Mit allen Wassern gewaschen – Die Kunstwerke des Quirin Roth

Am 8. Januar 1943 – während des Zweiten Weltkrieges – wurde Quirin Roth in München geboren. Aufgewachsen ist er dann zwar in Schliersee. Doch mittlerweile betreibt er seit gut 35 Jahren seine Werkstatt in Gmund.

Nicht müde werdend, in den gleichen Räumlichkeiten wie Ende der 70-er. Nur ein wenig voller sei es dort mittlerweile geworden. Wir gratulieren dem Geburtstagskind an dieser Stelle und holen zu diesem Anlass ein Portrait über Roth hoch, das ihn und seine tägliche Arbeit in dem kleinen Atelier in unmittelbarer Nähe zur Mangfall zeigt.

Ursrprünglicher Artikel vom 22. September 2011
Susi ist Anfang bis Mitte zwanzig. Schlanker, graziler Körper. Aber nicht klein. Schmale Taille. Fester Busen. Ein bisschen zu knochige Schultern vielleicht. Das ist allerdings Geschmackssache.

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Den Kopf hält sie leicht gesenkt. Die Augen geschlossen. Lässig steht sie da. Das rechte Knie ist leicht angewinkelt. Um sie herum Chaos: Bücherstapel, Prospekte, Kataloge, Plakate, Bilder, Postkarten. Neben Susi stehen hier noch viele andere.

„Die edelste Aufgabe eines Bildhauers ist schon das Aktmodellieren“, sagt Quirin Roth. „Akademischer Bildhauer“ steht auf seiner Website. „Nach sechs Semestern an der Akademie der Bildenden Künste darf man sich so nennen“, erzählt er.

“Groß müssen Sie sein, die Frauenmodelle”

1943 in München geboren, verbrachte Roth seine Kinderjahre am Schliersee. Nach der Holzbildhauerlehre an der Münchner Kunstgewerbeschule folgten ein Stipendium der Begabtenförderung sowie das Studium an der Nürnberger Akademie der Bildenden Künste unter Professor Hans Wimmer. Seit 1966 ist Roth freischaffender Bildhauer.

„Die Susi steht schon ungefähr zwanzig Jahre da.“ Damals war sie noch recht jugendlich, ein ideales Modell für Roth. Groß müssten die Modelle sein, dann ließe sich die Figur leichter umsetzen. Zierliche Kleine seien bei Bildhauern nicht sonderlich beliebt. Roth präferiert reife Frauenkörper als Vorlage. Der fast Siebzigjährige hat sich in einen Lehnstuhl fallen lassen und zündet sich eine Zigarette an.

Früher mussten die Modelle oft zwanzig Sitzungen über sich ergehen lassen, bis das Grundmodell fertig war. „Da vergingen schon mal zwei, drei Jahre bis zum fertigen Kunstwerk. Heute geht das schneller“, erklärt der Künstler.

„Man macht ein paar Fotos vom Modell, die braucht dann nicht mehr ewig in der Werkstatt herumzustehen.“ Dann beginnt die eigentliche Arbeit – das Modellieren. Ein halbes Dutzend Akte hat er schon angefertigt in seiner Gmunder Werkstatt, gegenüber vom Zentralparkplatz.

Das gleiche Atelier – seit dreißig Jahren

„Eigentlich wollte ich nur ein paar Jahre hier bleiben“, beschreibt er seine Ziele für das Atelier. Inzwischen sind es fast dreißig. „Jetzt geh ich auch nicht mehr weg.“ Quirin Roth fühlt sich wohl hier am Tegernsee.

Wasser ist auch in der Kunst seine große Leidenschaft. „In meiner Arbeit geht es nicht ohne“, begründet er. Gips und Ton bilden die Grundsubstanz für seine Modelle, beide werden sie mit Wasser angemischt.

Die Motive seiner Arbeiten kreisen ebenfalls oft um das flüssige Element. „Grad bin ich fertig geworden mit den Fischen für den Brunnen in Wiessee.“ Ein Dutzend Wassertierchen kreisen um eine Fontäne in der Mitte. Das Modell zeigt offene Mäuler und hochgestellte Flossen.

Brunnen und Skulpturen rund um den Tegernsee

Zahlreiche weitere Brunnenbauten und Skulpturen stammen aus seiner Werkstatt. Von ihm aus Ton modelliert, vom Gießer produziert, geliefert bis nach Bremen, Wien, in den Spessart oder bis in die Toskana. Auch der lebensgroße Barockengel für die neue Orgel in der Dresdner Frauenkirche ist durch seine Hände gegangen. In zahlreichen Ausstellungen zeigte er bereits seine Künste.

Figuren über Figuren. Modelle in allen Variationen. Auch ein paar Gürtelschnallen sind da. „Die sind vor allem vor Weihnachten gefragt“, sagt Roth. Kleine Kunst zum Geldverdienen quasi.

Egal ob Gürtelschnalle oder Aktmodell: Alles in der Werkstatt scheint seine eigene kleine Geschichte zu erzählen. Vom Leben im und am Wasser. Von den Menschen von weither und denen vom Tegernsee. Und eine Geschichte erzählt natürlich auch die Susi, die inzwischen schon lange eigene Kinder hat.

„Die Susi hab ich acht mal verkauft“, sagt Roth. Einmal Modell gestanden, geben die Auftraggeber in der Regel auch ihr Einverständnis, dass das Modell für jemand anderen nachgefertigt werden kann.

Die Wächterin über das Chaos

Viele private Kunden und Kommunen bestellen bei dem Gmunder Künstler. Aber auch Galerien, Museen oder gekrönte Häupter, wie beispielsweise der König von Dubai oder der Herzog von Sachsen-Coburg, stehen in Roths Kundenkartei.

Überall an öffentlichen Plätzen und Gebäuden rund um den Tegernsee finden sich Skulpturen und Reliefs von Quirin Roth: das Gmunder Denkmal für Thomas Mann, die Familie vor dem Gmunder Café Wagner, die drei lebensgroßen Bronzeplastiken im Rottacher Kurpark (Thoma, Ganghofer, Slezak), der Mann mit der Wünschelrute in Bad Wiessee oder das Kiem-Pauli-Denkmal in Kreuth.

Alle kommen sie aus der Gmunder Werkstatt, in der die Susi auf dem Tisch steht, wie die Wächterin über das Chaos. Kreatives Chaos nennt man das wohl. Da tut es auch nichts zur Sache, dass Quirin Roths Atelier in der Max-Obermayer-Straße früher einmal ein Schweinestall war. Das ist aber auch schon lange her.

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