Herzensprojekte hat auch Hans Reichhart, der neue bayerische Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr. Der Ausbau der Bahnstrecke Augsburg-Ulm ist beispielsweise so eines. Oder der Wohnungsbau für Familien. Doch kaum hat der gelernte Jurist seinen Ministerposten am 12. November in München übernommen, präsentiert ihm die Ende Oktober gegründete „Oberland-Initiative für Ökologie und Verkehr“ ein ganz anderes Herzensprojekt: Ein Verkehrskonzept für das Bayerische Oberland.
Zu den Initiatoren gehören der Waakirchner Lars Hülsmann, Vorsitzender der Bürgerinitiative „Entlastung der B472“, der Weilheimer Oskar Handow, Sprecher der Bürgerinitiative „Heimat 2030“, Peter Limmer, Vorsitzender der „Bürgervereinigung gegen die geplante Umgehungsstraße von Holzkirchen“, Georg Sigl, der Vorsitzenden der Holzkirchner Bürgerinitiative „Stopp Südumgehung“, Christoph Scholz, Vorsitzender „Hartpenning muckt auf“ sowie Iris Fischer von der Bürgerinitiative „Liebens- und lebenswertes Holzkirchen“.
Was die Initiativen vereint
Deren Konzept enthält zwei Kernforderungen. Erstens: Ein gemeinsames Verkehrskonzept für die vier Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Garmisch-Partenkirchen, Miesbach und Weilheim-Schongau. Inklusive Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Dafür sei eine Zusammenarbeit von Bund, Freistaat und Landkreisen unabdingbar, so heißt es. Zweitens: Keine Flächenversiegelung mehr durch den Bau von Umgehungsstraßen im Oberland.
Hierbei beziehen sich die Bürgerinitiativen auf die im Bundesverkehrswegeplan festgelegten Trassen, deren Errichtung einen „hohen Umweltschaden“ verursachen würde. „Hier im Oberland fehlt schlichtweg der Platz für solche Ansätze“, schreiben sie, und sprechen sich gleichzeitig gegen zukünftige Ortsumfahrungen aus.
Von Reichhart fordern sie nun „konkrete Lösungen“ und ein Treffen. Denn so dürfe es nicht weitergehen, sagen sie. Geantwortet habe der Minister bis jetzt noch nicht, sagt Lars Hülsmann auf Nachfrage. Fairerweise müsse er aber dazu sagen, dass Reichhart den Brief erst am vergangenen Mittwoch erhalten habe.
Wie sieht die “konkrete Lösung” der Oberland-Initiative aus?
Wie eine von den Initiativen geforderte konkrete Lösung ausschauen könnte, unabhängig vom aktuell laufenden „Mobiliätskonzept“, beantwortet Hülsmann wie folgt: „Der ÖPNV (Busse und Bahn/ BOB) muss auf ein ganz anderes Level gehoben werden, was die Anzahl an Verbindungen, Taktzeiten und die Antriebsarten (von Diesel zu Elektro) betrifft.”
Der Halbstundentakt der BOB sei ebenso längst überfällig wie eine Elektrifizierung derselben, so Hülsmann weiter. Er erinnert daran, dass aus dem Bundesverkehrswegeplan allein für den Landkreis Miesbach etwa 390 Millionen Euro für den Ausbau von Straßen geplant sind, aber exakt null Euro für den Ausbau der Bahn. “Der ÖPNV muss so attraktiv werden, dass sich das private Autofahren nicht mehr lohnt.“
Desweiteren müssten eMobilitätskonzepte entwickelt und Fahrradnetze ausgebaut werden, so Hülsmann weiter. Etwaige Alternativen zu Ortsumfahrungen dürften nicht gleich von vornherein ignoriert werden, nur „weil sie vermeintlich teurer sind.“ Hülsmann und seine Mitstreiter sind davon überzeugt, dass eine Umgehungsstraße für Waakirchen sowie die geplante Holzkirchner Südspange – beide im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) 2030 – noch gekippt werden kann.
Diese Straßenbauprojekte können nur mit Unterstützung der Politik und der Menschen jeweils vor Ort umgesetzt werden, nicht gegen sie.
Diese Unterstützung sehe man aber derzeit im Oberland nirgendwo. Also ein „gemeinschaftlicher“ Tunnel? „Eine gemeinschaftliche Tunnellösung könnte es unter Umständen geben, müsste aber von den Experten, das heißt den Straßenbauämtern, untersucht werden, was bisher aufgrund einer isolierten Betrachtungsweise nicht stattgefunden hat.“ Bleibt ein Tunnel dann die Lösung für Waakirchen? Hülsmann:
Wenn wir ein Verkehrskonzept für das Oberland hätten, müsste dieses beantworten, ob es nach Verwirklichung diverser Maßnahmen einer speziellen Verkehrslösung für Waakirchen bedarf, oder ob wir ohne eine zusätzliche Straßenbaumaßnahme auskommen.
Wenn es tatsächlich eine straßenbauliche Maßnahme geben muss, so Hülsmann, könne dies nur ein Tunnel sein. „Die Schritte in genau dieser Reihenfolge haben wir als Bürgerbewegung von Anfang an beworben, und daran hat sich nichts geändert.“
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