Der Juni und Juli vergangenen Jahres hatten es in sich – zumindest für die Mitarbeiter der Capital-Forum in Tegernsee. Im Juni wurden sie von einem Ermittlungstrupp der Kripo Rosenheim unter Leitung des bekannten Staatsanwalts Achim von Engel überrascht, der auch schon Uli Hoeneß heimsuchte. Anfang Juli folgten dann die Vernehmungen an den Firmensitzen in Tegernsee und München.
Nach Informationen der Tegernseer Stimme hat sich auch die Bundesfinanzaufsicht (BaFin) für den Fall interessiert. Es geht um den Verdacht der Untreue und der Urkundenfälschung mit anvertrauten Geldern. Sie lagen auf einem Konto der LGT-Bank in Zürich, das Dieter R. zur Verwaltung von dem Ehepaar S. schon vor etwa 20 Jahren anvertraut wurde. Seit vielen Jahren leben sie in den USA und hielten bereits Kontakt mit Dieter R., als dieser noch bei der Dresdner Bank in Rottach-Egern war. Seinem Wechsel 1996 zur Capital-Forum folgte auch das Ehepaar S.
Vertrauen missbraucht
Der Ex-Finanz-Manager soll in seinem Geständnis eingeräumt haben, sämtliche Geschäfte mit den vermögenden Eheleuten dann immer im Namen der Capital-Forum abgeschlossen zu haben. Auch private Dinge soll R. für seine Kunden in Amerika erledigt haben. Offenbar war das Vertrauen in ihren Tegernseer Finanzexperten so ungetrübt, dass ihnen lange nicht auffiel, wie dieser sie um ihr Vermögen brachte.
Der Beschuldigte hatte seinen Kunden eine bestmögliche Versilberung ihrer Geldeinlagen zugesagt. Doch er verspekulierte sich. Denn viele Aktien hielten nicht, was sie versprachen, ein Übriges habe dann die Finanzkrise 2008 verursacht. In seiner Not soll R. dann mit dem von S. anvertrauten Geldern die Löcher bei anderen Kunden gestopft haben, um enttäuschte Anleger zu befrieden, so Anwalt Christian Slota für das Ehepaar S.
Getürkte Kontoauszüge
In seiner Not soll R. einige Jahre deren Kontoauszüge mit einem simplen Trick manipuliert haben. Nach Informationen der Tegernseer Stimme wurden die Auszüge, auf denen statt Millionen nur noch ein Minus von 748 Euro ausgewiesen waren, mit erdachten Werten überklebt, eingescannt und anschließend an S. gemailt.
So fiel dieser aus allen Wolken, als er sein Depot in die USA verlegen wollte und die Originalauszüge der LGT-Bank aus der Schweiz bekam. Sein Konto war leergeräumt. Wäre alles mit rechten Dingen zugegangen, hätten sich nach Berechnungen von Anwalt Slota mehr als drei Milllionen Euro auf dem Konto befinden müssen. So kam im Oktober 2014 der Stein ins Rollen. Ein Jahr später, im Juni, folgten die Hausdurchsuchungen.
Schaden nur 1,9 Millionen Euro?
Dieter R. beziffert den tatsächlichen Schaden, den er verursacht habe, auf 1,9 Millionen Euro, da für den Rest noch Anlagen vorhanden seien, soll er bei seiner Vernehmung gesagt haben. Dem folgt offenbar auch die Staatsanwaltschaft, die von einem „Vermögensschaden von 1,9 Millionen Euro“ ausgeht. Pressesprecher Ken Heidenreich:
Gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Fa. Capital-Forum AG wurde im März 2016 Anklage zur Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht München II erhoben. Der Strafrahmen für die hier angeklagten sechs Vergehen der Untreue in einem besonders schweren Fall beträgt jeweils sechs Monate bis zehn Jahre Freiheitsstrafe.
Dem Angeschuldigten werden Tricksereien mit anvertrauten Fondanteilen vorgeworfen, „um den Wert der Anteile nicht offenbaren zu müssen“. Für Christian Slota ist der Fall damit nicht erledigt. In einem zivilrechtlichen Verfahren für seinen Mandanten S. soll auch die Differenz von 1,7 Millionen Euro gegenüber Dieter R. und der Capital-Forum eingeklagt werden. Slota sieht eine Mitschuld der anderen Vorstandskollegen.
Nachfolger von Dieter R. auf dem Chefsessel der Capital-Forum AG ist seit den Ermittlungen Rainer Leidecker, zuvor bereits Vorstand. Zu den Ermittlungen gegen seinen früheren Geschäftspartner sagte Leidecker im September vergangenen Jahres, dass er von dem Verhalten seines ehemaligen Vorstandskollegen „menschlich enttäuscht“ sei. Leidecker und Dieter R. arbeiteten über 20 Jahre eng zusammen. Ihre „Geschäftsphilosophie“ bei der Capital-Forum: „Gestalten Sie mit uns Ihren finanziellen Erfolg“. Dieter R. nahm dies offenbar zu persönlich, zum Schaden anderer.
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