Nachdem gestern die BEG die Bayerische Oberlandbahn als „Sorgenkind“ bezeichnet hat und mit Sanktionen droht, meldet sich heute der frühere BOB-Geschäftsführer Heino Seeger zu Wort.
Aus seiner Sicht war die Misere der BOB vorhersehbar. Zu viele Veränderungen seien auf einmal angegangen worden. Außerdem seien die aktuellen Züge gar nicht dafür geeignet, in Richtung Tegernsee zu verkehren.
Denn die Talentzüge, die derzeit im Einsatz sind, seien nicht die gleichen wie noch vor dem Fahrplanwechsel im Dezember, so Seeger auf Nachfrage. Diese sind für das schnelle Trennen und Zusammenschließen der Züge nicht geeignet und müssten erst aufwendig nachgerüstet werden. Vor allem in Schaftlach führe das regelmäßig zu Problemen. „Wir haben noch Glück gehabt, dass es in diesem Jahr so einen milden Winter gab. Sonst hätte es eine Katastrophe gegeben.“
Die Entscheidung dafür, die Talente einzusetzen, sei rein renditegetrieben in der Veolia-Zentrale in Berlin getroffen worden. „Ausbaden müssen das jetzt die Mitarbeiter und der neue Geschäftsführer, die gar nichts dafür können“, so der Ex-Chef. Es handele sich dabei um ältere Züge, die früher in Mecklenburg-Vorpommern im Einsatz gewesen seien. Das schnelle Kuppeln und Flügeln beherrschten diese laut Seeger gar nicht richtig. „Zumindest nicht so oft und reibungslos, wie es hier im Oberland nötig wäre. Aber das ist seit Jahren bekannt.“ Der technische Aufwand, um diese Züge nun nachträglich fit für die hiesigen Strecken zu machen, sei immens.
„Das tut in der Seele weh“
Außerdem ärgert es ihn, dass man die Tickets nicht mehr entwerten könne, so wie es bis Dezember 2013 noch möglich und von den Kunden oft auch gefordert war. Die Prozesse nun kann Seeger nicht nachvollziehen, auch wenn er sich als Außenstehender eigentlich keine Kritik erlauben will. Der 59-Jährige wurde im Dezember 2012 als Geschäftsführer der BOB freigestellt. Damals hagelte es heftige Kritik der Tal-Bürgermeister an der Entscheidung des BOB-Mutterkonzerns Veolia.
Mittlerweile ist Seeger Geschäftsführer der Tegernsee Bahn, die die Gleise zwischen Schaftlach und Tegernsee sowie die beiden Bahnhöfe in Gmund und Tegernsee betreibt. Die aktuellen Probleme der BOB lassen den früheren Chef allerdings nicht kalt, wie er erklärt: „Das tut in der Seele weh.“ Die ganze Aufbauarbeit der früheren Jahre, vor allem zwischen 2000 und 2002, werde durch die Entscheidungen von Vorständen, die keine Ahnung vom Produkt haben, kaputt gemacht.
Ursprünglicher Artikel vom 02. April 2014 mit der Überschrift „Kontrolleure prüfen Strafen gegen BOB“
„Seit Wochen mahnt die BEG die Lösung der Probleme an und fordert umgehende Verbesserungen“, heißt es in einer aktuellen Meldung der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG). Die Bayerische Oberlandbahn (BOB) habe sich mittlerweile zum Sorgenkind entwickelt.
Aufgrund der massiven Beschwerden kündigte die BEG nun an, zusätzliche Strafen zu prüfen, sollten die BOB-Verantwortlichen ihren vertraglichen Verpflichtungen auch weiterhin nicht nachkommen.
Schon länger plagen die BOB Probleme. Im halbjährlichen Qualitätsranking der BEG belegte der Zugbetreiber aus dem Oberland zuletzt nur den drittletzten Platz. Auch sperrte die BOB vor Kurzem ihren Facebook-Account. Zudem kam es zuletzt aufgrund eines Softwareproblems zu überhöhten Preisen an den Fahrkartenautomaten.
Und auch an der Pünktlichkeit der Züge hapert es immer wieder. Mit 90,7 Prozent im Januar und 88,6 Prozent im Februar habe die BOB Anfang dieses Jahres weit unterdurchschnittliche Pünktlichkeitswerte erreicht, wie BEG-Geschäftsführer Johann Niggl heute erklärt.
Massive Beschwerden
Seit Dezember 2013 gingen bei der BEG, die den Regional- und S-Bahn-Verkehr in Bayern plant, finanziert und kontrolliert, massive Beschwerden zur Betriebslage im Oberlandnetz ein, heißt es in der aktuellen Meldung weiter. Eine Tatsache, die die Kontrolleure nicht gerne sehen:
Die Entwicklung der letzten Monate stellt uns keineswegs zufrieden. Die BOB hat sich von einem zuverlässigen Partner zum aktuellen Sorgenkind im bayerischen Regionalverkehr entwickelt.
Daher hat die BEG die BOB-Geschäftsführung um Kai Müller-Eberstein heute erneut zu einer Gesprächsrunde einbestellt und die BOB aufgefordert, die aktuellen Betriebsprobleme „kurzfristig und nachhaltig zu lösen“. Bereits zuvor habe man angemahnt, dass Verbesserungen umgehend einzuleiten seien.
Eine nachhaltige Verbesserung sei aber bis dato nicht erkennbar, wie Niggl weiter erklärt: „Es kann nicht sein, dass die zum Fahrplanwechsel von uns bestellten Verbesserungen nicht bei den Fahrgästen ankommen. Wir erwarten, dass die BOB wieder das Niveau der vergangenen Jahre erreicht.“
Zusätzliche Strafen möglich
Verantwortlich für die Probleme sind in erste Linie die in der Vergangenheit zahlreich aufgetretenen Fahrzeugstörungen. Hier gelobte die BOB aber bereits Besserung. „Wir waren in den letzten Wochen dabei, die Züge zu überarbeiten. Diese Überarbeitung ist bis jetzt aber noch nicht bei allen Zügen abgeschlossen“, erklärt die Sprecherin des Unternehmens Gabriela Wischeropp.
Zudem möchten die Verantwortlichen die Menüführung bei den Fahrkarten-Automaten schnellstmöglich überarbeiten. Wischeropp wirbt allerdings auch um Verständnis. Durch den dichten Fahrplan seit der Umstellung im Dezember sei es schwierig, die einmal verlorene Zeit wieder aufzuholen. „Das zieht sich manchmal über den ganzen Tag.“
Sollten sich diese Maßnahmen jedoch nicht schnell bewähren, droht der BOB zusätzlicher Ärger mit den Kontrolleuren von der BEG. Denn diese kündigte für den Fall bereits an, zusätzliche Sanktionen zu prüfen, die über die vertraglich vereinbarten Strafen hinausgehen. Bei der BOB ist man allerdings zuversichtlich, dass durch die jetzt eingeleiteten Maßnahmen sich für die Kunden wieder eine erhebliche Qualitätsverbesserung einstellen wird. „Im März konnten wir schon wieder einen deutlichen Trend nach oben erkennen“, so Wischeropp abschließend.
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