenregister, das mit dem Plagiatsdebakel anfing und über die Familienaffäre nun in den unverhältnismäßigen Kosten der Geburtstagsfeier gipfelt.
Verzicht nicht mehr möglich
Auch im Tegernseer Tal spüren die CSU-Kandidaten die Auswirkungen der Kreidl-Affäre. Nur wenige wollen offen sprechen. Einer davon ist Josef Bierschneider, der einräumt: „Natürlich belasten die persönlichen Dinge, die da jetzt im Raum stehen, den Wahlkampf.“ Der Bürgermeister von Kreuth wurde längere Zeit als möglicher Ersatzkandidat gehandelt. „Es ist sehr schwierig, die Verdienste von Herrn Kreidl in den letzten sechs Jahren noch darzustellen. Denn natürlich überlagert die Affäre den Wahlkampf und belastet diesen.“
Dabei bleibt der CSU kaum ein Ausweg aus der aktuellen Situation. „Die Frage des Rücktritts ist schwierig. Jakob Kreidl könnte zwar symbolisch seinen Verzicht erklären. Aber sein Name würde trotzdem weiter auf dem Wahlzettel stehen“, erklärt ein Sprecher der Regierung von Oberbayern auf Nachfrage diverser Medien.
Kreidls Nominierung sei bindend und auch die Zustimmung könne er nun nicht mehr zurücknehmen. Die einzige Ausnahme wäre, wenn der CSU-Landratskandidat „seine Wählbarkeit verliert“. Das wäre möglich, wenn ein Attest ihm Dienstunfähigkeit bescheinigt. Dann, so die Behörde, würde die Wahl ausfallen und binnen drei Monaten nachgeholt.
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