Lebhafte Debatte um Rottachs Chefsessel

Am 16. März stehen die Kommunalwahlen an. In Rottach-Egern kämpfen mit Christian Köck (CSU), Hermann Ulbricht (Freie Wähler) und Josef Bogner (Parteifrei) gleich drei Kandidaten um das Bürgermeisteramt. Gestern Abend trat das Trio auf dem Podium gegeneinander an.

Rund 500 Gäste im Rottacher Seeforum konnten sich ein Bild davon machen, für was Ulbricht, Köck und Bogner stehen und wie sie die Zukunft des Ortes sehen. Es entwickelte sich eine lebhafte Diskussion.

Rottachs Bürgermeisterkandidaten Christian Köck, Hermann Ulbricht und Josef Bogner lieferten sich gestern eine lebhafte Debatte.
Rottachs Bürgermeisterkandidaten Christian Köck, Hermann Ulbricht und Josef Bogner lieferten sich eine lebhafte Debatte.

Dass die Entscheidung im Rennen um das Rottacher Bürgermeisteramt noch völlig offen ist, konnte man gestern Abend eindrucksvoll beobachten. Viele Rottacher wissen offenbar noch nicht, für welchen der drei Kandidaten sie ihre Stimme abgeben. 500 interessierte Wähler kamen gestern Abend ins Rottacher Seeforum, um sich über die Kandidaten für die Wahl am 16. März zu informieren.

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Zur Auswahl stehen Rottachs Zweiter Bürgermeister, Keramikermeister Hermann Ulbricht, 49 Jahre (Freie Wähler), der 56-jährige Gastronom und ehemalige Gemeinderat Josef Bogner (parteifrei) und der 42-jährige Schriftsetzermeister und Gemeinderat Christian Köck (CSU).

Kreidl als Belastung für Köck

Köck war es auch, der die erste Frage des Abends gestellt bekam, um zu CSU-Landrat Jakob Kreidl Stellung zu beziehen: „Uns als CSU belastet das schon gewaltig. Ich hoffe aber, dass die Bürger zwischen mir und der Person Jakob Kreidl unterscheiden können. Ich habe mit dieser Sache absolut nichts zu tun“, betonte Köck und erklärte, warum er Rottacher Bürgermeister werden will. Er habe große Freunde an der Arbeit als Gemeinderat. Zudem sei er ein absoluter Mannschaftsspieler, der in Rottach etwas bewegen wolle, so der CSU Kandidat.

Vorhaben, die im wesentlichen auch Hermann Ulbricht und Josef Bogner für sich in Anspruch nahmen. Rottachs zweiter Bürgermeister Ulbricht will in Zukunft aber auch aus dem Schatten des scheidenden Rathauschefs Franz Hafner treten und dabei die Entscheidungsprozesse im Gemeinderat transparenter gestalten. Die Rottacher sollen im Internet mehr Informationen über die Entscheidungen des Gemeinderates bekommen. „Ich hoffe, wir gewinnen so auch den einen oder anderen neuen Zuhörer in unseren Sitzungen“, so Ulbricht.

Auch der parteifreie Kandidat Josef Bogner hat sich das Thema Bürgerbeteiligung auf die Fahnen geschrieben und will gerne den einen oder anderen Schritt weiter gehen als seine Mitbewerber. Bogner will künftig auf Dorfgespräche setzen und sich so schon im Vorfeld wichtiger Entscheidungen ein Meinungsbild der Rottacher Bürger einholen. „Der Gemeinderat kann sich dann an diesem Stimmungsbild orientieren und sollte, wenn möglich, auch danach entscheiden.“

Vor allem
Die drei Kandidaten plädierten für unterschiedliche Formen der Bürgerbeteiligung.

Eine Idee, die sowohl Ulbricht als auch Köck so nicht mittragen wollen. In ihren Augen sind die Gemeinderäte die gewählten Volksvertreter. Man könne hier nicht das politische System außer Kraft setzen, so Köck.

In der Frage, ob die geplante Fusion von ATS und TTT zu einer gemeinsamen Tourismusorganisation im Landkreis grundsätzlich richtig ist, herrschte dagegen Einigkeit. Auch forderten alle drei Kandidaten, dass das Tegernseer Tal weiterhin als Premiumregion beworben werden muss.

Tourismusverbände behutsam zusammenführen

Die Art und Weise wie das Thema bislang angegangen wurde, sorgte allerdings für Kritik. „Derzeit beschäftigen wir uns zu viel mit der Verwaltung, während andere Regionen sich bereits gemeinsam vermarkten“, bemängelte Christian Köck. Auch aus der Sicht von Hermann Ulbricht sind in den letzten Monaten Fehler passiert. Man müsse behutsam zusammenwachsen und erstmal in einzelnen Projekten Landkreisweit zusammenarbeiten, bevor man gleich zu einer großen Organisation verschmelze, so Rottachs Zweiter Bürgermeister. Ulbricht stellte auch das geplante Fusionsdatum 1. Januar 2015 in Frage.

Auch Josef Bogner findet den Zusammenschluss zu schnell und kritisiert den politischen Druck aus dem Landratsamt. „Wir müssen auch den kleinen Vermieter mit ins Boot holen und ihm die Angst vor dem Zusammenschluss nehmen“, mahnte Bogner. Zudem forderte er mehr Kontrolle der Touristiker durch die Gemeinderäte.

Alle drei Kandidaten wollen im Falle ihrer Wahl daher den Tourismusausschuss der Gemeinde wieder stärker als Instrument nutzen. Für Streit in dem ansonsten friedlichen Schlagabtausch zwischen den Bewerbern um das Rottacher Bürgermeisteramt sorgte dagegen der Umgang mit dem Bauboom in Rottach-Egern und die grundsätzliche Haltung zu Investoren. Bogner wurde hier deutlich:

Ich bin für Investoren, die im Sinne der Gemeinde etwas vorwärtsbringen, aber gegen Spekulanten, die nur darauf aus sind, das meiste Geld aus einem Bauprojekt zu ziehen.

Dabei warf er den Verantwortlichen im Rottacher Rathaus vor, zu wenig gegen die zunehmende Bauwut und die immer größer werdende Flächenverdichtung im Ortsgebiet zu tun. „Die Gemeinde muss hier ihre Möglichkeiten besser nutzen und Bauträgern die Stirn bieten“, forderte Bogner. Er will daher künftig im Gemeindegebiet vermehrt Bebauungspläne aufstellen, die Bauträgern ganz klare Grenzen vorgeben.

Eine Forderung, die aus Sicht von Christian Köck zwar leicht gesagt, in der Praxis aber nicht haltbar ist. „Wir haben hier als Gemeinde oft gar keine Chance. Das Landratsamt hat schon lange die Planungshoheit übernommen. Aus Angst vor einer Regresspflicht werde dort vieles genehmigt, was der Gemeinderat eigentlich abgelehnt hatte, so Köck. Er sprach sich daher für einen Dialog mit dem Landratsamt aus, um hier eine gemeinsame Linie zu finden.

Bogner ging das jedoch nicht weit genug. Er brachte die Gründung einer kommunalen Immobilienverwaltung ins Gespräch, um selbst am Markt agieren zu können. Eine Idee, die sowohl Köck als auch Ulbricht entschieden zurückwiesen. Ulbricht entgegnete:

Eine Kommune sollte nicht ins Immobiliengeschäft einsteigen. Dafür fehlen Rottach-Egern die Ressourcen.

Und auch Köck betonte, dass man mit ihm das Geld sicherlich nicht zum Fenster rauswerfen werde. Für die bevorstehende Umwandlung des Gasthofs Glasl zur Wohnnutzung konnte sich indes keiner der Kandidaten begeistern. So sah Christian Köck die Gefahr einer deutlichen Verdichtung durch weitere Häuser, die auf dem Grundstück hinzukommen könnten. „Der Glasl verkommt zu einer seelenlosen Hülle für Wohnungen“, wurde Köck deutlich. Er griff dabei alle Bürger an, die, laut Köck, dem Eigentümer den Denkmalschutz förmlich auf den Hals gehetzt haben.

Auch Hermann Ulbricht sah die Wohnnutzung als ungünstig an. Er äußerte indes die Hoffnung, das man die Gastwirtschaft doch noch erhalten kann. „Eine Stiftung, die dort eine Gaststätte fortführen will, hat Interesse gezeigt. Jetzt müssen wir sehen, wie es hier weiter geht”, so Rottachs Zweiter Bürgermeister. Josef Bogner verurteilte an dieser Stelle zwar einmal mehr die skrupellosen Spekulanten, erklärte aber auch, dass sich die Gemeinde nicht in privates Eigentum einzumischen habe.

Der große Wurf gegen das Stauproblem?

Im Anschluss an das Thema Bauen drehte sich die Debatte um das Verkehrsproblem im Tegernseer Tal. Ein Allheilmittel konnte hier keiner der Bewerber präsentieren. Hermann Ulbricht plädierte dafür, die Schifffahrt stärker an den öffentlichen Personennahverkehr zu binden und sie auch zum Partner der TegernseeCard zu machen. „Ich kann nicht verstehen, warum sich die Verantwortlichen der Schifffahrt hier so querstellen“, so Ulbricht.

Bis zum Ende war der Sall gut gefüllt.
Bis zum Ende war der Saal gut gefüllt.

Für Christian Köck liegt das Stauproblem dabei noch immer an der mangelnden Bereitschaft, auf das Auto zu verzichten. Er betonte, dass es zwar keine Denkverbote geben dürfe, dass aber Lösungen wie eine Ringbahn um den Tegernsee oder eine Busspur von der Autobahn bis ins Tal aufgrund von Platzmangel und schwierigen Grundstücksverhältnissen kaum realisierbar seinen.

Ich plädiere daher als erstes für eine intelligente Ampelschaltung und für eine bessere Abstimmung der Ampeln rund um den See.

Köck will über kleine Schritte kurzfristige Verbesserungen erreichen und erst dann über größere Lösungen sprechen. Josef Bogner sprach indes vom großen Wurf einer Umgehungsstraße, wie sie in Gmund gerade überlegt wird. Oder sogar von einer Tunnellösung. Wie er solche Großprojekte finanzieren will, konnte er aber gestern Abend nicht sagen.

Kritik am Wasserwirtschaftsamt

Zum Abschluss ging es dann noch um den Hochwasserschutz in Rottach-Egern. Ein Thema, das spätestens seit dem stärksten Hochwasser seit 250 Jahren, vom Mai/Juni 2013, alle Bürger beschäftigt. Josef Bogner forderte hier ein Eingreifen bereits im Hinterland. „Wir müssen das Wasser bereits in den Bergen auffangen, im Tal können wir es nicht mehr stoppen“, so der Gastronom. Hermann Ulbricht unterstrich, dass man sich mit den Hochwasserschutzmaßnahmen an der Rottach schon auf einem guten Weg befinde. „Das muss einfach gemacht werden. So werden wir künftig fast 70 Kubikmeter Wasser durchschleusen können, anstatt der derzeit 20 Kubikmeter.“

Angesprochen auf die Pläne für ein neues Schumacher-Wehr in Gmund, um den Seepegel künftig präventiv absenken zu können, forderten alle Kandidaten einen Dialog aller Beteiligten. „Das Wasserwirtschaftsamt muss hier transparenter werden. Ein Wehr darf nicht höher werden als bisher und auch die Durchflussmenge darf nicht weniger werden. Sonst bekommen wir Probleme“, schilderte Ulbricht seine Sicht der Lage. Auch Christian Köck appellierte daran, das ökologische System des Sees durch das Aufstauen und Absenken des Wasserspiegels nicht zu gefährden und fand vor allem in Richtung Rosenheim klare Worte:

Im Mangfalltal hat man jahrelang Gewerbegebiete mitten in die Hochwasserzone gesetzt und auf das Tegernseer Tal keine Rücksicht genommen. Ich sehe nicht ein, dass wir nun die Zeche zahlen, nur damit die in Rosenheim nicht absaufen.

Am Ende der Diskussion wurde es dann noch einmal lockerer. Die Kandidaten bekamen Sätze vorgegeben, die es zu vervollständigen galt. Köck musste erklären, weshalb er so gerne am Stammtisch sitzt: „Ich kann dort entspannen, mich mit Freunden, aber auch Rottacher Bürgern in Ruhe unterhalten und zur Ruhe kommen“, so Köck mit einem Schmunzeln. Hermann Ulbricht sollte begründen, warum er alles auf Facebook postet: „Weil ich so auch einiges von anderen Bürgern erfahre und ich sowieso nichts zu verbergen habe“, gab Ulbricht an.

Zu guter Letzt wurde Josef Bogner darauf angesprochen, was passiert, wenn es einmal nicht nach seinem Kopf geht: „Dann haben die anderen recht und wohl die besseren Argumente gehabt, gab sich Bogner zum Abschluss diplomatisch. Sollte sich Bogner am 16. März gegen seine beiden Mitbewerber Ulbricht und Köck durchsetzen und ins Rottacher Rathaus einziehen, wird sich zeigen, ob er das auch als Bürgermeister halten kann.

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