Brenner – frei Haus

Die Faszination der Gegensätze: In unserer neuen Reihe “Originale am See” sprechen wir mit den unterschiedlichsten Persönlichkeiten und wie sich das Tegernseer Tal im Laufe der Zeit für sie verändert hat. Einer von ihnen ist Gastronom Jupp Brenner. Als einer, der in Tegernsee geboren wurde und in Bad Wiessee aufwuchs, weiß er: Alles wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.

Ein Original am Tegernsee: Gastronom Jupp Brenner.

Im Tegernseer Bräustüberl sitzen sie alle an einem Tisch: Alt und jung, arm und reich, bekannt und weniger bekannt. Die Faszination der Gegensätze ist es, die wir zusammen mit einer Tegernseer Fotografin in unserer neuen Reihe “Originale am See” festhalten wollen. Heute: Jupp Brenner.

Zur Fotografin des Schwarz-Weiß-Fotos:
Die Tegernseerin Bommi Schwierz ist Juristin und Fotografin. In ihrem Buch “Der Tegernsee und seine Gesichter” hat sie die Menschen im Tal mit ihrer Kamera festgehalten, denen sie ein Denkmal setzen wollte.

„Wenn Journalisten dich hochjubeln, kannst du nur tief fallen“, sagt Jupp Brenner. Wir wollen natürlich auf keinen Fall, dass im Tal ein Original abstürzt, aber Sie wissen ja, wie das bei uns Journalisten so ist – diese Option ist eine, die uns einfach brennend interessiert.

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Das Freihaus Brenner hat den Ruf, etwas Besonderes zu sein. Es ist eines der letzten Traditionsrestaurants auf der Westbank und seit 42 Jahren in den Händen von Noch-Eigentümer Jupp Brenner. Alles, was Rang und Namen hat, geht bei ihm ein und aus. Mit vielen seiner prominenten Gäste war oder ist er heute noch befreundet.

Playboy und Millionär Gunter Sachs beispielsweise, zu dem er ebenfalls eine Freundschaft hegte, mietete zu Lebzeiten das oberste Stockwerk im Freihaus an. Noch heute soll das Bild seiner damaligen Frau – der französischen Filmschauspielerin Brigitte Bardot – in einem der Zimmer hängen. Brenner zuckt die Schulter: „Ja, irgendein Bild hängt da.“

Brenners Brennpunkt: Und täglich grüßt…

Seine Reputation hat sich der 66-Jährige zusammen mit seiner Frau erarbeitet. „Prominentengeil“ sei er nie gewesen“, sagt er und fügt hinzu: „Ich empfinde uns als nix Besonderes“. Auf die alten Zeiten angesprochen, gibt der gelernte Koch zu: „Früher hat die Ofenplatte geglüht, heute ist sie kalt.“ Brenner spricht von seinem alten Kohleofen. Genausogut könnte er aber auch seinen eigenen Unruheherd meinen. Er wirkt müde und so normal, wie er mit seinen Gästen umgeht.

Fast scheint es, als fehle ihm der Schwung, seine Träume und Ideen noch einmal anzupacken. Wie ein geläuterter Bill Murray, der weiß, dass er in einer Zeitschleife festsitzt. Für den jeder Tag genauso beginnt und endet wie der nächste. „Man fängt immer wieder von vorne an“, sagt Brunner.

Und bezieht sich damit gleichzeitig auf seine Zeit im Gemeinderat. „Da wurden Dinge besprochen und einstimmig auf den Weg gebracht. Und wenn es dann soweit war, ging die Diskussion wieder von vorne los.“ Oft sei es nicht um die Sache gegangen, sondern um „persönliche Ressentiments“, so glaubt er.

Die Gastronomie – ein totaler Einschnitt in sein Leben

Was ihn aber am meisten Kraft gekostet habe in all den Jahren, seien die täglichen Verpflichtungen. Früh aufstehen, spät ins Bett gehen und jedes Wochenende und jeden Arbeit präsent sein. Dazu der Druck: „Immer muss alles auf den Punkt fertig sein.“ Darum sei er froh, bald aus dem Tagesgeschäft draußen zu sein.

Überhaupt sei es schwieriger geworden, mit der Gastronomie Geld zu verdienen. Früher kam er mit weniger Mitarbeitern aus. Da haben die Kellner noch Rasen gemäht, und die Lieferanten ließen sich auf den Deal ein, gegen Abnahme ihrer Ware Kartoffeln zu schälen oder Zwetschgen zu entkernen. Zitiert man scherzhaft Schiller, kämen sie heute „mit dem Dolche“ in anderer Absicht.

Mutig den Zeitgeist treffen

„Menschen mit Ideen und Visionen fehlen im Tal“, sagt er. In Bad Wiessee müsste man seiner Meinung nach mit dem Projekt Jodbad junge Leute ansprechen, nicht nur kranke. Dass es in Wiessee schwer sei, Projekte umzusetzen, seit die Kuren weggefallen sind, dafür habe er Verständnis. Dennoch: Den Zeitgeist zu treffen, halte er für wichtig.

Dafür müsse man bereit sein, etwas Neues auszuprobieren und das Besondere zu suchen. Brenner erinnert sich an das Kuramt. „Was hat es für Diskussionen um dessen Auflösung gegeben. Heute ist die Lösung in der Sparkasse für alle am besten.“ Das Jodbad müsse genauso ein Talprojekt werden wie die Wallbergbahn, findet der 66-Jährige.

Brenners Vision

„Das Tal sollte zusammenwachsen.“ In Brenners Vision ziehen alle Talgemeinden an einem Strang und lösen die Dinge gemeinsam. Da gibt es keine fünf Talgemeinden mehr, keine überholten Gemeinderäte, keine getrennten Bahnhöfe und Feuerwehren. Da gibt es Busse ohne feste Station, so wie in der Türkei, Straßen ohne Autos und viele kleine Schiffe, die statt der großen Dampfer über den Tegernsee schippern.

Jupp Brenner erzählt, was er am Tal schätzt und was weniger.

Es war immer Brenners eiserner Wille, nichts von anderen zu kopieren und eigene Ideen umzusetzen. Mit einigen gelang ihm das, mit anderen scheiterte er. Verpufft die Idee eines „Rucksack-Hotels“ für junge Leute mit kleinem Geldbeutel. Geplant genau an der Stelle, wo heute die Tegernsee Villen entstehen, und wo einst sein Elternhaus stand.

Am „Brenner-Park“ knapst er noch heute

Wegen zu großer Feuerschutzauflagen war er damals gezwungen, dort sein Konzept zu ändern. Was nachfolgte, war der Traum eines Wohnparks mit großen Domizilien und Full-Service, diesmal gedacht für Leute mit großem Geldbeutel und dem Wunsch nach Hotelfeeling im Alter. Einziger Haken: die Wohnungen ließen sich nicht verkaufen. „Die Zeit war wohl nicht reif“, mutmaßt der 66-Jährige. Heute bauen andere Luxuswohnungen auf das Areal, und Brenner knabbert sowohl finanziell als auch emotional an der Sache.

Momentan beschäftigt ihn aber eine ganz andere Geschichte: die Nachfolgeregelung. „Die Übergabe eines Betriebes ist mindestens genauso aufwendig wie dessen Aufbau.“ Dass die großen Institutionen im Tal wie das ehemalige Schloßcafé in Tegernsee, der Gasthof Schandl, der Wiesseer Hof oder die Königslinde nicht mehr da sind, hänge seiner Meinung nach einzig und allein mit der gescheiterten Nachfolge zusammen.

Deswegen sei es ihm ein großes Anliegen, sein Lebenswerk Ende des Jahres in gute Hände zu legen. Schließlich stecken nicht nur sein Herzblut, seine Arbeit und seine Zeit darin, sondern auch sein Erspartes. Da Brenner keine Kinder hat, vertraut er auf Maximilian Jäger, den ehemaligen Küchenchef vom Lanserhof. Mit ihm ist Brenner zufrieden. So wie er immer zufrieden gewesen ist.

Viel zu viel Verkehr

Als Kind verbrachte er seine Sommerferien von morgens bis abends am See. Im Winter ging er zu Fuß von Abwinkl aus auf den Sonnenbichl zum Skifahren. „Paradiesische Zeiten“ seien dies gewesen. Und heute?

Im Gegensatz zu früher gebe es viel mehr Verkehr und zu viele Wohnungen, die nicht dauerhaft bewohnt sind, bemängelt er. Dass der Wohnraum immer teurer werde, sei in seinen Augen dagegen normal. „Erstens sind die Zinsen so günstig und zweitens ist das an schönen Plätzen immer so.“ Die Zeiten haben sich eben geändert. So wie sein Essen heute auf einem Induktionsherd brodelt. Und Brenner nur noch kocht, wenn er das Rentnerdasein einmal satt haben sollte.

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