Keiner soll seine Gemeindewohnung verlieren

Das Thema „bezahlbarer Wohnraum für Einheimische“ bestimmt derzeit die Politik in Bad Wiessee. Zuletzt stritten sich die Fraktionen im Gemeinderat offen über die weitere Vorgehensweise und eine mögliche Bedarfsermittlung.

Nun hat man aber offenbar wieder zusammengefunden und plant die Gründung eines kommunalen Eigenbetriebs für die 200 gemeindeeigenen Wohnungen. So will man den Bestand in Bad Wiessee auf Vordermann bringen.

Die Vertreter aller Fraktionen erläuterten heute im Rathaus die Pläne, einen komunalen Eigenbetrieb zu gründen
Die Vertreter aller Fraktionen erläuterten heute im Rathaus die Pläne, einen komunalen Eigenbetrieb zu gründen

Bad Wiessee hat derzeit den größten Bestand an Sozialwohnungen im Tal ‒ diese wurden jedoch scheinbar in der Vergangenheit nicht immer optimal genutzt. „Wir brauchen dringend ein wirksames Immobilienmanagement, um Bad Wiessees Flächen besser nutzen zu können“, forderte Fritz Niedermeier (Wiesseer Block) vor knapp zwei Wochen im Gemeinderat.

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Und auch Bürgermeister Peter Höß musste damals eingestehen, dass der Umgang mit dem Bestand in der Vergangenheit teilweise unwirtschaftlich gewesen sei. Doch das soll sich nun ändern.

Eigenbetrieb kann zielgerichteter agieren

Bad Wiessee will einen kommunalen Eigenbetrieb gründen, um seine Liegenschaften effektiver verwalten zu können. „Ein solches Unternehmen kann am Markt viel zielgerichteter agieren als eine Kommune“, betonte Gemeinderat Rainer Kathan (CSU) heute auf einer Pressekonferenz im Wiesseer Rathaus. Dort gab es zwischen den in den letzten Wochen nicht immer einträchtigen Fraktionen des Wiesseer Gemeinderates heute einen demonstrativen Schulterschluss.

Neben Bürgermeister Peter Höß und Fritz Niedermaier (beide Wiesseer Block) sowie den CSU-Räten Rainer Kathan und Herbert Stadler war auch der Zweite Bürgermeister Robert Huber von der SPD anwesend. Die fünf bilden zusammen mit Thomas Lange vom Wiesseer Wohnungs- und Liegenschaftsamt eine Arbeitsgruppe zum Thema „bezahlbares Wohnen“. „Ich bin allen Beteiligten sehr dankbar. Wir arbeiten hier zusammen, um für die Wiesseer Bürger etwas zu erreichen“, betonte Höß.

Ein Ende mit dem Flickwerk

Der Wiesseer Wohnungsbestand ist in die Jahre gekommen und muss daher nach und nach saniert werden. Betroffen sind etwa 200 gemeindeeigene Wohnungen, zu denen etwa 100 Wohnungen der Baugenossenschaft Lenggries dazukommen. Letztere sind derzeit in einem wesentlich besseren baulichen Zustand als die Gemeindewohnungen. Hier habe man in der Vergangenheit viel zu viel Flickwerk betrieben, anstatt ein durchgängiges Konzept zu verfolgen, so Robert Huber. Dabei würden die Mieteinnahmen der Wiesseer Wohnungen nicht zielgerichtet wieder in die stetige Sanierung der eigenen Objekte investiert werden.

Unter der Führung des kommunalen Eigenbetriebes soll das nun anders werden. Wie das konkret aussehen soll, darüber lassen sich die Verantwortlichen gerade beraten. Robert Huber, selber Aufsichtsratsvorsitzender der Lenggrieser Baugenossenschaft, soll aber die Führung übernehmen und seine jahrelange Erfahrung einbringen. Die Verwaltung, so der SPD-Gemeinderat, sei eine rechtlich sehr komplexe Angelegenheit. Sie wird aber wohl ähnlich aufgebaut sein wie die Tegernseer Kur- und Versorgungsbetriebe (TKV) ‒ der nicht unumstrittene Eigenbetrieb der Stadt Tegernsee.

Wohnungen in Wiessee
Die gemeindeeigenen Wohnungen in Wiessee sollen besser genutzt werden

Mit in den kommunalen Eigenbetrieb eingliedert werden sollen die gemeindlichen Wohnungen und Grundstücke, aber wohl auch das Hotel zur Post und der Bauhof. Nicht dabei sind Liegenschaften wie der Badepark sowie das Jod- und Schwefelbad.

Zum einem sind diese beiden Anwesen in dem Konzept der „Therme Bad Wiessee“ enthalten. Zum anderen sind beide momentan höchst defizitär. So weist alleine der Badepark derzeit einen jährlichen Verlust von 800.000 Euro aus. „Es wäre töricht, diese mit in den neuen Eigenbetrieb zu integrieren, da dieser dann schnell wieder pleite gehen würde“, so Höß.

Zielgröße: 6,50 Euro pro Quadratmeter?

Da die Finanzlage der Gemeinde derzeit insgesamt angespannt ist, kann es sich Bad Wiessee außerdem nicht leisten, den Eigenbetrieb finanziell zu unterstützen. „Das Unternehmen muss sich langfristig wirtschaftlich selbst tragen“, machte Robert Huber deutlich.

Aus diesem Grund sind alle Beteiligten auch gegen einen Schnellschuss und dafür, die genaue Konzeption des kommunalen Unternehmens in Ruhe zu planen. Auch Experten von außen sollen dabei helfen. Dann muss auch noch der Gemeinderat dem Ansinnen zustimmen. Ob dies aber in der aktuellen Legislaturperiode noch der Fall sein wird, ließen alle Beteiligten heute offen.

Auch das Anwesen in der Dr. Scheidsraße 27 ist im Besitz der Gemeinde
Auch das Anwesen in der Dr. Scheidstraße 27 ist im Besitz der Gemeinde

In der Zwischenzeit will man in Bad Wiessee den Weg der letzten zwei Jahre weiter vorangehen und den teils maroden Wohnungsbestand auf Vordermann bringen. Während der Sanierung der Wohnungen sollen die Bewohner unter anderem in Ferienwohnungen untergebracht werden. Das sei ein logistischer Kraftakt, der durch den neuen Eigenbetrieb dann auch noch besser organisiert werden könnte, so Huber weiter.

Eines stellte er aber gleichzeitig klar: „Keiner wird bei uns seine Wohnung verlieren.“ Und Rainer Kathan ergänzte, dass er auch weiterhin an einem günstigen Quadratmeterpreis festhalten werde. Und das könnte sich an den Mietpreisen der Baugenossenschaft orientieren. Diese, so Huber, biete ihre Wohnungen zu einem Quadratmeterpreis von 6,50 Euro an.

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