Darum gehört das Kreuz im Gerichtssaal weg

Im Prozess gegen einen 21-jährigen Asylbewerber ließ Richter Klaus-Jürgen Schmid vom Miesbacher Amtsgericht das Kreuz im Gerichtssaal abnehmen. Und auch während der gestrigen Verhandlung war es nicht an der Wand zu sehen.

Künftig wird wohl kein Kreuz mehr im Miesbacher Amtsgericht hängen.

Der Gerichtssaal im Miesbacher Amtsgericht war am Donnerstagvormittag mit Schülern der Holzkirchner Fachoberschule gefüllt. Hautnah sollten die Jugendlichen miterleben, wie so ein Prozesstag abläuft. Wie berichtet stand gestern ein 53-jähriger Mann aus Rottach-Egern vor Gericht, der nach einer Waffenrazzia am Tegernsee wegen illegalen Waffenbesitzes angeklagt wurde.

Während der Angeklagte mit geneigtem Kopf auf den Richter Klaus-Jürgen Schmid wartete, tauchte dieser auf, griff hinter den Richtertisch und nahm das vor ein paar Tagen abgehängte Kreuz mit nach draußen. Wie sich später herausstellte, musste er dem BR Rede und Antwort stehen,´warum er in einem Verfahren gegen einen 21-jährigen Asylbewerber aus Afghanistan das Kreuz aus dem Gerichtssaal entfernt hatte.

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Warum der Richter das Kreuz abhing

Angeklagt wurde der Asylbewerber – ein Taliban – weil er einem Landsmann wegen seines Glaubens zum Christentum mit dem Tode gedroht hatte. Schmid hatte das Kreuz vor der Verhandlung selbst von der Wand genommen. Diesen Schritt begründete er damit, dass es ein neues Gesetz gebe, dass es Richtern verbiete, religiöse Zeichen wie beispielsweise eine Kette mit Kreuz-Anhänger sichtbar am Körper zu tragen.

Nachdem der Prozess einen religiösen Bezug hatte, habe er es für richtig gehalten, so Schmid gegenüber dem BR, das Kreuz abzuhängen. Zumal religiöse Symbole im Gerichtssaal grundsätzlich nicht vorgeschrieben seien. Womit er laut bayerischer Justiz recht hat. Dem Angeklagten habe er damit verdeutlichen wollen, dass das Verfahren von religiösen Absichten und Überzeugungen völlig unabhängig sei.

Kreuz bleibt unten

Dem jungen Mann habe er mit Abnahme des Kreuzes beibringen wollen, so äußerte er gestern im Interview mit dem BR, dass zwischen Christen und Islamisten kein Dschihad, also kein Kampf, bestehe. Deshalb habe er sich dazu entschlossen, ihn nicht unter dem sichtbaren Kreuz zu verurteilen.

Schmid erhielt daraufhin wütende Anrufe im Amtsgericht Miesbach. Er hätte eine „komplett nutzlose und kontraproduktive Aktion abgeliefert“, indem er ein „kulturell-religiöses Hoheitssymbol“ abgenommen habe. Einer schrieb:

Das Blut, was durch die Hände des Angeklagten vergossen wird, wird zum Teil Ihnen zuzuschreiben sein.

Der Schreiber verkenne völlig, so Schmids Reaktion, dass der 21-Jährige die Höchststrafe von ihm bekommen habe. Die Staatsanwaltschaft hätte weit weniger beantragt. Jetzt will Schmid das Kreuz gar nicht mehr aufhängen.

Nachdem das bayerische Richtergesetz dahingehend geändert worden sei, dass weder Kreuz noch Kopftuch offen von Richtern in Verhandlungen getragen werden sollen, halte er es auch „nicht für richtig, dass religiöse Symbole in den Gerichtssälen hängen“, so Schmid im BR. Eine Debatte wolle er damit nicht anstoßen. Er wolle nur betonen, dass die „Justiz unabhängig von Religionen“ sei.

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