Lehrer-Scherz mit Folgen

Vom Lehrer und Mitschülern erniedrigt, gedemütigt und gehänselt – so beschreibt eine Mutter die Situation ihres Jungen an der Wiesseer Grundschule. In einem ausführlichen Gespräch nehmen nun drei andere Mütter zu den erhobenen Vorwürfen Stellung. Und auch die Schule äußert sich zum ersten Mal ausführlicher zu dem Vorfall.

Die VHS würde gern in die Wiesseer Grundschule ziehen. Geht nicht - sagt Bürgermeister Höß.
Grundschule in Bad Wiessee / Archivbild

Eine Mutter erhebt schwere Vorwürfe gegen die Wiesseer Grundschule. In einem Brief an die Schulleitung spricht sie von Mobbing und beschreibt Situationen, in denen ihr Kind von Mitschülern unter der Zusprache eines Sportlehrers gehänselt und erniedrigt wurde. Die Schulleitung hatte den Eingang des Schreibens auf TS-Nachfrage zwar bestätigt, aber bis gestern zu den Vorfällen weitestgehend geschwiegen.

„Die Schule darf sich verständlicherweise nicht äußern, wir dürfen,“ so die Begründung der drei Mütter, die im Namen der Elternschaft Stellung zu den Mobbing-Anwürfen beziehen. „Viele der Vorwürfe sind von der Mutter völlig falsch dargestellt und überzogen“, erklärt eine Wiesseerin, deren Tochter mit dem betroffenen Jungen in die gleiche Klasse ging. „Wir Eltern und auch unsere Kinder sind über die Vorwürfe entsetzt.“

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Ein Scherz mit Folgen

Dabei steht der Vorwurf weiter im Raum: Ein Sportlehrer soll das nach Aussage der Mutter „leicht autistische Kind“ im Unterricht gezwungen haben, in die von der Decke hängenden Turnringe zu steigen. Obwohl das Kind Todesangst äußerte, forderte besagter Lehrer die Mitschüler auf, mit Bällen nach dem Jungen zu werfen – mit den Worten: „Jetzt habt ihr ein lebendiges, bewegliches Ziel“. Derselbe Lehrer hätte dem Kind zu verstehen gegeben, „wie schön der Unterricht ohne ihn gewesen“ sei, als dieser einmal eine Woche krank war.

Aus Sicht der Schule und vor allem der Elternschaft gibt es diesen Mobbingfall allerdings nicht: „Unsere Kinder bestätigen unabhängig voneinander, dass keines der Kinder mit Bällen nach dem Schüler geworfen hat. Im Gegenteil: Der Schüler hat selbst darum gebeten, in die Turnringe zu steigen. Niemand hat ihn gezwungen. Er hat gelacht und wollte immer höher gezogen werden. Diesen Gefallen hat der Lehrer ihm getan“.

Zu keinem Zeitpunkt habe das Kind Panik oder Angst gehabt, berichten die Mütter, die sich auf die Aussagen ihrer Kinder stützen. Allerdings räumen sie die grundsätzlichen Äußerungen des Lehrers gegenüber dem Jungen ein:

Die Aussagen stimmen wohl, aber der Lehrer hat sie sofort als Scherz abgetan.

Da das gehänselte Kind kurz darauf Albträume bekam, ließ die Mutter den Jungen mittels eines Attests vom Sportunterricht befreien. Der Kinderarzt bestätigte die Ängste des Jungen, der diese ausführlich in einem Schreiben und einer Zeichnung dokumentierte. Also wandte sich die Mutter an die Schulleitung. In einem Gespräch am 19. April wurde der Vorfall „erörtert, aufgearbeitet und geklärt“, wie jetzt das Miesbacher Schulamt auf Nachfrage bestätigt.

„In diesem Gespräch hat besagter Sportlehrer die Vorfälle zugegeben und sich dafür entschuldigt“, erklärt die Mutter des betroffenen Kindes. Aber eine Entschuldigung reiche ihr nicht:

Für mich ist der Vorfall nicht erledigt. Es gab auch keine Gespräche mit dem Schulamt. Die seelischen Angriffe auf mein Kind sind einfach zu nachhaltig.

Deshalb habe sie sich mit einem Schreiben vom 21. August erneut an die Schulleitung gewandt, damit diese Konsequenzen aus dem Verhalten des Lehrers zieht. Dass ihr Kind, wie von den anderen Eltern mehrfach angemerkt, nicht einfach sei, gibt die Mutter zu, aber „kein Lehrer hat das Recht, mein Kind deshalb zu quälen“.

“Wir stehen völlig hinter dem Lehrer”

Auch die Rektorin der Wiesseer Grundschule, Gertraud Pfaffenberger, sieht sich inzwischen genötigt, ihr Schweigen zu brechen:

Wir sind der Sache bereits im April nachgegangen. Aus Sicht des Lehrers bestand zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für das Kind, als er es an den Ringen hochgezogen hatte. Er hat es auch sofort wieder heruntergelassen, als es Angst äußerte.

Nach dem Gespräch am 19. April habe sich der Mobbing-Vorwurf der Mutter für alle Beteiligten in Wohlgefallen aufgelöst. Deshalb sei es für sie nicht verständlich, warum diese sich nach Monaten erneut an die Schulleitung gewendet habe, so die Rektorin.

Wie die drei Mütter im Gespräch bestätigen, sei der Sportlehrer zum Schuljahresanfang auf eigenen Wunsch an eine andere Schule versetzt worden. Dies habe allerdings nichts mit dem Vorfall zu tun, sondern sei lange vorher beantragt gewesen.

Wir stehen völlig hinter dem Lehrer. Er ist absolut sympathisch.

Für Rektorin Pfaffenberger ist das Thema noch nicht beendet. Demnächst finden zum ersten Mal Gespräche mit dem Schulamt statt. Ob der “Scherz” des Lehrers noch Konsequenzen haben wird, sei zum jetzigen Zeitpunkt völlig offen.

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