Wie die Verantwortlichen betonen, ist das Vorhaben mit dem „Fall Glasl“ jedoch nicht zu vergleichen. Dabei ist das kein Einzelfall: Im Tal verschwinden immer mehr historische Häuser.
„Hier wird ein schönes altes Haus, das weitaus älter ist als der Glasl, ganz heimlich, still und leise zum Abriss vorbereitet. Wie kann das sein?“, fragte ein TS-Leser in einem Kommentar zum Gasthof Glasl am 7. Februar.
Das Haus in der Nördlichen Hauptstraße 88 in Scharling ist ein altehrwürdiges Gebäude. Es steht schon lange. Wie lange, weiß dagegen in der Kreuther Verwaltung keiner mehr so genau. Auch die Eigentümer kennen das genaue Alter nicht mehr. Gibt das Landratsamt Miesbach seinen Segen, wird das Gebäude schon bald abgerissen und muss einem Neubau weichen.
Der Glasl als Bezugspunkt?
Bereits im Fall des Rottacher Gasthofs Glasl hätte ein altes Gebäude eigentlich abgerissen und einer Wohnbebauung weichen sollen. Als das bekannt wurde, regte sich massiver Widerstand, das Landratsamt für Denkmalpflege wurde eingeschaltet. Die Behörde stellte den Glasl schließlich unter Denkmalschutz und verhinderte so den Abriss. Ein Szenario, das auch im Fall des Gästehauses in Scharling denkbar erscheint?
„Nein“, betont Bürgermeister Josef Bierschneider. „Das Haus wurde vor zwei Jahren durch einen Brand stark in Mitleidenschaft gezogen. Vor allem der Innenraum ist betroffen.“ Aus diesem Grund haben sich die Eigentümer nach langer Überlegung dazu entschlossen, das Gebäude komplett abreißen und neu aufbauen zu lassen. Auch der Kreuther Gemeinderat hatte das bereits 2012 abgesegnet. Es bestehe zudem keinerlei Denkmalschutz auf das Haus, so der Kreuther Rathauschef weiter.
Die Pläne zum Neubau liegen im Zuge des üblichen Verfahrens derzeit beim Landratsamt in Miesbach. „Das Verfahren befindet sich in der Vorprüfungsphase. Es soll an derselben Stelle ein Ersatzbau erstellt werden, der in etwa die gleiche Fläche wie das alte Gebäude umfasst“, so Pressesprecherin Gabriele Dorby. Auch sie bestätigt, dass dort keine Denkmalschutzauflagen existieren. Die Situation sei demnach nicht mit der des Glasl vergleichbar.
Wenn Orte ihr Gesicht verlieren
Trotzdem ist dieser Fall eher die Regel als die Ausnahme. In den letzten Monaten und Jahren verschwanden talweit nach und nach einige Gebäude, die zuvor das Ortsbild für sehr lange Zeit mitgeprägt hatten. Ende vergangenen Jahres ereilte dieses Schicksal auch den Grauvogel-Hof in der Rottacher Ludwig-Thoma-Straße.
Das ehemalige Bedienstetenhaus des Klosters Tegernsee wurde abgerissen und musste einem Mehrfamilienhaus weichen. Auch hier waren der Gemeinde die Hände gebunden, da sich das Haus in einem reinen Wohngebiet befand und nicht unter Denkmalschutz stand. Als das Gebäude dann an die Erben überging, wurde das Grundstück samt Haus an einen Bauträger verkauft, der dort nun ein Mehrfamilienhaus mit sieben Wohnungen errichtet.
Für Angela Brogsitter, Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal, ist es eine sehr bedauerliche Entwicklung. „Es ist brutal. So verlieren die Orte ihr Gesicht“, so Brogsitter im Dezember 2012.
Sie plädiert stattdessen für einen Mittelweg, der die Interessen der Eigentümer und das Ortsbild berücksichtigt. „Wir wollen doch auch, dass die Leute ihr Geld bekommen. Aber dafür muss man die Häuser doch nicht immer abreißen“, so Brogsitter. Tatsache ist allerdings auch, dass ein Abriss häufig die einfachere und wirtschaftlich lukrativere Variante für die Eigentümer ist.
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