Mach mal das Licht aus

Muss das Licht in der Nacht sein? Ein Thema, bei dem Konservative noch vor Jahren höhnisch gelacht hätten, wird heuer ernsthaft in Gemeinderäten diskutiert. Warum Licht in der Nacht zuweilen nicht nur unnötig, sondern schlicht auch gesundheitsgefährdend ist.

Wie groß ist die Lichtverschmutzung am Tegernsee?

Früher begann der Arbeitstag mit Sonnenaufgang und endete mit ihrem Untergang. Künstliches Licht schuf Voraussetzungen rund um die Uhr arbeiten zu können. Aus einem Luxus wurde eine Selbstverständlichkeit. So installieren wir grelle Straßenlaternen, um unser Sicherheitsgefühl zu stärken, ebenso wie die allseits beliebten Bewegungsmelder, die bei jedem Fuchsbesuch anknipsen. Licht ist überall – auch wo Nacht sein sollte. Muss das sein? Schon längst macht das Wort der Lichtverschmutzung die Runde, reduzieren kluge Kommunen in Deutschland ihre Laternendichte, einige knipsen das Licht im Ort ganz aus.

Der Hintergrund: Für die Tierwelt ist das Dauerlicht eine Dauerbelastung. Darauf wies in der vergangenen Wiesseer Gemeinderatssitzung Klaudia Martini von der SPD hin. Sie bat den Bürgermeister Robert Kühn zu prüfen, ob entweder die Lichtstärke der Laternen zu reduzieren sei, oder gar einige ganz verschwinden können. Parteiübergreifend sprang ihr Thomas Ehrler bei, der “nachts in seinem Schlafzimmer an der Auerstraße die Zeitung lesen könne, so hell ist das da.”

Anzeige

Öko-Gedöns oder ein echtes Problem?

Ist das nur Öko-Gedöns? Schon längst nicht mehr, wissen Experten. Zu viel Kunstlicht kann auf Dauer krankmachen, sagen Schlafforscher. Das Licht von Leuchtreklamen, Geräten wie Laptops und Fernsehern, aber eben auch unserer Straßenbeleuchtung hält uns wach. Nur in Dunkelheit produziert unser Körper das Schlafhormon Melatonin, das unseren Tag-Nacht-Rhythmus steuert. Licht bremst die Melatoninproduktion. Ohne Dunkelheit leben wir gegen unsere innere Uhr und schlafen zu wenig. Wir können uns nicht ausreichend erholen, unsere Zellen sich nicht genügend regenerieren. Zu viel Licht in der Nacht kann auf Dauer chronische Schlafstörungen auslösen.

Ein Ort wie Bad Wiessee, der so auf Gesundheit Wert legt, sollte das berücksichtigen, findet Martini, die aber auch auf die Auswirkungen für die Tierwelt aufmerksam machen möchte. Der Bayerische Rundfunk schrieb in einem Beitrag dazu: “Nachtaktive Vögel und Insekten werden in ihrem Rhythmus oder bei der Orientierung gestört. Eine Milliarde Fluginsekten zum Beispiel werden in Deutschland in einer Sommernacht durch Straßenlaternen gestört und viele lassen ihr Leben. Das Licht irritiert die Tiere. Sie wissen nicht mehr, was sie tun sollen – sie fressen nicht mehr, paaren sich nicht mehr und bestäuben keine Blüten mehr…Die künstliche Beleuchtung ist damit ein Puzzlestein der komplexen Problematik von Vogelsterben und Insektentod.”

Besonders die Unsitte des Nachts die Bäume im eigenen Garten anstrahlen zu lassen, schadet. Licht im Garten über Nacht war mal im letzten Jahrhundert der letzte Schrei bei Bürgern, die sich reich fühlen wollten. Heute ist das etwa so schick, wie ein Auto ohne Katalysator zu fahren – eine Umweltsauerei eben. Auch hier baten sowohl die Grünen als auch die SPD den Bürgermeister im nächsten Gemeindeboten die Menschen darauf hinzuweisen, einfach mal das Licht auszuschalten, wenn man ins Bett geht. Auch die Natur will schlafen.

SOCIAL MEDIA SEITEN

Anzeige
Aktuelles Allgemein

Diskutieren Sie mit uns
Melden Sie sich an und teilen Sie
Ihre Meinung.
Wählen Sie dazu unten den Button
„Kommentare anzeigen“ aus

banner