Er hat einen Marathon hinter sich. Mit seinem Kollegen vom Landratsamt, Josef Faas, war Florian Busl angetreten, die Tal-Gemeinden in den vergangenen Wochen von der Gründung eines Landschaftspflegeverbandes, kurz LPV, zu überzeugen. Dieser sei für die Organisation von Landschaftspflegemaßnahmen und die Beschaffung von Fördergeldern unumgänglich. Als letzter Gemeinderat im Tal musste vergangene Woche noch der von Bad Wiessee vom Nutzen überzeugt werden.
In dem Verein sollen Kommunen, Landwirtschaft und Naturschutzverbände zusammenarbeiten. Finanzieren muss sich der Verein aus Zuschüssen und Mitgliedsbeiträgen. Diese belaufen sich auf 35 Cent pro Einwohner der Gemeinden und weitere 50 Cent je Landkreisbewohner. Das ergibt einen Gesamtbetrag von 34.000 Euro. Der Landkreis zahlt 50.000 Euro.
Verein darf mehr als Amt
Als eingetragener Verein ist der Landschaftspflegeverband keine Behörde und kann, wie Busl es beschrieb, deshalb auch Fördergelder abgreifen, die für das Landratsamt nicht zur Verfügung stehen. Dazu bedarf es laut Busl allerdings eines Geschäftsführers, der sich bei der Akquise von Fördermitteln auskenne. Diese Personalkosten sollen in etwa die Hälfte des jährlichen Vereinsvolumens von etwa 112.000 Euro ausmachen, machte Busl von der Unteren Naturschutzbehörde deutlich. Da aber für sein Amt die Organisation von Landschaftspflege-Maßnahmen und vor allem die Beschaffung von Fördergeldern sehr aufwändig geworden seien, sollte die der LPV mit einem Profi übernehmen.
Ein Verein könne auch manches, was das Amt nicht dürfe. Dazu gehöre die Vergabe von Aufträgen an regionale Betriebe. Das Amt müsse ausschreiben und das günstigste Angebot nehmen. „Womöglich kommt dann jemand aus dem Ost-Allgäu und mäht bei uns“, befürchtete Busl. Denn wo der Ertrag zu gering sei, dass sich für vor allem für Almbauern die Landschaftspflege nicht mehr lohne, gebe es künftig über den Verein Zuschüsse. Als klassische Pflegemaßnahmen nannte Busl die Erstpflege brachgefallener Streuwiesen, die Beweidung und Entbuschung.
„Disteln im Kunstschnee“
Gerade die Verbuschung „weniger guter Flächen“ war Bürgermeister Peter Höß (FWG) ein Dorn im Auge. Im ganzen Landkreis würden immer mehr Landwirte die Milchwirtschaft aufgeben. Auch Wiessee habe verbuschte Flächen, wie beispielsweise den Badhügel oder die Streuwiese südlich des Terrassenhofs. Bisher seien diese Flächen „gemulcht“ worden, was aber einer Blumenwiese nicht „dienlich“ sei. Auch der Sonnenbichl gehöre dazu. Für dessen Pflege werde auch jetzt schon Geld ausgegeben. Würde am Steilhang nichts geschehen, würden die Disteln durch den Kunstschnee ragen. „Das ist auch nicht das, was die Skifahrer haben wollen“.
Warum denn für die Gemeinde eine Mitgliedschaft im LPV notwenig sei, fragte Kurt Sareiter (CSU), da die Landwirte seit Jahrzehnte „eine hervorragende Arbeit bei der Pflege der Almen machen“. Er sehe auch in Wiessee „einen Bedarf“, entgegnete Busl, da ein Strukturwandel in der Landwirtschaft ist nicht verkennbar sei. Oft würde nur noch der Senior die Streuwiesen pflegen, die oft stachlig, nass und steil wie in Wiessee seien. So würde manche Fläche aus der Pflege fallen oder kostengünstig „noch schnell gemulcht“ werden, was aber weniger empfehlenswert sei. Markus Trinkl (FWG) glaubt an die „gute Sache“ auch für die Landwirte. Denn der Verband verfüge über die notwenigen „Spezialmaschinen“ für die Hänge. „Wir haben sehr viele Biotop-Flächen“, gab Bernd Kuntze-Fechner (SPD) zu bedenken. Für ihn sei daher klar, dass der „gesamtheitliche“ LPV hier „Rückenwind“ verspüren müsse.
„Schmeißen woanders Geld zum Fenster raus“
Gespannt sei er nun auf die Meinung von Landwirt und CSU-Gemeinderat Georg Erlacher, sagte Höß, als er diesem das Wort erteilte. Auch er kenne Flächen, die allmählich verbuschen, entgegnete Erlacher. Welche Möglichkeiten hier der LPV habe, dass der Landwirt diese Flächen wieder freiwillig pflege, wollte Erlacher von Busl wissen. Dieser beschied, dass es sei nicht Aufgabe des LPV, auf die Landwirte zuzugehen.
„Es wird keine Pflegeverpflichtung geben“. Beate Meister (parteifrei) wollte wissen, warum denn Flächen nicht verbuschen dürften. „Gerade an guten gepflegten Wiesenflächen oder Mooren gebe es eine umfangreiche Artenvielfalt, erwiderte Busl. „Die wenigen Flächen, die es jetzt noch gibt, gelte es jetzt zu erhalten und zu pflegen“. Einmal im Jahr würde der LPV eine Streuwiese mähen.
Ingrid Versen (CSU) fragte nach einer „Probezeit“. Der LPV sei laut Busl ein Verein, in den man ein- und austreten könne. „Da ist kein Risiko“. Florian Sareiter (CSU): „Diese 1.700 Euro Mitgliedsbeitrag ist eine Summe, die wir an anderer Stelle in zwanzigfacher Form zum Fenster rauswerfen“. Hier dagegen könne aber nur etwas Positives rauskommen. Klaudia Martini (SPD): „Gegen das Verschwinden der Artenvielfalt sind viele kleine Schritte notwendig. Daher ist so ein Verband eine segensreiche Einrichtung“.
Gegen die Stimme von Beate Meister stimmte der Gemeinderat mehrheitlich für den Beitritt zum LPV. Sittlich erleichtert packte Busl seine Präsentation ein. Das Tegernseer Tal kann er nun abhaken.
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