Kein Heilsbringer für die Energiewende

Zwei große Wasserkraftwerke gibt es im Tal, ausgestattet mit modernster Technik. Doch die Hoffnung auf die Energiewende sind diese Kraftwerke nicht. „Das Potenzial ist ausgeschöpft“, weiß E-Werk Chef Dr. Norbert Kruschwitz. Neue Kraftwerke würden den wirtschaftlichen Rahmen sprengen.

Über eine Fischtreppe können die Fische auf dem Weg zum Laichen das Kraftwerk umgehen.
Über eine Fischtreppe können die Fische auf dem Weg zum Laichen das Kraftwerk in der Weissach umgehen.

Die Energiewende soll auch im Tal voran getrieben werden. Ein Faktor dafür könnte die Wasserkraft sein. Denn bereits jetzt gibt es am Ausfluss des Tegernsee zahlreiche Kleinkraftwerke, die ihre Energie aus den Fluten der Mangfall beziehen.

Zudem hat der Kreuther Siegfried Strillinger das Kraftwerk des ehemaligen Hotels zur Post wieder zum Laufen gebracht und erzeugt jetzt Strom, der für etwa 60 Haushalte reicht. Und das schon seit über 20 Jahren.

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Zwei Kraftwerke, zwei Funktionsweisen

Zweifellos die größten Stromerzeuger aus Wasserkraft sind jedoch die zwei Kraftwerke des E-Werks Tegernsee. Eins steht an der Weissach, dass andere am Söllbach. Beide Kraftwerke sind dabei völlig unterschiedlich konstruiert. „Aber die Technik ist auf dem neuesten Stand“, kann E-Werk-Chef Dr. Norbert Kruschwitz stolz berichten.

In dem Weissach-Kraftwerk kommt eine sogenannte Dive-Turbine zum Einsatz, welche den Bayrischen Umweltpreis gewonnen und 310.000 Euro gekostet hat. Die gesamte Anlage wird vom Wasser umspült, ist also quasi unsichtbar. Dabei sind sowohl Generator als auch Laufrad direkt miteinander verbunden, sodass möglichst wenig Energieverlust entsteht.

Die Turbine sitz in dem Kanal, in welchem das Wasser aus der Weissach in das Kraftwerk geleitet wird. Direkt unter ihr ist ein Loch, in welches das Wasser rund sechs Meter senkrecht nach unten fällt. Die dabei entstehende Sogwirkung treibt die Turbine an. Dabei wird Strom für etwa 290 Haushalte erzeugt.

Dieses Modell zeigt die Funktionsweise der Dive-Turbin im Wasserkraftwerk in der Weissach.
Dieses Modell zeigt die Funktionsweise der Dive-Turbine im Wasserkraftwerk in der Weissach. / Quelle: E-Werk Tegernsee

Als die Turbine im Jahr 2011 installiert wurde, mussten die Verantwortlichen allerdings auch einen ökologischen Ausgleich schaffen, wie es bei jedem neuen Kraftwerk mittlerweile Standard ist. Das Resultat ist eine sogenannte Fischtreppe, die um das Kraftwerk herum führt. Diese ermöglicht den Fischen problemlos in den oberen Lauf der Weissach zu gelangen, wo sie ihre Eier ablegen können. Dazu Kruschwitz:

Diese Maßnahme war notwendig, da ihnen sonst der Weg zu den oberen Laichplätzen verwehrt war. Spätestens bei der Turbine hätten wir Sushi gehabt. Der Bau der Treppe hat uns viel Geld gekostet, aber das sind uns der Tegernsee und seine Fische natürlich Wert.

Das Kraftwerk am Söllbach wiederum funktioniert nach einem gänzlich anderen Prinzip. Hier wird im oberen Lauf des Söllbachs Wasser entnommen und über einen Stollen zum sogenannten „Wasserschloss“ geleitet, was etwa auf Höhe der Söllbachklause liegt. Von dort aus wird das Wasser über ein Druckrohr zum eigentlichen Kraftwerk geleitet.

Auf einer Strecke von 250 Metern überwindet das Wasser einen Höhenunterschied von fast 40 Metern. Es entsteht ein Druck von über vier Bar. Unten angekommen treibt dieses Wasser dann eine Turbine an, die die Energie in Strom für etwa 420 Haushalte umsetzt.

Kein Heilsbringer für die Energiewende

Verantwortlich für die Stromerzeugung ist bei beiden Kraftwerken das Gefälle. Ohne dieses Gefälle ist es laut den Kruschwitz nicht möglich effizient Strom zu erzeugen. Daher bringe es einem Privatmann auch nicht viel, einfach ein Rad in den nahegelegenen Bach zu stellen und einen Dynamo anzuschließen. „Wenn das möglich wäre, hätte ich das bei mir zu Hause schon längst getan. Aber die erzeugte Energie reicht höchstens aus, um eine Energiesparlampe leuchten zu lassen“, so Kruschwitz.

Das ist auch der Grund, warum das Potenzial an Energie aus Wasserkraft im Tal schon nahezu gänzlich ausgeschöpft ist. Die Experten im E-Werk hätten schon verschiedene Standorte durchgerechnet, auch bei einem bekannten Hotel im Tal. Ergebnis: Sie wären wirtschaftlich niemals rentabel. „Die Alten waren damals schon nicht dumm. Sie haben die beiden stärksten Zuflüsse genommen, die wir im Tal haben“, so Kruschwitz.

Allerdings würde sich auch diese Kraftwerke nicht rentieren, müsste das E-Werk sie komplett neu bauen. Aktuell fallen die Wasserkraftwerke unter das Erneuerbare Energien Gesetz. Das bedeutet, dass der Strom aus den beiden Kraftwerke für einen garantierten Preis von 12,7 Cent pro Kilowattstunde verkauft werden kann – und zwar für 20 Jahre.

Der Herr der Wasserkraft: E-Werk-Chef Norbert Kruschwitz ist sich sicher, dass das Potenzial bereits ausgeschöpft ist.
Der Herr der Wasserkraft: E-Werk-Chef Norbert Kruschwitz ist sich sicher, dass das Potenzial bereits ausgeschöpft ist.

„Doch bei den Investitionen für ein neues Kraftwerk würden wir niemals schwarze Zahlen sehen“, meint der E-Werk-Chef. Dennoch sei man froh, dass man diese Kraftwerke habe. Die Wasserkraft sei technisch ausgereift und hätte ihren Platz unter den erneuerbaren Energien. Zudem wäre sie unter ihnen noch die verlässlichste Energiequelle, beispielsweise im Vergleich zur Windkraft.

Allerdings ist die Stromerzeugung trotzdem natürlichen Schwankungen unterworfen. Durch den langen trockenen Sommer im vergangenen Jahr sei beispielsweise weniger Strom erzeugt worden als in anderen Jahren. Generell jedoch ist der Anteil des Stroms, der aus der Wasserkraft generiert wird, sehr gering. „Die Kraftwerke decken etwa 2,5 Prozent des Stromverbrauchs im Tal ab – wenn es gut läuft.“ Der Hauptgrund, warum die Wasserkraft nicht als Heilsbringer für die Energiewende im Tal taugt.

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