Miesbachs Landrat zur Corona-Lage

Proteste gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung stehen derzeit an der Tagesordnung. Vergangene Woche fand in Miesbach eine Demo mit einem hupenden Autokorso statt, die ein weit größeres Ausmaß annahm als erwartet, und auf der nicht jeder die AHA-Regel verstand. Wir haben mit dem Landrat über diesen ungewöhnlichen Protestzug und seine Einschätzung zum Thema Corona gesprochen.

Landrat Olaf von Löwis im Gespräch über die Corona Demo in Miesbach

Die Corona-Maßnahmen und Einschränkungen sorgen bei vielen Menschen vermehrt für Unmut. Der Aufruf zu einem Autokorso in Miesbach, bei dem die Teilnehmer mit lautem Hupen ihrem Ärger Luft machten, lief um einiges größer ab, als zuvor angenommen. Statt den angemeldeten 20 bis 100 Autos fuhren 210 Autos mit zirka 500 Teilnehmer durch die Stadt.

Vor allem die Gastronomie im Tal leidet aktuell unter den Einschränkungen. Und auch Weihnachten und Silvester werden eine Herausforderung für jeden einzelnen. Miesbachs Landrat Olaf von Löwis, bekannt für joviales Auftreten und Umarmungen, spricht im TS-Interview über seine Einschätzung der Lage.

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Herr von Löwis, über 200 Autos sind vergangenen Montag durch Miesbach gefahren und haben gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung demonstriert. Hatten Sie mit dieser Größenordnung gerechnet?

Landrat Olaf von Löwis: Tatsächlich war ich nicht überrascht. Aber solange Demonstrationen friedlich ablaufen, hab ich damit auch kein Problem. Im Gegenteil, jeder soll frei seine Meinung äußern dürfen. Unsere Polizei hat toll reagiert und sofort Unterstützung akquirieren können, sodass zu keiner Zeit eine Gefahr bestand.

Es wurden nach unseren Informationen kaum Masken getragen. Wie stehen Sie dazu?

Landrat Olaf von Löwis: Wenn es tatsächlich so war, dass Masken nicht getragen wurden, dann finde ich das unverantwortlich und rücksichtlos. Die Polizei sagte mir, dass Abstände von nicht zusammengehörenden Haushaltsmitgliedern meist eingehalten worden wären, aber wenn Maske Pflicht ist, sollte man sich auch daran halten. Wenn man selbst schon nichts davon hält, sollte man zumindest so verantwortungsvoll sein, andere zu schützen.

Sie selbst sind wegen Ihrer strikten Haltung zur Maskenpflicht in Schulen angegriffen worden. Braut sich da etwas im Landkreis zusammen, und wie kann/sollte man diesem Widerstand entgegentreten?

Landrat Olaf von Löwis: Überraschenderweise habe ich mindestens genauso viel, wenn nicht sogar mehr positives Feedback erhalten als negatives. Die Negativen sind halt immer die Lauteren. Momentan habe ich das Gefühl, dass die Maskenpflicht mehr Akzeptanz findet, weil die Regeln nun endlich vereinheitlicht wurden.

Wir beobachten eine zunehmende Vereinnahmung des Protests durch die AfD und anderen rechtsextremen Gruppierungen. Wie stehen Sie als CSU-Funktionsträger dazu? Ist hier das Potenzial für die neue Saat eines extremen Ruck nach rechts?

Landrat Olaf von Löwis: Es ist nichts Neues, dass die AfD Konflikte schürt und versucht, so Anhänger zu generieren. Es war auch zu erwarten, dass nun das Thema Corona bespielt wird, nachdem das Asyl-Thema momentan weitgehend abgegrast ist. Ich habe keine Angst vor einem Rechtsruck, weil sich Manche zwar sehr laut äußern, das aber eine Minderheit ist. Viele Menschen sind politikverdrossen. Auf diese müssen wir wieder mehr zugehen und versuchen, durch Offenheit und Ehrlichkeit zu punkten.

Das Oberland ist eine Tourismusregion, die von Gästen und deren Ausgaben lebt. Viele Wirte und Hoteliers fühlen sich gegenüber anderen Geschäften benachteiligt. Wie stehen Sie dazu?

Landrat Olaf von Löwis: Die Hotel- und Gastro-Branche wird benachteiligt, das muss man ganz klar so sagen, da hilft auch kein Beschönigen. Auf Regierungsebene fand eine Abwägung statt und deren fachliche Berater sehen in diesen Branchen sehr viele Kontaktmöglichkeiten, daher hat man sich auf diese Branchen konzentriert, um eben die Kontakte zu minimieren. Ganz wichtig sind für mich die „Novemberhilfen“, die bis zu 75 Prozent des Umsatzes aus dem Vorjahres-November erstatten, und ich hoffe, dass diese Unterstützung so schnell wie möglich bei den Betroffenen ankommt.

Wäre eine regionale Steuerung der Maßnahmen aus Ihrer Sicht nicht zielführender und genauer?

Landrat Olaf von Löwis: Ja und nein. Je regionaler, desto vermeintlich gerechter mögen die Einschränkungen erscheinen. Aber Corona macht ja nicht vor Landkreis-Grenzen Halt. Viel eher habe ich das Gefühl, dass die Akzeptanz für die Maßnahmen wieder steigt, seit sie einheitlicher wurden. Die Regeln sind dann auch verständlicher. Kein Mensch weiß doch mehr, was in einem Landkreis gilt, was dann im nächsten Landkreis vielleicht schon wieder nicht mehr gilt…

Was ist Ihre Prognose für unser Weihnachten? Werden wir zusammen feiern können, oder werden die Maßnahmen noch weiter verschärft?

Landrat Olaf von Löwis: Ich bin zuversichtlich, dass wir uns, wenn sich jetzt jeder an die Regeln hält, an Weihnachten im kleinen Kreis treffen können. Aber dazu muss sich jetzt wirklich jeder an die Regeln halten! Mein dringender Appell lautet daher: Bitte physische Kontakte soweit es geht vermeiden und die AHA-Regeln befolgen!

Böllerverbot. Wie stehen Sie dazu?

Landrat Olaf von Löwis: Ganz ehrlich: Ich selbst brenne schon seit vielen Jahren kein Feuerwerk mehr zu Silvester ab, weil Natur und Tiere sehr darunter leiden. Ich appelliere deshalb aus mehreren Gründen an die Bürgerinnen und Bürger, kein Feuerwerk mehr abzubrennen: Es schadet der Natur, Tiere leiden und unserem gemeinsamen Ziel, nämlich der Virus-Bekämpfung durch Kontakt-Einschränkungen, dient es auch nicht.

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