Leeres Bastenhaus kostet

Mehr als die Hälfte aller Flüchtlingsheime in Deutschland stehen leer. Auch in Bayern sind 25 Prozent der Unterkünfte unbewohnt – darunter das Bastenhaus in Tegernsee. Den Steuerzahler kostet das Millionen.

Das Bastenhaus soll für rund 300.000 Euro zum Asylbewerberheim umgebaut werden.

Das ZDF-Magazin Frontal 21 griff vor wenigen Tagen in einem Beitrag ein vieldiskutiertes Thema auf: Laut deren Recherchen und Umfragen bei allen Innenministerien der Länder, stehen rund die Hälfte aller Asylunterkünfte in Deutschland leer. In dem neun-minütigen Beitrag heißt es:

Im Bundesdurchschnitt werden 54 Prozent aller Betten für Flüchtlinge nicht gebraucht. Das kostet den Steuerzahler einen dreistelligen Millionen-Betrag – allein nur in diesem Jahr.

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Zwar schneidet Bayern im Vergleich zu anderen Bundesländern noch gut ab, dennoch sind auch hier rund 25 Prozent der Unterkünfte unbewohnt. Darunter fällt auch das Bastenhaus in Tegernsee. Das Landratsamt Miesbach mietete im Auftrag der Regierung von Oberbayern das ehemalige Hotel für rund zehn Jahre. Die Monatsmiete wird auf zirka 10.000 Euro geschätzt, die Kosten für die nötigen Umbaumaßnahmen werden mit rund 300.000 Euro beziffert.

Längerfristige Nutzung des Bastenhauses

Landratsamtssprecher Birger Nemitz verweist allerdings darauf, dass die investierten Mittel mit der Dauer korrelieren. Heißt im Klartext: „Es kann also nicht sein, dass viel Geld in ein Objekt investiert wird, welches nach kurzer Zeit schon nicht mehr nutzbar ist.“ Die kalkulierten Kosten für das Tegernseer Bastenhaus würden durch die längerfristige Nutzung gerechtfertigt:

Es sollte bedacht werden, dass derzeit bei vielen Objekten bundesweit über eine Umnutzung verhandelt wird, sodass eine Unterkunft nicht nur für Asylbewerber, die sich im laufenden Verfahren befinden, genutzt werden kann, sondern auch für anerkannte Bleibeberechtigte, die ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht haben und demnach auch einen entsprechenden Wohnraum benötigen. Auch hierfür würde sich das Bastenhaus anbieten.

Das Landratsamt habe zudem eine Pro-Kopf-Berechnung durchgeführt, sprich die Kosten in Relation zur Anzahl der untergebrachten Personen gesetzt. „Hier schneidet das Bastenhaus gut ab, in Beziehung zu allen anderen Unterbringungen – von der Unterbringung in einer Traglufthalle gar nicht zu reden.“

Ist Organisationschaos die Ursache?

Tegernsees Bürgermeister Johannes Hagn sieht das ähnlich: „Es ist hier ein in die Zukunft gerichtetes Vorgehen zu sehen.“ Man sei sich einig, dass die große Turnhalle für alle Beteiligten die schlechteste Lösung war. Da kurzfristig aber eben nur Zugriff auf landkreiseigene Turnhallen bestehe, „müssen hier Lösungen gesucht werden, die einer möglichen künftigen starken Zunahme der Flüchtlingszahlen Rechnung tragen.“ Es müsse ein flexibles und zeitnahes Agieren möglich gemacht werden – so zum Beispiel mit dem Bastenhaus.

Im Frontal 21-Beitrag wird das Phänomen der leerstehenden Unterkünfte mit dem Organisationschaos bei Bund und Ländern begründet. „Das ist mir nicht differenziert genug“, so Hagn gegenüber der TS. Es sei immer leicht im Nachhinein ein Urteil zu fällen. „Nicht von der Hand zu weisen ist, dass mit einem derartig starken Anstieg der Zahlen nicht gerechnet wurde“, gibt der Bürgermeister zu.

Viel wichtiger ist aber doch die Tatsache, wie die Situation gemeistert wurde und ob hier auf die sich auftuenden Defizite angemessen reagiert wurde. Ich kann nur sagen, dass wir von der Regierung von Oberbayern über das Landratsamt sehr gut unterstützt wurden. Dass sich Probleme auftun, liegt in der Natur der Sache, da diese Situation so noch nicht da gewesen ist.

Bärbel Hildebrand vom Bund der Steuerzahler in Nordrhein-Westfalen äußerte sich in dem TV-Beitrag vor allem kritisch zur Thematik der Finanzierung: „Es kann nicht sein, dass eine humanitäre Krise zur Steuerzahlerkrise führt.“

Hagn kann diese Aussage allerdings nicht nachvollziehen: „Hat Frau Hildebrand auch einen Vorschlag zur Finanzierung gemacht? Wer würde sich zu Wort melden, wenn wir die künftigen Flüchtlinge nicht zeitnah unterbringen könnten?“ Die Flüchtlingskrise sei noch nicht erledigt, „sie wird uns noch weiter beschäftigen – die Frage ist, in welcher Intensität und auf welchem Feld.“

Frühere Vertragsauflösung nicht ausgeschlossen

Dass das Bastenhaus längerfristig für Asylbewerber genutzt wird, steht jedoch außer Frage. Die Stadt Tegernsee kämpfte lange um die baurechtliche Nutzung des ehemaligen Hotels. Die Sorge war, dass in dem Haus nach der Nutzung durch Flüchtlinge womöglich Eigentumswohnungen entstehen könnten.

Mittlerweile ist eine spätere touristische Nutzung jedoch gesichert. Dass der Mietvertrag eventuell schon früher aufgelöst und das Bastenhaus wieder als Hotel genutzt werden könnte, hält Nemitz nicht für unwahrscheinlich:

Falls die Wohnungen für die Unterbringung von Geflüchteten nicht mehr gebraucht werden sollten, könnten wir mit dem Eigentümer über eine Vertragsauflösung verhandeln.

Doch zunächst stehe nun der Umbau an. „Es geht bald in die Detailphase“, so der Pressesprecher des Landratsamts. „Wir rechnen damit, dass wir im Spätsommer mit den Umbauten nach einem Brandschutzkonzept beginnen können.“ Nach den derzeitigen Planungen sollen Wohneinheiten für rund 50 Personen eingerichtet werden. „Das kann sich aber auch noch ändern.“

Die kritischen Stimmen über die Nutzung des Bastenhauses für Asylbewerber wiegelt Nemitz ab: „Die Bürgermeisterin und alle Bürgermeister unserer 17 Städte, Märkte und Gemeinden haben sich freiwillig dazu verpflichtet, Geflüchtete prozentual entsprechend der Größe ihrer Kommune aufzunehmen. Von daher ist es gerecht und nötig, wenn das Bastenhaus belegt wird.“

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