Ein Kommentar von Christopher Horn
Jahr für Jahr wird in Deutschland das Unwort des Jahres gekürt. 2014 lautete es „Lügenpresse“. In Bad Wiessee steht jedoch ein anderes Unwort im Vordergrund: „Investorensuche“. Denn eben jenes Unterfangen drohte zu einer unendlichen Geschichte zu werden.
Investoren für das Jodbadareal waren nicht in Sicht. Schon im vergangenen Oktober wollte Bürgermeister Peter Höß Geldgeber präsentieren. Doch daraus wurde nichts, die geplante Bürgerversammlung musste verschoben werden. Mit jedem weiteren Monat ohne Ergebnis schwand daraufhin der Glauben der Wiesseer an ein Gelingen des Projekts. Der Druck auf das Rathaus und vor allem auf Peter Höß wuchs.
Der Griff nach dem letzten Strohhalm?
Vergangene Woche dann der ersehnte Silberstreif am Horizont: Zwei potentielle Investoren erschienen auf der Bildfläche. Eilig organisierte die Gemeinde eine Klausurtagung mit allen Gemeinderäten im Hotel „Das Tegernsee“. Der Inhalt des Treffens war so geheim, dass die Räte im Vorfeld nicht mal die Namen der Investoren erfuhren, die ihnen wenige Tage später gegenübertreten sollten.
Am Dienstag kam es dann zu der lang ersehnten Begegnung. Vor allem Höß hatte sehnsüchtig auf diesen Moment gewartet. Endlich konnte er den bisweilen argwöhnischen Gemeinderäten Geldgeber präsentieren. Nur einen Tag später verbreitete sich die folgende Meldung dann wie ein Lauffeuer: „Bad Wiessee einig mit Investor“. Mit 14:2 Stimmen hatte man sich für das präsentierte Konzept eines Schweizer Geldgebers ausgesprochen.
Und das obwohl die Gemeinderäte ohne Vorwissen in das Treffen gegangen waren, im Vorfeld ja noch nicht einmal die Namen der Geldgeber kannten, geschweige denn Zeit hatten, das Konzept auf Herz und Nieren zu prüfen. Streng nach der Devise: Lieber überhaupt ein Investor als gar keiner. Was bleibt, ist der Eindruck, dass die Gemeinde mangels Alternativen nach dem letzten Strohhalm greift, der ihr bleibt. In der politischen Führung ist man froh, endlich die leidige Investorensuche abschließen zu können.
Zwischen Traumhochzeit und Zweckbündnis
Welche Zugeständnisse Bad Wiessee nun machen muss, ist derzeit unklar. Es wird allerdings nicht nur bei der einen oder anderen Kröte bleiben, die man wird schlucken müssen. Die Geldgeber agieren, im Gegensatz zur Gemeinde, aus einer Position der Stärke. Sie haben das Geld und sind offensichtlich die einzigen ernsthaften Interessenten, die man bislang präsentieren konnte. Man darf also gespannt sein, ob sich das Zweckbündnis bald als Hochzeit im Himmel oder als schnöder One-Night-Stand entpuppen wird.
Aber vielleicht kommt ja alles ganz anders. Denn noch ist der im Rahmen der Klausurtagung gefasste Beschluss nicht rechtskräftig. In der nächsten Sitzung müssen die Gemeinderäte erneut darüber abstimmen. Und wer weiß, ob es wieder beim ziemlich deutlichen 14:2 bleibt. Denn der Wiesseer Gemeinderat – das hat die Vergangenheit oft genug gezeigt – ist immer für eine Überraschung gut.
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