Reportage zur Veranstaltung Korbinians-Kollege:
„Menschen und ihre Geschichte kommen niemals aus der Mode“

„Menschen und ihre Geschichte kommen niemals aus der Mode“, titelt die Chefredakteurin des Gesellschaftsmagazins „Schweizer Illustrierte“, Silvia Binggeli, ihren kurzweiligen Vortrag, den sie mit viel Enthusiasmus und Charme im Rahmen des „Korbinians-Kolleg“ im Hotel Bachmair Weissach hielt.

Kurator Prof. Wilhelm Vossenkuhl und Hausherr Korbinian C. Kohler freuen sich über die souveräne Chefredakteurin Silvia Binggeli. / Foto: Barbara Busch

Silvia Binggelli rückt die schwarze Hornbrille zurecht, ihr krauses schwarzes Haar hat sie locker zu einem buschigen Knoten zusammen gesteckt, die saftgrünen Schuhe zum Leoparden-Rock verraten den erlesenen Geschmack. Die Tochter eines Afrikaners und einer Schweizerin beginnt, über den Alltag einer Chefredakteurin eines Boulevard-Magazins zu erzählen:

Als ich auf die Welt kam, das war in einem kleinen Dorf in den Schweizer Bergen, kamen die Leute, um mich anzusehen – ich war einfach eine Sensation.

Ihre journalistische Herausforderung beschreibt sie so: Eigentlich hat die Schweiz nicht wirkliche viele sogenannte Prominente zu bieten. In der Gründerzeit behalf sich die Redaktion mit Berichten über die Zirkus- und Artistenfamilie Knie, die immerhin mit den Grimaldis in Monako gut bekannt sind und mit Schönheitsköniginnen, die man in Schaumbädern ablichtete.

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Später wird sich rausstellen, dass Silvia Binggeli in höchste politische- und wirtschaftliche Kreise der machtvollen Schweiz Einlass findet und die so harmlos klingende „Schweizer Illustrierte“ durchaus ernst zu nehmen ist in der Meinungsbildung. Aber zunächst zum Tennis-Idol Roger Federer.

Bekannt mit Roger Federer und Beate Uhse

Offenbar zu Unzeiten „an einem Donnerstag im Jahr 2022“ erfährt die Redaktion, dass der Nationalheld, genannt „FedEx“, als Profi-Tennisspieler zurücktritt. „Wir brachten in größter Hektik ein Sonderheft heraus“, erinnert sich die Chefredakteurin. Besonders wertvoll waren Silvia Bingelli ihre Interviews mit Beate Uhse. Die Kunstfliegerin, Hauptmann der Luftwaffe und Unternehmerin hat mit ihrer Energie und ihrem Unternehmersinn bei der Journalistin einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Die Rednerin könnte nun mit vielen prominenten Begegnungen kokettieren, lässt aber lieber bescheiden im Hintergrund ein paar Bilder von sich und bekannten Gesichtern laufen, darunter Schauspieler George Clooney, Ski-Abfahrtsläufer Marco Odermatt und Modeschöpfer Roberto Cavalli. Sprechen möchte sie lieber über Werte und Moral.

Zuhören als Instrument des Qualitätsjournalismus

Die Vollblutjournalistin betont ihre Auffassung von Journalismus: „Das Wichtigste ist das vollumfängliche Zuhören. Den Menschen sehen und respektieren, selbst wenn es sich um Personen handelt, deren Auffassung ich nicht teile.“

Für diese Haltung erntet sie anerkennende Worte aus dem Publikum. Moderationslegende Ursula Dämmrich-Freifrau von Luttitz (BR) lobt den Ansatz, der Respektsbekundung durch Zuhören, was ihrer Auffassung nach Vertrauen schafft und Aggression abbaut. Findig fragt nun auch der Landtagsabgeordnete Maximilian Böltl (CSU) nach:

Wie enttarnen sie denn Politiker, die ihnen ein Thema oder ein Image unterjubeln wollen?

Es stellt sich raus, dass die Schweizerin mit Politikern zum Wandern geht und die Kunstsammlung des Rechtspopulisten Christoph Blocher zu sehen bekam – offenbar wirkt das Magazin durchaus meinungsbildend, wenn auch „nur“ über softe Themen, und pflegt beste Kontakte zur Wirtschaft und Politik.

Hausherr und Kurator geraten ins Plaudern

In der anschließenden Gesprächsrunde zwischen Korbinian Kohler (Gastgeber) und Professor Wilhelm Vossenkuhl, den alle hier kurz „Willi“ nennen, mit der langjährigen Chefredakteurin eines der renommiertesten und ältesten Medien der Schweiz, tituliert der Hotelier das Magazin als ein Heft, welches er, stets gut frisiert, beim Frisör lesen würde. Weiter plaudert er über sich, dass er eine Medienpause einlegen möchte: „Ich habe zu viele Podcasts gehört.“ Auch Wilhelm Vossenkuhl möchte zur Unterhaltung beitragen und versucht sich gleich an zwei Rezitationen des bekannten Kabarettisten und Autors „Emil“ Steinberger. Charmant lächelnd und souverän wie die Schweiz, nimmt die Chefredakteurin die Situation, zur Kenntnis. Der Abend endet mit einem Gala-Dinner in geschlossener Gesellschaft.

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