Ein Kommentar von Benno Kirschenhofer:
Man wäre noch im November verführt gewesen zu sagen, es sei etwas still geworden um das Thema. Der Zustrom an Flüchtenden war verebbt und die Til Schweigers der Nation keilten sich nicht mehr allabendlich zum “Thema Nummer eins”. Jetzt stehen die Traglufthallen kurz davor, wieder zusammengefaltet zu werden, die Asylbewerber beziehen feste Bauten im ganzen Landkreis, und so manch Geflohener verfügt über einen sattsam süddeutschen Wortschatz, um sich auf ein Schwätzchen oder gar einen Arbeitsplatz einzulassen.
Freilich, das Grundrauschen der Hetzer, Demagogen und Populisten aus dem Lager der vermeintlichen Abendlandbewahrer war ebenso noch zu vernehmen, wie die Verdrängungsschwüre derer, für die alles immer in bester bunter Ordnung war, ist und bleiben würde.
Wir schaffen das
Dann aber kam Berlin, und mit der Frage, warum der Attentäter freien Fußes die Behörden so lange narren konnte, kam eine Einsicht, dass “wir” es doch noch nicht ganz “geschafft” haben. Eine Einsicht, mit der wir nun in das neue Jahr starten sollten.
Merkels Mantra wurde nun lange Monate von einer breiten, demokratisch gesinnten und zur Menschlichkeit erzogenen Bevölkerungsmehrheit mitgetragen. An der Basis, im Feld, in den Kommunen, ehrenamtlich, nimmermüde und besonnen gegen die Dummen auf der Strasse und in den Kommentarspalten.
Den Ruf einer wirklich zivilisierten Zivilgesellschaft, vor der die moderne post-nationalstaatliche Welt zurecht den Hut zieht, haben die Bürger geformt, die Merkels “Verplapperer” von 2015 tatsächlich mit Leben gefüllt haben: Wir schaffen das – und wir hassen die erstmal grundsätzlich nicht, die vor denen flüchten, die behaupten, wir würden sie alle hassen.
Schaffen die das?
Alles schuldig geblieben ist bisher nur die Politik der obersten Ebenen. Während Bürgermeister und Landräte schwimmen, um den Gestrandeten ein Dach über dem Kopf zu organisieren, hat die große Politik zunächst nichts weiter vernehmen lassen als Grabenkämpfe, Scharfmacherei, Herumge-Scheuer, Blauäugig- und Untätigkeit. Und dann noch zum wiederholten Male den Zeitpunkt verpasst, die Administration zu beschleunigen und dem bundesdeutschen Rechtsstaat Zähne zu verpassen. Und damit ist nicht gemeint, wenn’s schon zu spät ist, jeden Christkindlmarkt mit Betonblöcken einzumauern oder sich nun ideologisch um jede Fußfessel oder Ü-Kamera zu streiten.
Die Leute, die wir hier im Landkreis gewählt haben, haben das alles im Großen und Ganzen gut hinbekommen. Zusammen mit ihnen blicken wir nun im Wahlkampfjahr 2017 nach Berlin und München, in der Hoffnung auf ein gemeinsames Bekenntnis, das sogar in jedem Klassenzimmer gilt: Willkommen, jedem seine Chance, aber wer stört, bekommt Ärger.
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