Geld geben, Heimat stärken

Für immer mehr Menschen liegt in regionalen Produkten die Möglichkeit sich gegen den globalen Trend des immer schneller, größer, weiter abzusetzen. Egal, ob die Naturkäserei in Kreuth oder der Gmunder Dorfladen: Projekte, die sich im lokalen oder regionalen Umfeld stark machen, erfreuen sich großen Sympathien. Auch wenn sie, wie der Dorfladen beweist, noch lange keine Selbstläufer sind.

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Die Naturkäserei in Kreuth ist ein lokales Vorzeigeprojekt und auch wirtschaftlich erfolgreich.

Eine Initiative in Österreich versucht den regionalen Gedanken mit einer Art Investmentfonds für Neugründungen im direkten Lebensumfeld zu stärken. Unter dem Titel “MehrWertGeld” will man den lokalen Zusammenhalt in die Finanzwelt übertragen und bietet sogenannte regionale Sparbriefe an:

Das Geld, das in der Region vorhanden ist, wird über die ausgegebenen MehrWert Sparbriefe auf einem Treuhandkonto gesammelt und steht für die Kreditvergabe für Projekte zur Verfügung, die einen MehrWert für unsere Regionen Steyr – Kirchdorf bringen.

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Die Sparer können die Sparbriefe in der Sparkasse Kremstal-Pyhrn und in den Geschäftsstellen der Raiffeisenbank Micheldorf sowie im Steyrtal erwerben. Mindesthöhe je Sparbrief ist 2.000 EUR.

Sowohl die Geldanlagen, wie auch die daraus vergebenen Kredite laufen annähernd zinsfrei, mit einer symbolischen Spareinlagenverzinsung von 0,125 Prozent und einer Kreditverzinsung von 1 Prozent plus 0,1 – 1 Prozent Risikoaufschlag. Die Einnahmen durch die Zinsen dienen laut Satzung dazu, das Projekt bekannter zu machen, neue Sparer zu finden und nachhaltige Unternehmensgründungen zu initiieren.

Zinsverzicht mit Sinn

Ähnlich, wie bei Regiowährungen, ist das Ziel der fast kompletten Zinsfreiheit das Geld im regionalen Kreis- und Umlauf zu halten und damit die Region zu stärken:

Mehr Geld in Form von Zinsen bringt zwar eine persönliche Bereicherung. Aber wenn wir das Geld nicht in Umlauf bringen, senken wir die Stärke und Kaufkraft der Region. Zinsverzicht und Investition in die Region bringt daher mehr Lebenskraft für die dort lebenden Menschen. Der Zinsverzicht steigert den Wert des Lebensraumes und sorgt für mehr Wert.

Sparer können durch die Einlagen also nichts verdienen, haben im Gegenzug aber die Möglichkeit, sich aktiv bei der Auswahl der zu fördernden Projekte einzubringen und in gewissem Rahmen festzulegen, was mit dem eigenen Geld passieren soll. Das geht nicht bis ins kleinste Detail, sondern erlaubt eher eine indirekte Auswahl an Bereichen wie Umweltschutz, Einzelhandel, Lebensmittel oder ähnliches.

Gründer, die selbst in der Region leben und in der Region eine Unternehmung starten wollen, können sich auf die extrem günstigen, fast zinsfreien Kredite bewerben und werden sowohl von den beteiligten Banken, wie auch vom Verein geprüft.

Das Ganze ist also kein soziales Wohltätigkeitsprojekt, sondern unterliegt ganz normalen wirtschaftlichen Bedingungen: Wer einen Kredit möchte muss auch nachweisen, dass das Vorhaben wirtschaftlich nachhaltig ausgelegt und tragfähig ist. Die Abwicklung der Kreditvergabe erfolgt über die lokalen Raiffeisenbanken und Sparkassen, die gegenüber den Sparern auch für die Einlagen garantieren.

Chancen für das Tal?

Anders, als zum Beispiel beim Gmunder Dorfladen, sind die Geldgeber also keine direkten Anteilseigner der finanzierten Unternehmen und haben demzufolge auch keinerlei Mitspracherecht bei den betrieblichen Entscheidungen.

Bei der Gesellschafterversammlung des Dorfladens im Gmunder Neureuthersaal im März letzten Jahres.

Das Problem beim Dorfladen waren nicht zuletzt die (sozialen und emotionalen) Erwartungen der privaten Investoren: Der Wunsch nach einem Vollsortimenter in Laufnähe war für einige wichtiger, als die wirtschaftliche Grundlage für einen funktionierenden Einzelhandelsbetrieb.

Ein lokaler und zinsfreier Investmentfonds böte vielleicht auch für das Tegernseer Tal einige Chancen. Unternehmensfreudigen Jungunternehmern würde möglicherweise so die Standortfrage abgenommen oder zumindest leichter gemacht. Wer sein Unternehmen „zuhause“ startet, profitiert von günstigen Krediten und stärkt im Gegenzug die langfristige Entwicklung der eigenen Heimat.

„Subventionsgeber“ für die Unternehmen wäre in diesem Fall nicht der Staat, sondern jeder Einzelne, indem er auf Einkünfte durch Zinsen verzichtet. Vielleicht zahlt sich genau dieser Verzicht in einigen Jahren in mehr Arbeitsplätzen, mehr regionalen und lokalen Angeboten und einer wachsenden Infrastruktur wieder zurück. Nicht in Form von Zinsen aufs Konto, sondern in Form von Lebensqualität vor der Haustüre.

Mehr zum Thema gibt es auf dem Politblog [x Politics]. Dort geht es um Trends und Bewegungen, die fernab der parteipolitischen Tagesagenda die gesellschaftliche Zukunft gestalten und verändern.

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