Kanal hin. Kanal her.

Da sitzt die Gemeinde bei ihrer angespannten Haushaltslage seit Jahren auf einem Millionenschatz von einem Hanggrundstück. Dieses hat nur ein Manko: keinen Kanalanschluss. Etwas, das Ort wie Anliegern teuer zu stehen kommen könnte.

Eine Million Euro soll das Hanggrundstück an der
stillgelegten Wasserreserve am Sonnenbichlweg bringen. / Foto: Klaus Wiendl

Der Tagesordnungspunkt zuletzt im Gemeinderat lautete: „Verwertung des Baugrundstücks der alten Wasserreserve am Sonnenbichlweg“. Eigentlich eine klare Sache. Auch die Bäume sind längst gefällt. Beim genaueren Hinsehen aber zeigte sich, dass die Erschließung des Hanggrundstücks „nicht gesichert ist“, wie Bauamtsleiter Helmut Köckeis erklärte.

Zwar umfasse das Areal an der seit 1999 stillgelegten Wasserreserve 3.600 Quadratmeter Grund, doch nur 850 Quadratmeter könnten mit einem Einfamilienhaus versilbert werden. Darauf wäre laut Köckeis ein Gebäude von zehn auf zwölf Metern möglich. Ein genehmigter Antrag auf Vorbescheid liege seit Jahren vor.

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Neun unter einem Hut?

Bei der Erarbeitung entsprechender Kriterien habe sich aber gezeigt, so Köckeis, dass zum „großen Erstaunen aller“ im Sonnenbichlweg kein Schmutzwasserkanal vorhanden sei. „Dieser verläuft über neun Grundstücke, überall dort, wo er nicht sein sollte“. Daher könne die Gemeinde derzeit das Grundstück auch nicht verkaufen, „denn ohne Erschließung ist es nichts wert“. Deshalb müsse die Gemeinde bereit sein, den Schmutzwasserkanal in die öffentliche Verkehrsfläche zu verlegen.

Dies falle allerdings nicht in ihren Zuständigkeitsbereich, sondern in den des Zweckverbandes zur Abwasserbeseitigung. Dieser müsse auch die Modalitäten der Finanzierung klären. Weiter sei noch eine Arrondierung des Grundstücks mit einem Anlieger zu klären. Mit der Verlegung des Kanals in den Sonnenbichlweg könnte dieser laut Köckeis auch gleich mit ausgebaut werden. Die Ausschreibung für die Sanierung von Stützmauern sei bereits erfolgt.

„In einem Aufwasch“

Rolf Neresheimer (ranBW) hielt es für vernünftiger, die Sanierung der Straße mit der Verlegung des Kanals „in einem Aufwasch“ zu machen. Er schlug daher vor, den betroffenen Nutzern des Schmutzwasserkanals einen Verzicht auf das Durchleitungsrecht anzubieten. „Als Gegenleistung sollen sie dafür Geld bekommen“. Dies liege allein in der Zuständigkeit des Abwasserzweckverbandes, entgegnete Köckeis.

Doch er machte auch klar: Wenn nur einer der neun Grundstückseigentümer sich verweigern würde, dann stehe man nach einem monatelangen „Verwaltungsaufwand am Schluss mit leeren Händen da“. Der Sonnenbichlweg, im dem nur die Wasserleitung liege, sei kein Einzelfall. Im Ort würden viele Abwasserkanäle „sehr unorthodox in fremden Grundstücken rumliegen“. Einiges sei inzwischen bereinigt worden.

„Peinliches“ Zahlenmaterial

Kurt Sareiter stellte klar, dass seine CSU-Fraktion gegen einen Beschluss zum Verkauf des Grundstücks stimmen werde, da zuerst die Kosten für den Bau des Kanals bekannt sein müssten. Etwa 80.000 Euro würde die Verlegung des 180 Meter langen Kanals nach Auskunft des Zweckverbandes kosten, erwiderte Thomas Holzapfel vom Bauamt darauf.

Da habe er aber mit 850.000 Euro eine „ganz andere Summe“ vom Bürgermeister gehört, konterte Sareiter. „Bei nur 80.000 Euro Kosten brauchen wir nicht mehr weiterreden“, so Kämmerer Franz Ströbel, denn der Erlös des Grundstücks sei weitaus höher. Zudem könne man Immobilien nicht brachliegen lassen.

„Wir müssen irgendwann auch mal was tun, damit wir unsere vielen Maßnahmen auch finanzieren können“, mahnte Ströbel. Angesichts der genannten Spanne der Kosten von 80.000 bis zu 850.000 Euro sei es „richtig peinlich, welche Zahlen der Gemeinderat erhalte“, beklagte sich Florian Sareiter (CSU). Auf dieser Basis könne er dem Verkauf des Grundstücks nicht zustimmen, da er nicht wisse, „was übrigbleibt“.

Was bleibt von der einen Million fürs Grundstück?

Köckeis „geht davon aus“, dass die neun Grundstückseigentümer zum neuen Kanalanschluss bereit seien. Vielleicht sollte man sich erst kundig machen, riet Georg Erlacher (CSU), „ob überhaupt eine Bereitschaft zum Kanalanschluss besteht“. Es sei üblich, so Köckeis, wenn Versorgungsleitungen neu verlegt würden, die Anlieger daran zu beteiligen.

Einstimmig einigte sich der Gemeinderat schließlich darauf, dass ein Straßenbauingenieur zur Kostenentwicklung der Kanalverlegung mit Sanierung des Sonnenbichlwegs beauftragt werde. Im Haushalt 2019 seien dafür entsprechende Mittel einzustellen. Der Verkauf des Grundstücks solle erfolgen. Dieser müsse aber nach dem Verkehrswert erfolgen, ergänzte Geschäftsleiter Hilmar Danzinger auf Nachfrage von Birgit Trinkl (FWG).

„Über eine Million Euro würde das Grundstück bringen“, so Danzinger. Doch was davon übrigbleibe, hänge von den Straßenbaukosten ab. Etwa 300.000 Euro seien es, war im Gemeinderat zu hören. Fraglich bleibt auch die Bereitschaft der neun Kanalanlieger, sich an den Kosten zu beteiligen. Einen sprach die Tegernseer Stimme. Der meinte lapidar: „Wer anschafft, zahlt“.

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