Kritik mit Tourette-Charakter

“Ein Kritiker ist eine Henne, die gackert, wenn andere legen.” Herumnörgeln statt Handeln. TS-Kommentator Martin Calsow über unsachliche Kommentare, Kritik und Schaum vorm Mund – speziell wenn es um Bad Wiessee geht.

Die Kurve zu kriegen ist nicht immer leicht.
Die Kurve zu kriegen ist nicht immer leicht.

Ein Kommentar von Martin Calsow:
Von der Freihausstraße in den Lindenplatz. So eine Einfahrt ist schon ein Aufreger-Thema für einige Wiesseer. Da werden Videos vom CSU-Vorsitzenden Florian Sareiter über missglückte Fahrversuche in Umlauf gebracht, da soll vom Bürgermeister geprüft werden, ob ein Leopard 2 einbiegen kann oder ein Windrad-Schwertransporter die Kurve kriegt.

Kommt der wirklich rum, wenn einer auf der Linksabbiegerspur steht? Was sagt Google Earth dazu? Liegt die Fußgängerquerung eventuell zu nahe an der Kreuzung oder haben einfach zu viele Männer an der Westbank kein anderes Hobby, als jede Regung aus dem Rathaus mit wenig Zurückhaltung, dafür aber umso mehr Polemik zu kommentieren?

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Das Herumnörgeln an wirklich jeder Äußerung und Arbeit der Wiesseer Mandatsträger hat schon mittlerweile Tourette-Charakter. Höß oder Hermann machen etwas? Schnell mit Dreck werfen. Goldbarren lassen sich so schlecht schmeißen. Zuweilen bleiben jedoch Qualität und Sachlichkeit, mitunter auch die Logik, auf der Strecke.

Neujahrswunsch: Sachliche Kritik statt Häme

Wenn dann die SPD zu einem Infoabend einlädt, bleibt manch anonymer Kommentator lieber daheim. Meinung? Nur getippt. Mangelnde Kommunikation kann man am Westufer bemängeln. Sicher sind einige Entscheidungen diskussionswürdig, vielleicht auch schlicht falsch.

Aber mit welchem Schaum vorm Mund über Mitbürger – und das sind Gemeinderäte, Bürgermeister und Verwaltungsangestellte in erster Linie – gesprochen und geschrieben wird, ist teilweise schlicht abstoßend, sagt mehr über jene aus, die den Finger ausstrecken, als jene, auf die er zeigt.

Das Gekreische hat zudem einen unangenehmen Nebeneffekt: Es entlässt die Opposition aus ihrer Verantwortung, bessere Konzepte vorzulegen. Lieber versendet man Privatvideos. Da war von Anfang an nur ein juristisches Gehakel und pampiges Auftreten zu bemerken.

Das Jahr neigt sich dem Ende. Es wäre ein schöner Wunsch für das neue Jahr, wenn sich alle wieder einer sachbezogenen Kritik bedienen würden, jenseits von Häme und amateurhaftem Sarkasmus.

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