Neutralität um jeden Preis?

Aktualisierung vom 10. Februar / 12:09 Uhr
Eigentlich hätte sie heute stattfinden sollen: die Sondersitzung des Gemeinderats zum Thema Sportzentrum. Bis auf weiteres ist sie jetzt vertagt, dabei findet schon am 22. März der Bürgerentscheid statt. Der Bürgermeister hat sich den Maulkorb verordnet – das ärgert die Gemeinderäte.

Wie geht es zukünfig in Otterfing "sportlich" weiter? Der Bürgerentscheid findet im März statt. Quelle: Thomas Rychly
Wie geht es zukünfig in Otterfing “sportlich” weiter? Der Bürgerentscheid findet im März statt. Quelle: Thomas Rychly

Unverständnis und Verärgerung machen sich breit. Nachdem einige Gemeinderäte schon vergangenes Jahr fraktionsübergreifend einen Fragenkatalog zum Thema Sportzentrum in Otterfing erarbeitet hatten, sollten sie heute eigentlich ihre Antworten erhalten. So hatte es der Gemeinderat einstimmig beschlossen. Die angesetzte Sondersitzung in der Schulaula sollte ihnen noch einmal Aufschluss über das Für und Wider zu den unterschiedlichen Sportstättenkonzepten geben und Transparenz schaffen.

Seit letzten Donnerstag ist klar: die von vielen gewünschte Sondersitzung wird nicht stattfinden. Die Gemeindeverwaltung beruft sich dabei auf die Empfehlungen des Landratsamts und des bayerischen Gemeindetags. Vor dem Bürgerentscheid wollen die Verantwortlichen völlig neutral bleiben, so geben sie die Antworten auf den Fragenkatalog erst im Nachhinein heraus. Seitdem hat sich auch Bürgermeister Jakob Eglseder (CSU) selbst den Maulkorb verordnet.

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Demokratische Spielregeln befolgen

Für einige enttäuschte Gemeinderäte und Bürger eine faule Ausrede. Für sie drückt sich die Gemeindeverwaltung inklusive Bürgermeister vor ihren amtlichen Pflichten. In einer Pressemitteilung machen neun Gemeinderäte, die sich um Antworten betrogen fühlen, ihrem Ärger Luft:

Warum verweigert der Bürgermeister eine Pflichtaufgabe, obwohl er problemlos sachliche Antworten auch schriftlich geben könnte?

Werden hier „ausschlaggebende Grundsatzinformationen“ bewusst zurückgehalten, die für die „Meinungsbildung der Bürger im Rahmen des Bürgerentscheids zwingend notwendig“ wären, stellt sich den Kritikern die Frage. Die zweite Bürgermeisterin Ulrike Stockmeier (FW) und acht weitere Räte fordern Eglseder eindringlich dazu auf, die 26 Fragen doch noch vor dem Bürgerentscheid zu beantworten.

Für „Transparenz in der Gemeinderatsarbeit“ und um „demokratischen Spielregeln“ gerecht zu werden, rechtfertigen sie ihre Forderung in der Pressemitteilung. Eigeninitiative seitens der wahlberechtigten Otterfinger scheint jetzt gefragt. Wer Internetzugang hat darf sich glücklich schätzen. Auf der Webseite der Befürworter des neuen Standorts für das Otterfinger Sportzentrum an der Kreuzstraße kann man sich informieren.

Auch die Initiatoren des Bürgerentscheids stellen online Informationen zur Verfügung. Sie fühlen sich wohl ähnlich von ihren Bürgervertretern im Stich gelassen. Deswegen sind sie gerade dabei, selbst einen Fragen-Antworten-Katalog zu erstellen. Bis zum 22. März müssen die Otterfinger Bürger ihre Hausaufgaben machen, um zu wissen, wo sie dann ihr Kreuz setzen. Weitere Informationen wird das Rathaus wohl bis dahin aus „juristischen Gründen“ nicht herausgeben.

Ursprünglicher Artikel vom 05. Februar mit der Überschrift: Kommunalaufsicht rügt Eglseder
Am 22. März werden die Otterfinger im Rahmen eines Bürgerentscheides über das Sportzentrum entscheiden. Bis dahin wollen Befürworter und Gegner die Bürger über das Für und Wider des Projektes informieren. Eine geplante Sondersitzung des Gemeinderates am 10. Februar muss allerdings entfallen. Der Bürgermeister hat gegen die geltendes Recht verstoßen.

Die Pläne rund um das neue Sportzentrum sorgen in Otterfing für geteilte Meinungen.
Am 22. März findet ein Bürgerentscheid zum Otterfinger Sportzentrum statt. Im Vorfeld gibt es Ärger.

Am 24. November 2014 hatten Otterfinger Gemeinderäte einen Fragenkatalog rund um das geplante Sportzentrum eingereicht. Diese sollten in einer öffentlichen Sondersitzung am 10. Februar beantwortet werden.

Doch seit Wochen befasst sich die Kommunalaufsicht des Landratsamtes mit dem Thema. Sie musste entscheiden, ob eine solche Sitzung des Gemeinderates noch vor dem Bürgerentscheid am 22. März mit der Bayerischen Gemeindeordnung vereinbar ist.

Kommunalaufsicht kommt zu klarem Ergebnis

Jetzt liegt das Ergebnis der Prüfung vor. Die Rechtsaufsicht des Landratsamtes hat die Beantwortung des Fragenkatalogs zwar nicht „abgelehnt“. Vielmehr wurden der Gemeinde Otterfing verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, wie mit dem Fragenkatalog unter Wahrung der rechtlichen Gegebenheiten umgegangen werden könnte. Heute hat sich Bürgermeister Jakob Egseder zu dem Ergebnis geäußert:

Nach Rücksprache mit den zuständigen Juristen des Gemeindetages und der Kommunalaufsicht des Landratsamtes wird die Sitzung am 10. Februar verschoben.

Die Gemeinde ist nach dem Gesetz bei dem Bürgerentscheid zur Sachlichkeit und Neutralität verpflichtet. Eine Verletzung dieses Gebots könnte die Wiederholung der Abstimmung und eine Ungültigkeit des Bürgerentscheides zur Folge haben. Daher werde man die Fragen zum Sportzentrum erst nach dem Bürgerentscheid beantworten, so Eglseder weiter.

Die in Artikel 18 a Absatz 15 der Gemeindeordnung verankerte Regelung über Information, Werbung und Gleichbehandlung bei Durchführung von Bürgerbegehren ist ein Ausdruck des allgemeinen Sachlichkeitsgebotes. Das gilt auch für eine vom Bürgermeister einberufene Sondersitzung.

„Die Gemeinde und somit auch der Bürgermeister tragen während der Veranstaltung die Verantwortung für die Durchführung und die Kontrolle von Bürgerbegehren, also auch dafür, dass das Sachlichkeitsprinzip von allen offiziell mitwirkenden Personen und Mandatsträgern zu jeder Zeit gewahrt bleibt“, betont der Sprecher des Landratsamtes Gerhard Brandl.

Kritik am Bürgermeister

Auch an Jakob Egelseders Aussagen in der Januar Ausgabe des Otterfinger Gemeindeblattes übt die Kommunalaufsicht Kritik. Dort hatte der Bürgermeister im Vorwort unter anderem betont:

Sie alle bitte ich – informieren Sie sich ausführlich! Gerne stehe ich Ihnen dafür auch persönlich zur Verfügung. Lernen wir aus den Erfahrungen der Vergangenheit und entscheiden wir gemeinsam für eine positive Zukunft unserer Vereine, Organisationen und vor allem unserer Kinder. Ihr Bürgermeister.

Die Kommunalaufsicht sieht darin einen Verstoß gegen den Artikel 18 der Bayerischen Gemeindeordnung. Dazu der Sprecher des Landratsamtes auf Anfrage:

Herr Eglseder hätte in der amtlichen Publikation seine private Meinung nicht zum Ausdruck bringen dürfen.

Auf Nachfrage der Holzkichner Stimme gibt sich der Bürgermeister von dieser Einschätzung überrascht. „Ich nehme das zur Kenntnis. Es war mir bislang nicht bekannt, dass ich im Rahmen des Vorwortes meine persönliche Meinung zu diesem Thema nicht äußern darf,” so Eglseder weiter.

Links: 3. BM Karl Einwanger    Grüne Mitte Jakob Eglseder Rechts: Ulrike Stockmeir 2BM     Freie Wähler
Jakob Eglseder (Mitte) im Kreis seiner Stellvertreter Karl Einwanger und Ulrike Stockmeir / Archivbild

Die Vertreter des Bürgerbegehrens könnten als Folge des Verstoßes nun vom Bürgermeister verlangen, dass dessen Darstellung korrigiert oder eine korrekte Darstellung von FÜR und Wider zur Sachfrage vorgenommen wird. Hertha Böhner, eine der Initiatoren des Bürgerbegehrens zum Otterfinger Sportzentrum erklärt: „Wir wünschen uns eine Richtigstellung. Die persönliche Meinungsäußerung des Bürgermeisters im Vorwort des Gemeindeblattes hat uns geärgert.”

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