“Jeden Tag eine neue Katastrophe”

Mehr Wohnraum, weniger Geschäfte. Das Gebäude am Wiesseer Lindenplatz samt Raiffeisenbank ist verkauft worden – und den Geschäften kündigt man die Pachtverträge. Die Betroffenen lassen sich das nicht gefallen.

Die Geschäfte in dem Gebäude am Lindenplatz haben vom neuen Eigentümer die Kündigung bekommen.
Die Geschäfte in dem Gebäude am Lindenplatz müssen raus – der neue Eigentümer hat ihnen gekündigt.

„Jeden Tag eine neue Katastrophe“, bringt es Gabriele Penkuhn, Geschäftsführerin des Wiesseer Modeladens „GP Fashion“ auf den Punkt. Zuerst habe man sich mit der Baustelle am Lindenplatz herumärgern müssen und jetzt mit der Kündigung, die ihr durch den neuen Eigentümer des Gebäudes am Lindenplatz, der Münchner Baufirma Bavaria Wohnbau GmbH, ins Haus flatterte.

Doch sie ist nicht die einzige, die man raushaben will. Auch die anderen Geschäfte wie die Traditionsgaststätte Mundschenk, der Geschenkeartikel-Laden Heimatschön, das Sportgeschäft Hans Estner, die Döner-Bude sowie die Raiffeisenbank sind vom Verkauf des Gebäudes betroffen und haben – bis auf die Raiffeisenbank – bereits die Kündigung erhalten. Der Döner-Grill, erster Anlaufpunkt für Wiesseer Familien, wenn daheim mittags die Küche kalt bleibt, zieht Ende März 2017 in die Münchner Straße um, neben die Buchhandlung Ilmberger. Die anderen Mieter haben noch keine Alternativen.

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Am Freitag vergangener Woche lud die Baufirma die Gewerbetreibenden zu einem Gespräch. Wie Heimatschön-Geschäftsführerin Ulrike Höfle mitteilt, wurde allen nahegelegt, entweder die Kündigung zu akzeptieren oder einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. Doch auf diesen Deal will man sich nicht einlassen:

Viele von uns haben Verträge mit längeren Laufzeiten, deshalb ist eine Kündigung für einige von uns völlig uninteressant.

Doch die Baufirma drängt auf eine schnelle Entscheidung. Schon Ende März 2017 will man das Gebäude für ein dreistöckiges Mietshaus samt Tiefgarage und Gewerbefläche im unteren Bereich abreißen. Ein entsprechender Plan existiere wohl schon, berichtet Ulrike Höfle, und auch das Bauamt habe diesem bereits zugestimmt. “Das ist nicht richtig”, sagt Bauamtsleiter Helmut Köckeis. Der Bauantrag des neuen Eigentümers läge noch gar nicht vor, sondern komme erst noch. Zudem sei der Gemeinderat in erster Linie zuständig. Bis Herbst 2017 soll das neue Gebäude fertiggestellt sein.

„Man hat uns angeboten, ein bis zwei Monatsmieten zu erlassen, wenn wir vorzeitig das Gebäude räumen“, sagt Höfle. Gleichzeitig habe man den Gewerbetreibenden ein Mietvorrecht zugesichert. Aber das sei lächerlich, erklärt sie:

Wir können keine Übergangslösung in Kauf nehmen und werden weder eine Kündigung akzeptieren noch einem Aufhebungsvertrag zustimmen.

Da es nicht so einfach sei, einen neuen Standort zu finden, werde man sich nun anwaltlich beraten lassen. Ob Bad Wiessee langfristig überhaupt ein attraktiver Standort für die Geschäfte bleiben wird, daran glaubt Höfle nicht: „Ich will zwar im Tal bleiben, aber wenn ich woanders hingehen kann, tue ich das.“

Besonders die Informationspolitik der Gemeinde bemängelt Höfle. Man habe die Gewerbetreibenden weder über die Baustelle noch über den Verkauf des Gebäudes vorab in Kenntnis gesetzt. Nichts Neues an der Westbank. Der Eigentümer trage die Verantwortung für die Kommunikation mit den Gewerbetreibenden, sagt Wiessees Geschäftsführer Michael Herrmann. Die Gemeinde habe hier weder Einfluss noch Spielraum. Man beobachte den Wegfall der Geschäfte zwar, könne aber auch keine Lösung anbieten:

“Wir haben aktuell kein Eigentum, wo wir die Geschäfte alternativ unterbringen könnten.”

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