In wenigen Wochen dürfen die ersten Krippenkinder in den schmucken Neubau des Kita-Zentrums Bad Wiessee tappen. Kann Bad Wiessee Kosten und das Wohl der Kinder im Auge behalten? Bürgermeister Robert Kühn (SPD) ist davon überzeugt.
Robert Kühn, der 41-jährige Bürgermeister, ist eine bekannte Figur im Ort. Sein auffällig gefärbter Smart, liebevoll “Keksdose” genannt, ist ein vertrauter Anblick für die Eltern, die ihre Kinder abholen. Gern und oft zeigt der Politiker, wie es in Bad Wiessee vorangeht. Im Fasching ging er schon einmal als Bob der Baumeister. Zumindest Inszenierung kann Kühn.
Gasthof zur Post
In der Ortsmitte wird gerade der Tiefbau für den neuen Gasthof zur Post fertiggestellt. An der Hagngasse steht der Bau neuer Gemeindewohnungen an. Dazu kommen private Baustellen wie die Ortsmitte oder das Seegut. Und hier, in fast direkter Nachbarschaft zum Bussi Baby, lässt der Bürgermeister und seine Verwaltung ein zwölf Millionen Euro teuren Kita-Neubau entstehen. Ein Steinwurf entfernt, wächst am Löblweg ein Hospiz in die Höhe – das gesamte Leben auf einem Quadratkilometer.
160 Betreuungsplätze: 100 im Kindergarten, 60 in der Krippe
Kühn führt mit sichtlichem Stolz durch die Räume und vergiss dabei nicht Handwerker und Erzieherinnen zu grüßen. 160 Betreuungsplätze – 100 für Kindergarten-, 60 für Krippenkinder. Für die Kleinsten ist das Erdgeschoss reserviert, das Gesetz verbietet aus Brandschutzgründen die Betreuung in der ersten Etage.
Dort werden die Größeren beheimatet sein. Eine Rutsche wurde neben der Treppe installiert. Kein teureres Gimmick, sondern auch pure Vernunft. Robert Kühn erklärt: “Diese Rutschen dienen als zweiter Rettungsweg bei einem Notfall. Die Kinder nutzen sie im Alltag spielerisch und sind so im Zweifel an die Nutzung gewöhnt.”
Spiel,- Schlaf-, und Speiseräume bekommen gerade noch den letzten Schliff. Am Freitag, also in drei Tagen ,zieht die Krippe ein: „Die Betreuung wird dann in zwei Gruppen am 13. Mai starten“, so Kühn.
Einheitliche Gebühren fürs Tal
Und was kostet es? Im Tegernseer Tal, so haben es jüngst die Bürgermeister entschieden, sollen einheitliche Kita- und Hortgebühren gelten und das unabhängig vom Träger.
Es ist Kühns Lieblingsprojekt, weil es, wie er sagt, so viele gute neue Dinge miteinander verbindet. Zum einen wird neben der Kinderbetreuung auch wieder neuer, bezahlbarer Wohnraum geschaffen. So finden sich im Dachgeschoss insgesamt neun Wohnungen für Personal. Quadratmeterpreis? Zwölf Euro und 50 Cent.
“Aber zum einen ist die Qualität der Wohnungen erstklassig und modern, einige haben einen Seeblick, zum anderen bieten sie arbeitsplatznahe Vorteile für das dringend gesuchte und benötigte Personal.” Verschwinden sollen dann die provisorischen Container im Süden des Gebäudes, hier ist aktuell noch die Krippe untergebracht. In den nächsten Wochen sollen dann die Außenarbeiten für den Spielplatz der Kindergartenkinder beginnen.
Wer durch die neuen Räume geht, bleibt unweigerlich an der Zweckmäßigkeit hängen: Hier wurden keine architektonischen Träume verwirklicht, sondern sehr funktional – mit hochwertigen Baustoffen – geplant und gebaut. Die Kita soll ja “idealerweise mindestens die nächsten 30 Jahre ‘funktionieren'”, wünscht sich Kühn.
Kosten der Kinderbetreuung:
Von September 2025 gelten dann talweit im Kindergartenbereich folgende Sätze:
Für drei bis vier Stunden ein Satz von 139 Euro, 155 Euro bei vier bis fünf Stunden. 171 bei fünf bis sechs Stunden, 187 Euro bei sechs bis sieben Stunden. Von sieben bis acht Stunden werden 203 Euro fällig und bei acht bis neun Stunden 219 Euro.
Für den Hort gelten, ab dem 1. September 2025 folgende Sätze: 85 Euro für ein bis zwei Stunden, 96 Euro für zwei bis drei, 107 Euro für drei bis vier Stunden, 118 Euro für vier bis fünf Stunden, 129 Euro für fünf bis sechs Stunden, 140 Euro für sechs bis sieben Stunden und 151 Euro für sieben bis acht Stunden.
“Im September wird es einen Tag der offenen Tür für alle Bürger geben”, verspricht er. “Die Bürgerinnen und Bürger sollen sehen, wie sinnvoll und dennoch ohne Verschwendung ihre Steuergelder eingesetzt werden.” Ob bis dahin dei komplette Gruppen-Kapazität erfüllt wird, scheint wohl noch unklar.
Bad Wiessee: Spitzenreiter der Veränderung?
Keine Gemeinde im Tegernseer Tal verändert sich gerade so nachhaltig und von Grund auf. Lange Jahre hatten sich Gäste und Bewohnerinnen über den Stillstand im Ort beschwert. Nichts bewege sich, alles sei aus der Zeit gefallen, den neuen Anforderungen der kommunalen Daseinsvorsorge nicht mehr gewachsen. Und immer nahm man die Streitereien im Gemeinderat wahr.
Das hat sich auf wundersame Weise mit dem neuen Gremium verändert – maßgeblich. Das Kita-Zentrum wie auch der Umbau des Gasthofs zur Post ist keine Kühn-Egoshow, sondern, das betonen die Fraktionssprecher immer wieder, das Ergebnis eines konstruktiven und in die Zukunft denkenden und planenden Gemeinderats.
Wer soll es denn machen?
Der Kindergarten wird vom Katholischen Kindertagesstättenverbund und die Krippe soll von der evangelischen Kirchengemeinde übernommen werden. Wäre eine private, nicht konfessionsgebundene Lösung wie in Gmund-Louisenthal auch denkbar?
Kühn antwortet darauf, dass man als Kommune immer verpflichtet sei, für Eltern und den gemeindlichen Haushalt die beste Lösung zu finden. Ob sich die Rahmenbedingungen noch ändern werden, steht also in den Sternen. Jetzt freut sich der Bürgermeister erstmal über die Gegenwart: Das Kita-Zentrum wird wie geplant fertig und viele Firmen aus dem Ort, wie aus dem Oberland, haben Aufträge erhalten. Eine Gretchenfrage wird auch Kühn umtreiben: Räume sind schön, aber wer betreut die Racker? Denn der Personal-Engpass ist überall groß und zum Teil gibt es zwischen den Gemeinden und auch den privaten Betreibern ein regelrechtes Bieten für Erzieher und Erzieherinnen. Einfaches Verwahren war gestern. Eltern und Gesetzgeber verlangen pädagogische Ausbildungen. Das bereitet jedem Träger Kopfzerbrechen.
Aber der Etat wird komplett eingehalten, verspricht Kühn und wechselt schnell das Thema. Im Tegernseer Tal, wie auch im Landkreis ein Alleinstellungsmerkmal: In Holzkirchen steigen die Kosten für den Bauhof dort von geplanten 20 auf 27 Millionen, der dortige Mittelschul-Neubau wird fast doppelt so teuer wie geplant. Und dann ist da natürlich die andere Seeseite mit einem neuen Feuerwehrhaus. 2015 war es mit 6,2 Millionen Euro geplant, in diesem Jahr soll es endlich fertiggestellt werden. Kosten derzeit: 16 Millionen Euro.
Bis jetzt läuft es für den jungen Bürgermeister und dem Wiesseer Gemeinderat. Aber Streit ist im Tegernseer Tal so sicher wie der späte Schnee im April…
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