Notfallversorgung ebenfalls betroffen:
Muss Agatharied die Geburtenklinik schließen?

Karl Lauterbachs (SPD) Krankenhausreform stößt auf harte Kritik. Jetzt meldet sich auch das Kreiskrankenhaus Agatharied in der Diskussion zu Wort.

Wegen der geplanten Krankenhausreform schlägt das Kreiskrankenhaus Alarm. / Quelle: Archiv

Mit einer Krankenhausreform will Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine Revolution im Gesundheitswesen auslösen. Doch vor allem aus dem ländlichen Raum bekommt der Politiker Gegenwind: Kleinere Krankenhäuser drohen zu Grundversorgern herabgestuft zu werden. Vor allem große Kliniken werden künftig spezialisierte Eingriffe übernehmen und generell ein breiteres Leistungsspektrum anbieten. Darum geht es: Nach dem Entwurf der Regierungskommission werden Kliniken künftig in fünf verschiedene Stufen oder Kategorien eingeteilt werden.

Die Kategorien laut Reform:

Level Ii (integrierte ambulant/stationäre Versorgung), ohne Notfallversorgung
Level In (mit Notfallstufe I), mit Notfallversorgung
Level II
Level III
Level IIIU (Universitätsmedizin)

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In Agatharied erkennt man zwar den dringenden Reformbedarf in der Branche, gleichzeitig informiert das Kreiskrankenhaus, man spreche sich klar gegen die geplante Klinikreform in ihrer jetzigen Form aus. So könne aktuell nicht ausgeschlossen werden, dass Agatharied in die Kategorie In fällt. Das Kreiskrankenhaus informiert:

Dies steht ebenso im Widerspruch zu der hohen Qualität der medizinischen Leistungserbringung des Krankenhauses Agatharied wie auch zu den Versorgungsbedarfen der Bevölkerung des Landkreises und wäre existenzgefährdend für die gesamte medizinische Versorgung im Landkreis und der Region.

Nach Einschätzung des Krankenhauses gefährdet die Reform nicht nur die wohnortnahe Versorgung oder die Versorgung in spezialisierten Bereichen, sondern auch die Behandlung zeitkritischer Notfälle. Wesentliche Teile der Grund- und Notfallversorgung müssten nach Angaben des Kreiskrankenhauses aufgegeben werden. Darunter: Behandlungen von Herzinfarkten, Schlaganfällen, Tumorerkrankungen, Unfallverletzungen oder orthopädischen Operationen.

Pläne der Bundesregierung “realitätsfern”

Laut den voraussichtlichen Plänen der Reform müsste auch die Geburtshilfe in Agatharied komplett schließen. Die Abteilung versorgt neben Miesbach auch die Kreise Rosenheim sowie Bad Tölz – und hilft jährlich bei bis zu 1.500 Geburten. „Für uns ist dies unvorstellbar und zeigt abermals, wie realitätsfern die aktuellen Pläne der Bundesregierung sind“, kommentiert das Krankenhaus. Weiter kritisiert Agatharied die Einstufungen von Kliniken. Die Einordnung in eine der Stufen 1i oder 1n gleiche aus Sicht des heutigen Medizinportfolios einem Pflegeheim mit ambulanter Basisnotfallversorgung, „dessen Versorgungsniveau noch unterhalb der durch uns bereits 1998 geschlossenen Krankenhäuser liegen würde.“ Agatharied betont: “Ein solches Haus wäre nach unserer Einschätzung nicht existenzfähig.”

In einem Erklärungsschreiben des Verwaltungsrates unter Landrat Olaf von Löwis (CSU) fordert das Kreiskrankenhaus nun die Bundespolitik dazu auf, die Reform grundlegend zu überarbeiten. Unter anderem argumentiert Agatharied: „Durch die Reform kommen weder mehr Geld, noch mehr Personal ins System. Die bislang viel zu knappen Mittel werden lediglich umverteilt und mit der Reform zumindest im Personalbereich zusätzlich verknappt.“

Weiter lasse sich der Pflegemangel durch weniger Klinikstandorte am Land nicht kurzfristig lösen. „Viele Pflegekräfte sind Zweitverdiener und werden aus dem Beruf ausscheiden, bevor sie sich unzählige Kilometer mit dem Auto ins nächste, entfernte Klinikum bewegen“, bemerkt Agatharied. Die dramatische Unterfinanzierung von Kliniken konnte sich bis jetzt keinen Platz in der Reform sichern. In Agatharied ist man überzeugt, dass viele Krankenhäuser bis zur Verabschiedung der Reform gar nicht überleben können. „Hier werden falsche Prioritäten gesetzt“, betont Agatharied.

Mittlerweile wendete sich das Krankenhaus an die Bundestagsabgeordneten Karl Bär (Grüne), Andrew Ullmann (FDP) und Alexander Radwan (CSU). Das Krankenhaus fordert: „Wir bitten Sie daher, als Vertreter unseres Landkreises im Bundestag, unser Anliegen zu unterstützen und ersuchen Sie dringend, Ihren Einfluss in dieser Sache geltend zu machen.“

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