Kein Losglück in Bad Wiessee

„Das ist ein juristischer Affentanz, Panik an allen Fronten, den Entwurf in die Tonne treten.“ Selten waren am Wiesseer Ratstisch so drastische Worte über die Aufsichtsbehörde zu hören. Der Grund: Die Regierung von Oberbayern hatte zur Besetzung des Bauausschusses eine neue Verlosung verlangt und damit ihren alten Vorschlag verworfen. Doch auch diesmal herrschte wieder Verwirrung am Ratstisch.

Gerangel um die acht Sitze im Wiesseer Bauausschuss
Gerangel um die acht Sitze im Wiesseer Bauausschuss
Ausgelöst hatte den Hickhack im Oktober Beate Meister. Mit ihrem Austritt aus der Fraktion der ranBW wurden Neuwahlen im Bauausschuss notwendig. Denn Rolf Neresheimer und Armin Thim gelten nur noch als Gruppe, Frau Meister ist seitdem eine „fraktionslose Einzelgängerin“.

Bei der Besetzung des einflussreichen Gremiums entschied sich die Gemeinde für das Losverfahren. Doch dabei zog die CSU den Kürzeren, sie verlor einen heiß begehrten Sitz an die SPD. Denn sechs Sitze sind seit der Kommunalwahl im Bauausschuss vergeben. Jeweils zwei an die CSU und den Wiesseer Block (FWG) sowie jeweils einer an die Gruppe Neresheimer/Thim und die SPD. Fraglich war damals, wie die restlichen zwei Sitze aufgeteilt würden.

Im Topf waren nur drei Lose, das der FWG, der CSU und der SPD. Und dies sei ein Los zu wenig gewesen, wie die CSU glaubte und damit den Stein ins Rollen brachte. Prüfen ließ sie dies durch die Rechtsaufsicht des Landratsamts. CSU-Sprecher Florian Sareiter bekam am 1. April Recht. Beate Meister muss berücksichtigt und die Auslosung wiederholt werden.

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Eine Regierung, zwei Meinungen

Auf Unverständnis stößt dies nach wie vor bei Geschäftsleiter Michael Herrmann: „Wir haben dies durch alle Instanzen prüfen lassen.“ Für Klaudia Martini (SPD) ist dies „ein juristischer Affentanz, wenn ein und dieselbe Behörde zu verschiedenen Stellungnahmen kommt“. Ihr Parteifreund Robert Huber wurde auch mit Blick auf das Kommunalunternehmen der Gemeinde noch deutlicher:

Was die Regierung von Oberbayern da macht, kann man in die Tonne treten.

Dennoch: Gestern sollte im Ratssaal neu gelost werden, doch schnell war der Tagesordnungspunkt vier wieder vom Tisch und auf die nächste Sitzung verschoben. Denn Beate Meister hatte am Tag der Sitzung die Frage aufgeworfen, wen sie denn bei ihrer Abwesenheit als Vertreter benennen könne. „Sollte ich gezogen werden, brauche ich einen Vertreter“, argumentierte sie. Dies, so Meister, schreibe die Geschäftsordnung der Gemeinde vor.

Damit hatte wohl niemand gerechnet, weder die Regierung von Oberbayern, der Bayerische Gemeindetag noch das Landratsamt. „Niemand konnte helfen, die Panik war an allen Fronten“, stellte Herrmann desillusioniert fest. Mal sei ihm gesagt worden, Frau Meister könne ihren Vertreter bestimmen, dann sei man an anderer Stelle wieder zurückgerudert. 

Der Hintergrund: die Einzelkämpferin Meister müsste ein Mitglied einer anderen Gruppierung als Vertreter/in benennen. Doch damit würde sich im Ernstfall das Kräfteverhältnis der Fraktionen im Bauausschuss verschieben.

Verlosung verschoben

Als dann Beate Meister vorschlug, man solle doch die Geschäftsordnung prüfen, ob der Bauausschuss auch mit weniger Stimmen besetzt werden könnte, war die Meinung in der Runde einhellig. Nicht ohne Grund habe man vor Jahren den Ausschuss mit acht Mitgliedern besetzt. „Den Bauausschuss sollte man jetzt deswegen nicht verkleinern“, meinte Kurt Sareiter (CSU).

Einigkeit herrschte am Ratstisch bei dem Vorschlag von Bürgermeister Peter Höß (Wiesseer Block), angesichts der verworrenen Lage das Losverfahren von der Tagesordnung zu nehmen und es auf die nächste Sitzung am 7. Mai zu schieben. „Ich möchte nicht, dass dies mit heißen Nadeln gestrickt wird.“ Martini stand ihm zur Seite: „Das Verfahren sollte juristisch nochmals abgeklopft werden.“ Ob es bis in drei Wochen gelingt, den Fall Meister „explizit zu lösen“, wie Höß hofft, darf bezweifelt werden.

Neresheimer prüft juristische Schritte

Denn auch der Verwaltungsrat des Kommunalunternehmens beschert Höß womöglich weiteres Ungemach: Neresheimer und Thim wollen dessen Besetzung juristisch prüfen lassen. Denn nicht ihre Wählergruppe kam am 26. März bei der Bestellung des Verwaltungsrats zum Zug, sondern ihr Ex-ranBW-Mitglied Beate Meister. „Damit kam der Verwaltungsrat rechtswidrig zustande“, heißt es in einer Mitteilung, die Rolf Neresheimer am Rande des Gemeinderats verteilte.

Der Verwaltungsrat spiegle nicht das Kräfteverhältnis des Gemeinderats wider, nachdem Beate Meister der ranBW-Fraktion im Oktober den Rücken gekehrt habe. Der Wiesseer Gemeinderat und seine Postenvergabe – eine schier unendliche Geschichte.

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