Keine kostenlose Buskarte für Einheimische

Im Tegernseer Tal ist man vom Gedanken des ticketfreien Nahverkehrs eigentlich nicht sehr weit weg. Schon lange dürfen Touristen die Busse rund um den See mit der Gästekarte nutzen. „Umsonst“ ist das Ganze natürlich nicht.

Die Ticketpreise werden über die Kurabgabe querfinanziert. Viele Talbewohner wünschen sich ein ähnliches Angebot für Einheimische. Aus Sicht der Talbürgermeister ist das allerdings nicht darstellbar.

Mit der TegernseeCard ist das Busfahren für Gäste kostenlos. Für Einheimische gibt es ein solches Angebot nicht.
Mit der TegernseeCard ist das Busfahren für Gäste kostenlos. Für Einheimische gibt es ein solches Angebot nicht.

Zwischen 20.000 und 30.000 Autos fahren in der Spitze pro Tag ins Tegernseer Tal. Um die Straßen zu entlasten, ist die Politik im Tal schon lange vergeblich auf der Suche nach einem einheitlichen Verkehrskonzept. Viele fordern die Ausweitung des Busangebots, um die Nutzung attraktiver zu machen. Denn derzeit fehlt oft die Bereitschaft, die Busse der RVO zu nutzen. Vielen Bewohnern ist das zu teuer, zu umständlich oder zu unkomfortabel.

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Sie wünschen sich daher eine TegernseeCard auch für Einheimische. Der Rottacher Gemeinderat Martin Goldhofer (Freie Wähler) brachte diese Idee vor rund einem Jahr nochmals ins Gespräch und forderte die Talbürgermeister auf, sich in ihrer monatlichen Besprechung des Themas anzunehmen.

Seitdem sind zwölf Monate vergangen. Eine Talkarte gibt es aber bis heute nicht. Und dabei wird es laut Rottachs Bürgermeister Franz Hafner wohl auch bleiben: „Der RVO bietet schon heute vergünstigte Karten für Einheimische an. Ansonsten ist in diese Richtung erstmal nichts geplant“, betont Hafner.

„Der Vergleich hinkt“

Ein Angebot für Einheimische, vergleichbar mit der Gästekarte für Touristen, scheint damit wohl vom Tisch. Vielen sei noch immer nicht bewusst, dass die TegernseeCard über die Kurtaxe querfinanziert werde, so Hafner weiter. Im Jahr 2012 nutzten die Gäste die Karte für den Bus 300.000 Mal. Das verursachte Kosten in Höhe von 450.000 Euro. Diese holten die Gemeinden über den Kurbeitrag wieder rein. Dafür zahlt jeder Urlauber eine Abgabe in Höhe von etwa zwei Euro am Tag.

Für die Talbewohner fallen diese Kosten natürlich nicht an. Wollen die Einheimischen trotzdem kostenlos Bus fahren, müssten dafür die Gemeinden in vollem Umfang aufkommen. „Das ist aber nie zur Debatte gestanden“, erklärt auch der Kreuther Rathauschef Josef Bierschneider. Für Hafner und Bierschneider ist das finanziell einfach nicht zu stemmen. Sie verweisen stattdessen auf das bereits bestehende Angebot des RVO.

Angebot für Einheimische

Unter dem Begriff Bürgerkarte gibt es dort bereits 10er-, Monats- und Jahreskarten. „Im Falle der 10er-Karte kann man an zehn beliebigen Tagen für umgerechnet 3,80 Euro am Tag das Liniennetz zwischen Kreuth-Stuben und Gmund-Kreuzstraße nutzen und ein- und aussteigen so oft man will“, erklärt Dirk Spieß vom RVO. Im Monat kostet das Angebot 82 Euro und im Jahr rund 820 Euro.

Auch Spieß muss allerdings zugeben, dass bislang nur wenige Talbewohner diese Angebote nutzen. Erklären kann er sich das nicht. Andreas Päschel, Betriebsleiter West der RVO, wurde da im November vergangenen Jahres schon konkreter:

Es ist heute wirklich schwierig, Berufstätige für das Busfahren zu begeistern. Jeder hat unterschiedliche Betriebszeiten und will oft wegen zehn Minuten Wartezeit nicht auf sein Auto verzichten.

Auch im Tal hat es Busse speziell für Berufstätige schon einmal gegeben. Für die Schichtarbeiter in den Fabriken in Gmund-Louisenthal wurde ein solcher Service zum Beispiel eingerichtet. Bezahlt hatte diesen die Papierfabrik. Doch auch dieses Angebot habe man wieder eingestellt, weil ihn zu wenige genutzt hätten, erinnert sich Päschel. Obwohl es aufgrund der einheitlichen Anfangs- und Feierabendzeiten eigentlich sinnvoll wäre. Momentan lebt die RVO daher hauptsächlich von Schülern und Touristen. Dazu kommen ein paar ältere Einheimische, die das Angebot regelmäßig nutzen.

Für viele Einheimische wünschen sich eine Takrverdichtung. Doch daraus wird wohl nichts.
Viele Einheimische wünschen sich eine Taktverdichtung. Doch daraus wird wohl nichts.

Über ein verbessertes Serviceangebot, wie elektronische Echtzeitanzeigen an ausgewählten Haltestellen im Tal, will der RVO nun auch bei den Einheimischen punkten. Viele von ihnen führen allerdings auch die unregelmäßigen Fahrzeiten als Grund an, weshalb sie weiterhin hauptsächlich auf ihr eigenes Auto setzen, um flexibel zu sein. „Ich bin terminlich so eingespannt, dass ich es mir nicht leisten kann, auf den Bus zu warten“, sagt auch Bürgermeister Hafner.

Mehr Busse = mehr Fahrgäste?

Mit einer Taktverdichtung könnte zumindest das zweite Argument entkräftet werden. Daraus ergibt sich allerdings ein klassisches Henne-Ei-Problem. Aus Sicht der RVO-Verantwortlichen sind mehr Busse nicht machbar, weil man derzeit zu wenig Fahrgäste hat. „Wir würden gerne im 20-Minuten-Takt fahren. Das ist aber angesichts der derzeitigen Busauslastung einfach nicht bezahlbar“, machte Päschel im November 2013 klar.

An dieser Aussage hat sich bis heute nichts geändert. Im Falle einer Taktverkürzung müsste die RVO erst mal mehr Busse einsetzen und dafür neue Fahrzeuge erwerben. Das kommt für den RVO aus oben genannten Gründen jedoch nicht in Frage. Es gibt dafür schlicht zu wenig Fahrgäste und die bisherigen Einnahmen sind zu gering.

Im Umkehrschluss würde man mit einem verbesserten Takt aber vielleicht mehr Einwohner für das Busfahren begeistern können und so auf lange Sicht auch die entstehenden Mehrkosten wieder reinholen. Die Frage ist nur, wer dafür in Vorleistung geht und das Risiko trägt. Geht der Versuch nach hinten los, entsteht für den RVO ein enormes Defizit, welches der Landkreis ausgleichen müsste – oder die verbliebenen Fahrgäste durch weiter steigende Fahrpreise.

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