Unwahrheit oder Pflicht?

Eine Wohnung im Gmunder Bahnhof, die scheinbar keiner will. Doch die Gemeinde sieht trotzdem keine Notwendigkeit, dort Flüchtlinge unterzubringen. Nun kritisiert das Landratsamt die Gmunder öffentlich für ihre Asylpolitik und bezichtigt sie der Lüge.

 Im ersten Stock des Gmunder Bahnhofs befindet sich eine 3-Zimmer-Wohnung. Berg- und Seeblick inklusive.
Im ersten Stock des Gmunder Bahnhofs befindet sich eine 3-Zimmer-Wohnung. Berg- und Seeblick inklusive.

Die Wohnungssuche im Tegernseer Tal gestaltet sich oft nicht einfach – vor allem Personen mit geringen finanziellen Mitteln haben es schwer, ein geeignetes Zuhause zu finden. Verwunderlich war deshalb, dass in Gmund eine gemeindeeigene Drei-Zimmer-Wohnung im ersten Obergeschoss des Bahnhofsgebäudes frei steht und scheinbar kaum Interesse dafür besteht.

Für zehn Euro pro Quadratmeter zuzüglich Nebenkosten von monatlich 150 Euro gibt es die Wohnung im Gmunder Ortszentrum mit Balkon und sogar Berg- und Seeblick zu mieten. Die Wohnung im ersten Stock wurde bereits im Gemeindeboten inseriert. „Doch es meldete sich niemand“, betonte Geschäftsleiter Florian Ruml gestern gegenüber dem Merkur.

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Nach einem zusätzlichen Inserat meldeten sich zwar ein paar Interessenten, doch für die Lage und den Preis der Wohnung war die Resonanz immer noch dürftig. Die Wohnung stattdessen für Asylbewerber zu nutzen – vor allem, nachdem die Seeturnhalle abgerissen wird – komme für die Gemeinde jedoch nicht in Frage. Die Gemeinde habe sie daher dem Landratsamt nicht explizit als Wohnraum für Flüchtlinge angeboten.

Landratsamt scheint sauer zu sein…

Das Landratsamt habe sich aber auch nicht von sich aus interessiert, meint zumindest Gmunder Kämmerer Georg Glas, Ansprechpartner für das Objekt. Das sieht das Landratsamt etwas anders und bezichtigt die Gemeinde öffentlich auf dessen Facebook-Seite der Lüge:

Als sich das Landratsamt nach einer Anmietungsmöglichkeit für diese beschriebene Wohnung im Bahnhof Gmund erkundigt hat, haben wir leider von der Gemeinde die Nachricht erhalten, diese Wohnung sei schon vergeben.

Dass dem nicht so ist, war wohl der Auslöser für die öffentliche Kritik an der mangelnden Aufnahmebereitschaft der Gemeinde: „In Gmund leben 5.947 Einwohner, nach dem freiwillig vereinbarten Verteilungsschlüssel müsste die Gemeinde 74 Geflüchtete aufnehmen.“ Momentan seien jedoch nur 27 Personen dort untergebracht und damit lediglich 36 Prozent der Quote erfüllt. „Dies ist der drittschlechteste Wert aller 17 Städte, Märkte und Gemeinden des Landkreises Miesbach.“

In einem Facebook-Post beschuldigt das Landratsamt Miesbach die Gemeinde Gmund, bezüglich einer Wohnung gelogen zu haben.
In einem Facebook-Post beschuldigt das Landratsamt Miesbach die Gemeinde Gmund, zu einer Wohnung gelogen zu haben.

Dass im gesamten Landkreis schnellstmöglich Wohnraum für Asylbewerber gesucht wird, wird immer wieder betont: „Da die beiden Traglufthallen [in Holzkirchen und Rottach-Egern] für die Unterbringung von Geflüchteten in absehbarer Zeit geschlossen werden, sucht das Landratsamt dringend Unterbringungsmöglichkeiten.“

Sowohl private als auch gewerbliche Vermieter können sich deshalb jederzeit bei der Behörde melden. Dass die Gemeinde Gmund dem Landratsamt nun eine Lüge aufgetischt haben soll, scheint die Situation wohl zu verschärfen.

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