Wenn Träume sterben
Minihäuserl in Gmund: Keiner will mich

In einer schicken Gegend in Gmund muss ein neues Einfamilienhaus dran glauben …

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Da war die Haustür noch drin. Foto: Anonym

Die Burgstallerstrasse in Gmund: Ein Segelboot in einer Einfahrt, gepflegte Gärten und zahlreiche Bauprojekte im Viertel. Hier lässt es sich gut leben. Das dachte sich wohl auch eine Bauherrin, die ein Einfamilienhaus im unteren Teil des Gartens plante.

Ein dreiviertel Jahr lang wurde das Häuschen in der Burgstallerstraße in Gmund hochgezogen: Türen, Fenster, Heizung, ­– alles war bereits eingebaut, informiert uns ein Leser. Doch Anfang der Woche wurden die Türen und Fenster wieder ausgebaut. In der Baugrube stehen die Container bereit, das Haus in seinen Einzelteilen zu verschlucken. Denn das neue Haus muss wieder weg.

Viel Fleiß und Schweiß für nix

“Das Haus ist völlig ok”, sagt einer der Bauarbeiter, der mit seinen Kollegen die erste Wand zertrümmert. Sie schauen nicht richtig glücklich dabei aus, fast meint man Fragezeichen hinter den Augen blitzen zu sehen. Sie kramen für mich ein Banner raus. Da stehe die Zimmerei drauf, die in den letzten Wochen hier ein feines Holzdach gezimmert hat. Der Zimmerer brummt ins Telefon. Er hat eigentlich keinen Bock und vermutlich Sorge, dass ich ihn frage, was sie denn falsch gemacht haben? Irgendwann sagt er dann, dass er keine Idee habe und dann rutscht ihm noch ein “unfassbar” raus.

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Die Grundstücksbesitzerin möchte sich nicht äußern. Das teilt uns ihre Pflegerin mit, und auch, dass es der Frau nicht besonders gut gehe.

Die Baufirma Bacher Hausbau, ein Familienbetrieb aus Schliersee, hatte die Leitung inne. Der Chef der Baufirma, Christian Bacher, ist ebenfalls nicht scharf auf ein Gespräch. Dann sagt er, “das Haus war einwandfrei, top in Ordnung”. Zu den Hintergründen will er nichts sagen, die seien “privat”. Betont nur, dass es nicht um die “Qualität” ging. Als es dann um generelle Bau-Themen geht, wird er gesprächiger: Man könne durchaus Baustoffe wiederverwerten, etwa die Türen und Fenster. Auch die Ziegel im Mauerwerk könnten teilweise wieder benutzt werden, aber halt nicht das, “was man massiv abreißt”. Trotzdem ist es für ihn vor allem ein “Minihäuserl” und die Ressourcenverschwendung bereitet ihm nicht so viel Bauchschmerzen. Wir sollten eher Großbauprojekte ins Visier nehmen, etwa das Severin’s.

Keine Genehmigung nötig

Baurechtlich ist das alles in Ordnung, versichert Bauamtsleiterin Christine Wild, “ein Abbruch einer baulichen Anlage bedarf kein Verfahren”. Man darf also sein Haus jederzeit abreißen. Nur für den Neubau braucht es entsprechende Genehmigungen.

Neben der Frage der Ressourcenverschwendung, der Klimabilanz und dem Damoklesschwert Wohnungsmangel ist so ein Umsonst-Bau vor allem eines: traurig. Für alle, die hier Zement gerührt, Holz zugeschnitten, Stein auf Stein gesetzt haben … Und: weil hier jemand seinen Traum zu Grabe trägt, den sich irgendwann mal irgendwer ausgemalt hat.

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