Muss die Ballerei wirklich sein?

Was wäre ein Silvesterabend ohne bunte Farben, glitzernde Sternenregen und funkelnde Fontänen am Nachthimmel? Für viele gehören Knaller zum Jahreswechsel dazu. Doch das alljährliche Silvesterfeuerwerk über dem Tegernsee gefällt nicht jedem – mittlerweile gibt es Alternativen.

Vor allem die hohe Feinstaubbelastung durch große Feuerwerke gibt Naturschützern Grund zur Kritik.

„Feiern statt Feuern“ – das ist das Motto, dem sich eine etwa 15-köpfige Intitiative rund um Angela Brogsitter-Finck (Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal SGT) verschrieben hat. Seit rund drei Jahren versucht die Gemeinschaft, an die Vernunft der Leute zu appellieren, mit dem Ziel, private Feuerwerke zu reduzieren.

Feinstaub und Lärm belasten Mensch und Tier

„Ich würde mir wünschen, dass wir alle an Silvester wieder vermehrt an unsere Wildtiere denken und dass wenigstens in all den oberen Bereichen auf laute Knaller und Böller verzichtet wird, in denen die Tiere aus ihrer überlebenswichtigen Winterruhe gerissen werden. Aber auch die Haustiere sind betroffen…“ Brogsitter-Finck ging bereits in ihren drei Wünschen zu Neujahr auf die Intention ihrer Gruppe ein.

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Auch in ihrem Flyer reiht sie zahlreiche Argumente auf, die ihrer Ansicht nach gegen die Böllerei sprechen. Besonders die Schadstoffbelastung spreche eine deutliche Sprache.

Jeder redet über Feinstaub, aber beim Feuerwerk traut man sich da nicht ran.

Genau diese starke Belastung geht der Initiative deutlich zu weit. Obwohl das Thema „Silvesterknaller“ in letzter Zeit vermehrt auch öffentlich diskutiert wurde, vermisst Brogsitter-Finck ein Umdenken. Sie bedauert, dass die Knallerei am Tegernsee nicht merklich abgenommen habe, so wie es bereits in anderen Kommunen der Fall sei.

Kreuth lässt es dieses Jahr nicht krachen

Während die Gemeinde Ramsau das dritte Mal einen freiwilligen Verzicht auf das Abbrennen von Feuerwerkskörpern in ihrem Bergsteigerdorf durchsetzt, will es zumindest eine Gemeinde im Tegernseer Tal dem Bergsteigerdorf heuer gleichtun – die Gemeinde Kreuth. Bürgermeister Josef Bierschneider steht voll dahinter: „Wir rufen dazu auf, auf Feuerwerke zu verzichten!“ (Wir berichteten)

Wären Lasershows eine echte Alternative? Die Gemeinde Kreuth will es versuchen. / Beispielbilder: pixabay

Der Verzicht auf Raketen trage der Philosophie, die hinter der Bergsteigerdorfidee steckt, Rechnung und trage zur Feinstaubreduzierung und zum Tierschutz bei. Anstatt des Raketengetöses lädt der Bürgermeister Bürger und Touristen des Ortes deshalb ein, den Jahreswechsel gemeinschaftlich etwas anders zu verbringen. Ab 22.30 Uhr bis 1 Uhr will man sich hinter der Touristinformation – auf der Warmfreibad-Wiese – treffen und gemeinsam den Jahreswechsel begehen. Für Getränke und kleine Speisen will der „Südtiroler“ sorgen. Um Mitternacht ist eine Laser-Show mit Bildern aus dem ausgehenden Jahr und Musikuntermalung angesagt.

Professionelle Feuerwerke erlaubt – private Herumballerei tabu

Tegernsees Bürgermeister Johannes Hagn sieht das Thema Silvesterknaller differenzierter. Ein generelles Verbot von Feuerwerken sieht er nicht. Die Stadt könnte jedoch Verordnungen erlassen, die Feuerwerke verbietet, so sagt er. Beispielsweise wenn höhere Gründe vorliegen wie eine Brandgefahr durch langanhaltende Trockenheit. So wie man sie im vergangenen Sommer und auch im Herbst noch wochenlang hatte.

Bei uns gibt es schon seit Jahren kein Feuerwerk mehr – schade um‘s Geld und außerdem … die Feinstaubbelastung.

Während bei Hagns zu Hause Raketen tabu seien, wie er verrät, kann sich der Rathauschef mit professioneller Pyrotechnik durchaus anfreunden. Er versteht es, wenn etwa Hoteliers wie DAS TEGERNSEE ihren Gästen professionelle Feuerwerke bieten. „Das gefällt mir auch selber“, bestätigt Hagn.

Kleine Feuerwerke muss man aushalten – bei großen kann das Gesetz greifen

Allein aufgrund der Immisionsschutz- oder Lärmschutzverordnung ist kein Feuerwerks-Verbot möglich. Dies ist auch den Zuständigen des Landratsamtes Miesbach klar. Dennoch habe man in den vergangenen Jahren ausführlich recherchiert, ob ein Verbot aus anderen Gründen möglich sei, teilt die Pressesprecherin Sophie-Marie Stadler unserer Redaktion auf Anfrage mit. Das Ergebnis sei jedoch gleich geblieben: Weder das Immissionsschutzrecht, noch das allgemeine Sicherheitsrecht erlauben es der Kreisverwaltungsbehörde, Silvesterfeuerwerke zu verbieten.

Die einzigen wenigen Regeln ergeben sich aus dem Sprengstoffrecht: Private, kleine Feuerwerke dürfen am 31. Dezember und am 1. Januar von Privatpersonen über 18 Jahren abgefeuert werden. Das heißt umgekehrt, dass dieselben außer an diesen beiden Tagen kein Feuerwerk anzünden dürfen und dass dieses auch nur ein kleines Feuerwerk sein darf. Das eigentliche Problem für Natur und Immissionsschutz seien aber große Feuerwerke, die das Jahr über von Profi-Firmen zu verschiedenen Anlässen abgefeuert werden. Diese – besonders in See-Nähe – seien problematisch, weil sie brütende Vögel stören. Bei rechtzeitig angezeigten Feuerwerken kann das Landratsamt hier über das Naturschutzrecht steuernd eingreifen.

Noch einmal die Aussage von Landratsamtsseite zusammengefasst: Bei kleinen Privatfeuerwerken zu Silvester gibt es keine rechtliche Handhabe. Die großen, professionellen Feuerwerken das ganze Jahr über sind viel problematischer. Hier kann in Einzelfällen vom Naturschutzrecht Gebrauch gemacht werden.

„Der ganze Ort muss zusammenstehen – und man braucht Alternativen!“

So rät es auch Fritz Rasp, Tourismusdirektor der Gemeinde Ramsau denjenigen Gemeinden, die einen Feuerwerksverzicht anstreben. In seinem Fall hätte der größte Hotelier am Ort einen Stopp eingefordert. „I mog nimma, bitte helfts mir“, so sei dieser damals zum Rathaus gekommen, erzählt Rasp. „I bin jetz Bergsteigerpartnerbetrieb und des basst einfach ned dazua.“ Die Gemeinde sei aktiv geworden, erzählt der Tourismuschef den Hergang von vor drei Jahren.

Natürlich habe es laut Rasp auch Befürchtungen im Vorfeld gegeben, in etwa: „Was werden unsere Gäste sagen?“. Diese seien jedoch unnötig gewesen. Offene Gespräche mit Vereinen, Hoteliers und Privatleuten und eine gute Einbindung aller hätten stattgefunden. Vor allem bei den Weihnachtsschützen, die das Neujahr in Ramsau traditionell anschießen, sei der Antrieb gegen das bisher konkurrierende Feuerwerk groß gewesen. Nun habe man die Knallerei signifikant reduzieren können, auch wenn ein paar sich das Ganze nicht nehmen lassen, wie Rasp meint.

„Wir brauchen das nicht“, seien sich die Leute im Ort einig gewesen. Eine Alternative, die z.B. die Tradition des Weihnachtsschießens oder auch eine andere Tradition sein könne, sei jedoch wichtig. Für den größten Hotelier am Platz ist es das einladende Ambiente mit Schmuckwerk und Lichterketten, das die Gäste willkommen ins Neue Jahr schickt.

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