Mate Tee am Tegernsee

Tegernsee verliert heute einen besonderen Gast: Der 18-jährige Argentinier Juan Pablo Grismeyer wohnt seit fast drei Monaten im Quirinal. Er ist der erste argentinische Missionar auf Zeit, der im Tal seinen Freiwilligendienst leistet. Doch nun ist seine Reise zu Ende. Leicht wird ihm der Abschied nicht fallen – er hatte hier eine spannende Zeit.

Juan Pablo Gries
Juan Pablo Grismeyer im Gespräch.

„Juan Pablo, was wirst du hier am meisten vermissen?“ Bei dieser Frage muss Juan nicht lange überlegen: „Maria Thanbichler und Walter Waldschütz!“, sagt er und nimmt noch einen Schluck von seinem Mate Tee, ein traditionelles argentinisches Getränk. Die Pastoralreferentin und der Pfarrer seien für ihn wie Eltern gewesen. Am heutigen 28. Dezember muss sich Juan Pablo von ihnen verabschieden und wird seinen Weg zurück nach Hause antreten, ins argentinische Puerto Rico in Misiones.

Er kann es kaum erwarten, seine Familie, Freunde und insbesondere seinen Neffen wiederzusehen. „Er wurde erst vor Kurzem geboren und ich konnte gar nicht sehen, wie er aufgewachsen ist“, so Juan Pablo. Und dennoch: Schweres Heimweh habe er nie gehabt. „Ich habe meine Zeit hier sehr genossen“, betont der Student und angehende Elektroingenieur. Heiligabend durfte er gemeinsam mit Pfarrer Walter Waldschütz verbringen. Ein großer Unterschied zum Weihnachtsfest, wie er es kennt.

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Weihnachten mal anders

„Hier in Tegernsee ist es nun sehr kalt.“ Bei ihm zu Hause springe man zu dieser Zeit in den Pool. Er ist es gewohnt, an Weihnachten mit seinen Freunden auszugehen. Doch davor gehe man zunächst in die Kirche. Dann gibt es Bescherung im engen Kreis der Familie. An das Christkind glaubt dort jedoch keiner. Bei ihnen bringt Papa Noel, der Weihnachtsmann, die Geschenke. Einen Nikolaus gibt es nicht.

Dennoch: Einige der deutschen Bräuche sind ihm bekannt. Schließlich ist die Mehrheit der Argentinier katholisch. Adventskränze und Weihnachtsbäume kennt er auch aus seiner Heimat. Der Christbaum wird jedoch dort schon am 8. Dezember, am Tag von Maria Empfängnis, geschmückt.

Eine Stiftung als Schlüssel für eine große Reise

Natürlich hatte Juan auch ein Geschenk für Pfarrer Waldschütz. Schließlich hatte der immer ein offenes Ohr für seine Probleme. Dabei waren ihm Walter und Maria, wie er sie nennt, schon bei der Ankunft alles andere als unbekannt. Beide hatte er oftmals in seiner Heimat gesehen. Schließlich ist Misiones die Wirkstätte der Pfarrer Waldschütz Stiftung. Die Stiftung realisiert zahlreiche Projekte zur nachhaltigen Hilfe, Ausbildung und Entwicklung. 1991 wurde das durch Spenden finanzierte Kinderdorf „Hogar Jesús Niño“ gegründet.

Dekan Walter Waldschütz in Puerto
Dekan Walter Waldschütz im Kinderdorf in Argentinien.

Die Entsendung von sogenannten „Missionaren auf Zeit“ soll dabei einen engen persönlichen Austausch ermöglichen. Bereits 200 Missionare schickte die Stiftung nach Argentinien. Juan Pablo war der erste argentinische Missionar, der nach Deutschland, an den Tegernsee kam. Nachdem der 18-Jährige die Schule absolviert hatte, war er anfangs unsicher, was er studieren könnte. So hatte sein Vater die Idee, den Leiter des Kinderdorfs der Stiftung anzusprechen. Zwei Monate später erhielt Juan Pablo sein Ticket an den Tegernsee.

Vom Bräustüberl bis nach Zypern

Drei Monate können schnell vergehen – insbesondere bei einem so abwechslungsreichen Programm: Juan Pablo leistete nicht nur Freiwilligendienst. Er lernte die bayerische Kultur kennen – und wohl auch lieben. „Ich habe meine Zeit hier sehr genossen“, betont er immer wieder. Bereits bei seiner Ankunft durfte er bayerische Esskultur am eigenen Leib erfahren: „Am ersten Abend gab es Weißwürste“, lacht er. Die hätten ihm ebenso gut geschmeckt wie der Schweinsbraten und das Bier im Bräustüberl. In Argentinien essen sie dagegen viel Asado, eine Art Barbecue mit viel Rindfleisch.

„Alle waren immer sehr freundlich.“ Bei traditionellen Zusammenkünften, beispielsweise in Kreuth, entdeckte Juan Pablo nicht nur die Gastfreundschaft der Einheimischen: Er bewunderte die traditionellen Tänzer, die schuhplattlernd und drehend in Lederhose und Dirndl über die Bühne fegten. Hier in Bayern sei alles sehr viel traditioneller als in Argentinien. Man sei stolz auf die Tradition und auf seine Werte. In Argentinien hänge es dagegen stark davon ab, in welcher Familie man aufgewachsen sei.

Doch es gibt eine große Gemeinsamkeit zwischen Argentinien und Deutschland. Juan lacht: „Die Liebe zum Fußball verbindet uns wohl am meisten.“ Gerne hätte er ein Spiel des FC Bayern gesehen. Doch ihm fehlte die Zeit – denn Juan durfte noch mehr entdecken. So war er nicht nur oft in München, sondern reiste bis nach Berlin und verbrachte sogar eine Woche auf Zypern. Gleichzeitig gab es immer viel zu tun. Als MAZ sollte Juan Pablo Einblicke in die Arbeit in der Kirche und Verwaltung bekommen. So unterstützte er Pfarrer Waldschütz bei seinen Messen als Ministrant. In den letzten Wochen habe er besonders viel in der Verwaltung geholfen.

Eine Reise, viele Erinnerungen, eine Erkenntnis

Wenn er nun heimkommt, hat er also viel zu erzählen. Dabei möchte er auch andere motivieren, an den Tegernsee zu reisen. Auch er möchte gerne eines Tages hierher zurückkehren. Schließlich hat er nun einen deutschen Pass. „Mein Urgroßvater war Deutscher, so wurde das möglich für mich.“ Auch seine Deutschkenntnisse konnte er hier trainieren. Und nicht nur das. Juan weiß nun: Es heißt nicht „lecker“ sondern „guad“, nicht „Tschüss“ sondern „Servus“. Sogar die Namen der Schafkopfkarten beherrscht er. Juan ist dankbar für seine Zeit hier:

Der Aufenthalt hat mir geholfen zu wachsen, als eigenständige Person.

Am Anfang habe er darauf gewartet, junge Leute kennenzulernen. Doch mit der Zeit entschloss er sich, nicht mehr zu warten, dass etwas passiert, sondern sich vielmehr überraschen zu lassen. „Und so jeden Tag hier zu genießen.“ Das ist wohl das Wichtigste, was er auf seiner Reise gelernt hat.

Am Ende freundete er sich sogar mit ein paar Jugendlichen an. Mit den Ministranten der Kirche ist er bereits auf Facebook befreundet – der Kontakt zum Tegernsee soll bestehen bleiben. Vielleicht werden ein paar von ihnen nach Argentinien kommen. So kann Juan jetzt mit einem breiten Lächeln sagen: „Servus und Auf Wiedersehen!“

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