Aus Angst vor einem Prozess, der den Bau der Orthopädischen Klinik auf der Tegernseer Point in die Länge ziehen könnte, ist die Deutsche Rentenversicherung (DRV) auf der Suche nach einem Alternativ-Grundstück am Tegernsee mit einer Mindestgröße von 15.000 Quadratmetern (wir berichteten).
Tegernsees Bürgermeister Johannes Hagn wurde über die Absichten der DRV im Vorfeld informiert. Das bestätigt er jetzt auf Nachfrage. Ein „Prozessrisiko“ sei definitiv gegeben, räumt er ein. Noch seien zwar keine Klagen eingegangen, sondern nur Einwendungen, die man „im Bebauungsplanverfahren auch brauche“, aber rechtliche Hürden könnten durchaus auftreten.
Bedenken und Einwände befürchtet
Eine Anwohnerin habe nämlich schon einen Anwalt eingeschaltet. Ihrer Befürchtung nach werde durch den Bau der neuen Therapiehalle eine neue Baulinie in Richtung Tegernsee geschaffen. Bedenken und Einwände im Hinblick auf den Landschaftsschutz gab es von der Schlösser- und Seenverwaltung als auch von der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal (SGT).
Deren Vorsitzende Angela Brogsitter-Finck beanstandet die Bauart der Therapiehalle an einem der markantesten Plätze am Seeufer. Sollte die Anwohnerin Klage einreichen, würde sie diese dabei unterstützen wollen, äußerte sie kürzlich gegenüber dem Merkur.
Denkmalschutz könnte Klage rechtfertigen
Für den Bürgermeister ist die „Landschaftsschutz-Argumentation“ unverständlich. Diese habe man doch längst im Vorfeld ausräumen können, so Hagn. Der Bau der Therapiehalle sei „öffentliches Interesse“, deshalb seien die Pläne auch rechtlich umsetzbar.
Der Einzige, der eventuell einen berechtigten „Klageanspruch“ haben könnte, sei Dr. Andreas Greither, Besitzer des nahe gelegenen, denkmalgeschützten Stielerhauses. Und der hatte dem Stadtrat seine Bedenken bereits schriftlich mitgeteilt. Er sieht in den Planungen einen Widerspruch zum Denkmalschutz, zumal er selbst, wie er sagt, bei der Sanierung des Stielerhauses aufgrund der Auflagen zu „größter Sorgfalt“ verpflichtet gewesen sei.
Greither wünscht sich Klage „herzhaft“
Eine Klage sei zwar „nicht sein Geschäft“, sagt er auf telefonische Nachfrage, dennoch wünsche er sich eine solche „herzhaft“. Ein dreistöckiges Bettenhaus, das nur drei Meter von seiner Grundstücksgrenze entfernt geplant sei, könne man nicht hinnehmen und „müsse ernst genommen werden“. Dagegen würde man sich auf jeden Fall „mit allen Mitteln wehren“.
Die DRV könne auf der Point ohnehin keine zukunftsfähige Klinik bauen, so Greither weiter. „An dieser Stelle geht das nicht.“ Zum einen fehle der nötige Platz für den künftigen Bedarf an Mitarbeitern, zum anderen könne das Konzept einer „modernen Rehabilitation“ dort allein schon aus eben diesen Platzgründen gar nicht umgesetzt werden.
Die Kreuther May-Klinik – die Alternative?
Greither ist davon überzeugt, dass die DRV ihre Entscheidung längst getroffen hat. Er glaubt, das Grundstück der ehemaligen May-Klinik in Kreuth wäre die ideale Alternative. Bürgermeister Hagn hält dagegen weiter am 3-Stufen-Plan fest, an dem sowohl die Stadt als auch die DRV über ein Jahr lang gemeinsam gearbeitet hatten.
Wenn wir nicht davon ausgehen würden, dass die DRV an ihrem Klinikanbau und Umbau auf der Point festhält, würden wir doch keinen dritten Volleyball-Platz bauen.
Trotzdem hat Hagn für deren Plan B vollstes Verständnis. „Die DRV hat eine vorgegebene Zeitschiene. Und ein möglicher Prozess kostet Zeit und Geld – nämlich das Geld aus öffentlicher Hand.“ Schließlich habe es gegen das Vorhaben früher schon einmal Proteste aufgrund „schwerwiegender rechtlicher Belange“ gegeben. Das war Ende 2012.
Damals drohte sogar die Gemeinde Rottach-Egern mit einer Klage, sollten die Baupläne nicht überarbeitet werden. Neu aufgerollt wurde das Projekt erst wieder, als der Stadtrat wechselte. Die DRV habe also schon einmal viel Zeit verloren.
Riesen-Ersatzgrundstück finden – ein Ding der Unmöglichkeit
Aber einen Klinik-Neubau auf einem völlig neuen Grundstück – mit immerhin einer Mindestgröße von 15.000 Quadratmetern – halte er dagegen für problematisch, wenn nicht gar unmöglich. In Frage käme höchstens das Gelände der May-Klinik in Kreuth, aber auch diese Alternative sei von der DRV schon in Betracht gezogen worden, so Hagn.
Wo will man denn die Riesenfläche herbringen?
Diese Option sei jedoch viel teurer und dauere vom Bauverfahren her ja noch länger, sagt Hagn. „Man kann es sich auch schwerer machen als es ist.“ Seiner Meinung nach ist für die DRV der Knackpunkt bei der Suche nach einem Alternativ-Gelände nicht die Grundstücksgröße, sondern das Bettenhaus. Denn um auf lange Sicht die Qualität zu halten, und den Anforderungen einer modernen Klinik gerecht zu werden, sei der Bau des Bettenhauses essenziell.
Sollte sich also der Bau des Bettenhauses wider Erwarten nicht realisieren lassen, hätte sich der Um- und Neubau der Klinik damit wohl für die Rentenversicherung erledigt. Von solchen Abwanderungsgedanken wusste man im Tegernseer Stadtrat bis dato noch nichts. Peter-Friedrich Sieben (FWG) hat von den Plänen aus der Zeitung erfahren. „Das müssen wir erst im Stadtrat besprechen.“ Auch Andreas Obermüller (FWG) zeigt sich mehr als überrascht über den „Plan B“ der DRV:
Wir haben in den letzten drei Jahren sehr intensive Dialoge geführt. Warum jetzt das Handtuch geschmissen wird, verstehe ich nicht.
Er vermutet hinter der Aktion eher ein taktisches Manöver. Zumal er es am Tegernsee für „völlig ausgeschlossen“ hält, ein Grundstück mit 15.000 Quadratmetern zu finden. Rund 1.000 Euro zahle man hier für einen Quadratmeter Grund. Das wären rund 15 Millionen Euro für das neue Grundstück. „Ich glaube nicht, dass die DRV soviel Geld ausgeben wird.“
Es sei denn, man habe vor, das alte Grundstück wieder zu verkaufen. Dann wäre es für die Rentenversicherung zumindest keine komplette Nullnummer. Und Käufer stünden sowieso schon in der Warteschleife, so Obermüller, die „aus dem Sahnestück der Tegernseer Gegend“ sofort wieder ein Hotel oder eine Klinik machen würden. Bedauern würde er in diesem Fall allerdings eines: Die seit 2012 vertane Zeit.
Den Standort „Tegernsee“ wolle man eigentlich nicht aufgeben, heißt es seitens der DRV. Wegen der örtlichen Bindung der Mitarbeiter, und weil man „ein schöneres Plätzchen nicht mehr bekommen werde.“ Dennoch sind die Abwanderungsgedanken bei der DRV nichts Neues. Mit Kreuths Bürgermeister Josef Bierschneider hatte die Rentenversicherung schon des Öftern über die May-Klinik als Alternativ-Standort gesprochen. Lange vor dem 3-Stufen-Plan. Zu Zeiten der Proteste zur ursprünglichen Planung.
Wie Kreuths Bürgermeister Josef Bierschneider jetzt auf Nachfrage sagt, würde er ein „Abwandern“ nach Kreuth begrüßen. “Aktuell stehen wir nicht mit der DRV in Kontakt. Wenn aber Gespräche anstünden, wäre die May-Klinik als Option für einen neuen Klinik-Standort für uns durchaus denkbar.“
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