Unsere Redaktion wurde überraschend von Benedict Mathews, dem inzwischen „ehemaligen“ Besitzer der May Klinik in Kreuth kontaktiert. „Ich möchte über die Machenschaften des Bürgermeisters in Kreuth informieren. Die ganze Geschichte“, sagte Mathews am Telefon. Anschließend kündigte er an, sich in den nächsten Tagen wieder bei uns zu melden, um „auszupacken“. Damit steht das alte und marode Kreuther Immobilienfiletstück unvermittelt wieder im Redaktionsplan der Tegernseer Stimme.
Immobilie in der Sinnkrise
Denn auch eine mögliche erfolgreiche Karriere als „Lost Place“ konnte die May Klinik im tiefsten Kreuth nicht vor dem Investorenrun bewahren. Als einziges „Großprojekt“ im Tal wird sie im Immobilienforum im Sommer 2020 auf Position 17 unter dem Punkt “geplante Nutzung” mit „offen“ geführt. Das 50.000 Quadratmeter große Areal in Kreuth mit der verfallenden Klinik aus der Zeit zwischen den Kriegen ist seit über 13 Jahren in der Immobilien-Sinnkrise gefangen.
Seit 2013 geht es zwischen der Gemeinde Kreuth und der Cooley Kreuth Estate GmbH aus Berlin hin und her. Wir haben immer wieder darüber berichtet. „Es gab schon Konzepte, die wir im Gemeinderat begrüßt haben, aber da kam es zu bedauerlichen Verständigungsprobleme mit Herrn Mathews“, beschreibt der Kreuther Bürgermeister Josef Bierschneider (CSU) die Verhandlungen der letzten fast acht Jahre. „Andere Pläne, die vom Besitzer priorisiert wurden, waren für uns wiederum untragbar“, ergänzt er. Ein Erwachen wie im Märchen bei Dornröschens Schloss kann inzwischen ausgeschlossen werden:
Der Eigentümer könnte lediglich das vorhandene Klinikgebäude wieder in Stand setzen und eine Klinik dort betreiben. Dies wäre baurechtlich momentan möglich, aber sicherlich nicht rentabel, da sich die Bausubstanz in einem sehr schlechten Zustand befindet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich dafür jemals ein Investor fände.
Damit wäre eigentlich wieder alles auf Anfang gestellt. Ein Abriss der Gebäude würde eine “grüne Wiese” erschaffen, auf der jede Form der Bebauung grundsätzlich möglich wäre. Läge die Immobilie nicht im Außenbereich und hätte nicht die Gemeinde Kreuth schon 2018 vorsorglich mit einem städtebaulichen Konzept genau dem einen Riegel vorgeschoben. Das Konzept der Gemeinde Kreuth sieht die gewerbliche Nutzung im nördlichen Teil des Geländes sowie Wohnungen mit fairen Mietangeboten für einheimische Mitbürger vor.
Zusätzlich hat sich die Gemeinde 2017 durch eine Satzungsänderung das Vorkaufsrecht für das Gelände gesichert. Die von Mathews daraufhin eingereichte Normenkontrollklage beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof wurde im Dezember abgewiesen. Ein letztes Kapitel, so weiß man heute, in der zerrütteten Beziehung zwischen dem damaligen Immobilienbesitzer Mathews und der Gemeinde Kreuth.
Denn, und jetzt wird es spannend und etwas kompliziert, Mathews ist nicht mehr an Bord. Die Eigentümerin ist und bleibt die Cooley Kreuth Estate GmbH, deren Alleingesellschafter bis vor kurzem Mathews war. Seit dem 08.01.2021 wurden seine Anteile an der GmbH zu je 50 Prozent an die Axtmann Holding GmbH mit Sitz in Schönefeld und die GRK Immobilien GmbH aus Leipzig übertragen. Als neuer Geschäftsführer der GmbH wurde Rechtsanwalt René Laier von die GRK eingesetzt. Verstehen muss man dabei, dass im Grundbuch weiterhin die Cooley Kreuth GmbH als Eigentümerin ausgewiesen ist. Bierschneider erklärt es so:
Ein Gesellschafterwechsel ist kein Verkauf im Sinne der Vorkaufsrechtssatzung nach Baugesetzbuch und löst damit das Vorkaufsrecht nicht aus; nur wenn die Cooley Kreuth Estates GmbH die Grundstücke an eine andere Person oder an eine andere Gesellschaft verkauft, greift das Vorkaufsrecht.
Also hat de facto kein Eigentümerwechsel stattgefunden. Und eine weitere wundersame Entwicklung – der Kreuther Bürgermeister zeigt sich hocherfreut über die jüngste Veränderung. “Mit der neuen Geschäftsführung bzw. den neuen Gesellschaftern der Cooley Kreuth Estates GmbH haben wir auch schon Gespräche geführt und hoffen, dass es gelingt, eine Lösung zu finden.”
Auch der neue Geschäftsführer der Cooley Kreuth Estate GmbH äußert sich auf unsere Anfrage sehr positiv über den Gesprächspartner in Bayern und sieht der Zusammenarbeit mit gutem Gefühl entgegen. „Wir werden gegen das Urteil betreffend die Vorkaufsrechtssatzung der Gemeinde, insbesondere vor dem Hintergrund der sehr konstruktiven und positiven Gespräche mit der Gemeinde, keinen Widerspruch einlegen. Viel mehr sind wir daran interessiert, aufsetzend auf das von der Gemeinde befürwortete Konzept, gemeinsam dieses Grundstück einer zukünftig sinnvollen Nutzung zuzuführen“, informiert der neue Geschäftsführer der GmbH.
Offen lassen beide die Frage, wer der neue beziehungsweise alte Investor ist, dessen Konzept nun im Kreuther Außenbereich umgesetzt werden soll.
Neuer Marktwert gehört ins Reich der Fabeln
Konfrontiert mit dem, in den Medien aktuell kolportierten neuen Marktwert des Geländes von 8,5 Millionen Euro, landen wir anscheinend schon wieder mitten in der Welt der Märchen. Die Steigerung des Wertes von fast 5,5 Millionen Euro halten beide unisono für Blödsinn, auch wenn sie es netter formulieren. Laier äußert sich folgendermaßen: „Die Immoalliance Projektentwicklungsgesellschaft GmbH ist uns nicht bekannt und auch nicht für die Cooley Kreuth Estates GmbH tätig. Die von dort getätigten Aussagen zum Kaufpreis können wir nicht bestätigen.“
Bierschneider wird noch deutlicher: „Wie der vom Merkur zitierte Herr Modl (Geschäftsführer der Immoalliance Projektentwicklungsgesellschaft GmbH/ Anmerkung der Redaktion) auf den Wert von 8 Millionen Euro kommt, kann ich nicht nachvollziehen. Fakt ist, dass das Grundstück derzeit im baurechtlichen Außenbereich liegt und der Flächennutzungsplan der Gemeinde dieses Gelände als „Sondergebiet Klinik“ festsetzt. Somit könnte der Eigentümer jetzt lediglich das vorhandene Klinikgebäude wieder in Stand setzen und eine Klinik dort betreiben. Nur dies wäre baurechtlich momentan möglich.“
Leider war der angesprochene Herr Modl nicht bereit, seine Einschätzung uns gegenüber zu begründen. Auch Mathews lässt uns per Mail wissen, dass er keinen weiteren Redebedarf hat. Wir hoffen, dass aus dem Lost Place in naher Zukunft ein sozialverträglicher Ort wird, der uns allen zu großer Freude gereicht.
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